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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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mir etwas bedeutete und dass offenbar auch ich ihr etwas bedeutete. Die Tatsache, dass ich sie berühren konnte, ohne dass sie vor mir zurückwich. Die Tatsache, dass sie mich auserwählt hatte. Es war das schlichteste und reinste Gefühl, das ich jemals gehabt hatte. Besser als jede Aufmunterung und jedes Okay-aber-was-wenn-Spiel.
    Auch wenn mir in meinem Leben sonst nichts geschenkt worden war, so war mir doch das hier gegeben worden. Und mehr hätte ich mir nicht wünschen können.

    Das Abbremsen des Schiffes weckte mich. Nora schlief noch immer an meine Seite gekuschelt. Renfields Brille saß weit unten auf seiner Nase und er behielt die Antriebsapparatur scharf im Auge. »In Ordnung … ja.« Er klappte seine Taschenuhr auf. »Voraussichtliche Ankunftszeit in fünfzehn Minuten.«
    Ich räusperte mich und hob mit einem Finger sachte Noras Kinn an. Langsam erwachte sie. Ihre Lider wirkten bleischwer. »Wir sind fast da«, flüsterte ich. Sie setzte sich auf und rieb sich mit den Knöcheln über die Wange. Ich stand auf. »Okay, Männer, hört mal her«, sagte ich an alle im Raum gewandt.
    Die wenigen Geräusche erstarben. Alle Blicke richteten sich auf mich. Ich ließ die Vorahnung einer drohenden Katastrophe einen Moment lang auf mich wirken, bevor ich sie entschieden verscheuchte.
    »Im Moment stehen die Dinge nicht gerade rosig«, begann ich. »Was als ein bizarres Phänomen begonnen hat, entwickelt sich gerade rasend schnell zu dem, was wir liebevoll ›die Apokalypse‹ nennen. Doch es gibt auch Hoffnung. Allen, die es noch nicht wissen, möchte ich mitteilen, dass vor ein paar Stunden ein potenzieller Impfstoff entdeckt wurde. Wir alle stehen tief in der Schuld des Mannes, der das erreicht hat, und deshalb werden wir ihn da rausholen.« Die Männer johlten ihre Zustimmung. Ich wartete, bis sich alle wieder beruhigt hatten, bevor ich eines unmissverständlich klarstellte. »Er war es, der uns alle während eines wirklich dunklen Augenblicks in unserem Leben aufgefangen und uns das Gefühl gegeben hat, dass es doch irgendwie weitergehen kann. Ich kann nicht für euch sprechen, aber ich bin bereit, mein Leben endgültig für ihn zu opfern, wenn ich es muss.« Ich sah Kopfnicken um mich herum und Noras Augen leuchteten.
    »Dann also los. Schießt auf alles, was nicht Dearly ist. Bringt ihn zurück zum Schiff. Das ist alles. Sobald er an Bord ist, wird abgelegt. Ihr kennt die Regeln. Und wenn wir danach nicht hören, dass der Eliminierungsbefehl zurückgenommen wurde, machen wir uns aus dem Staub. Und wir verstecken uns. Wir werden uns nicht kampflos ergeben. Weil wir gute Menschen sind und es verdienen, zu leben.« Diese Ankündigung wurde mit Triumphgeheul empfangen. Renfield lächelte mir quer durch das Unterdeck zu.
    Ich hätte noch stundenlang so weitermachen können, doch es war gar nicht nötig. Ich zog meine Jacke über und knöpfte sie zu. Um mich herum taten die Soldaten es mir nach. Nora drängte sich an meine Seite durch. Sie sagte kein Wort, doch ich war mir sicher, dass wir das Gleiche dachten. Wir würden es immer denken, wenn wir durch eine wilde Laune des Schicksals tatsächlich einen Versuch wagen sollten. Ihre dunklen Augen glänzten feucht, doch ihr Blick war klar.
    »Ich setze jetzt zur Landung an«, rief Renfield. »Das könnte etwas knifflig werden. Bitte stellt euch auf Turbulenzen ein.«
    »Können wir an Deck?«, fragte Nora ihn.
    »Äh, ich würde es nicht empfehlen.«
    Nora begann trotzdem, die Stufen zu erklimmen. Ich folgte ihr. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich von der Düsternis im Schiffsinneren auf die Morgensonne einzustellen, die von der Salzwüste unter uns reflektiert wurde.
    »Schau mal«, rief Nora.
    Meine Sicht klärte sich und dann sah ich es: den heruntergekommenen Stützpunkt und die Legionen der Untoten wie Krustenflechte auf der weißen Rinde einer Birke. »Das sind Hunderte«, stieß ich verblüfft hervor. Vielleicht würden wir es also doch nicht wieder raus schaffen.
    »Ich schätze, ich soll auf dem Schiff bleiben.« Noras Stimme klang hart. Sie griff nach der Reling, als das Schiff zu schwanken begann.
    »Zum Teufel, und ob. Du bleibst auf dem Schiff.« Ich schnallte mir die Pistolenholster um. »Wenn ihr müsst, dann startet einfach wieder. Ich lasse noch einen Mann beim Schiff, der euch beim Start helfen kann, falls es gar keinen anderen Ausweg mehr gibt.«
    Sie nickte und griff wieder nach meiner Hand. Ich wandte mich ihr voll zu und sah ihr offen

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