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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Hosenbeine. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um die Rangabzeichen zu untersuchen. Es waren die gewöhnlichen Abzeichen eines Captains, aber die Epauletten waren aus roter Seide statt des üblichen Goldes. Auf jeder Schulter saß ein Wappen, das ein stilisiertes gesticktes Z unter zwei verschlungenen Ringen zeigte.
    In den Schubladen lagen Accessoires und Schuhe. Größe 49. Kein Taschentuch – klar. Er besaß eine abgenutzte Taschenuhr aus Billigmetall. In die Innenseite des Deckels war das gleiche Foto geklebt, das sich auch im Tagebuch befunden hatte. Außerdem war da noch eine alte Kamera, die definitiv schon bessere Tage gesehen hatte.
    Ich zog eine weitere Schublade auf und fand seine Unterwäsche – schwarze Herrenunterhosen.
    Ich kicherte hysterisch. Zombies trugen Unterhosen?
    »Nora?«
    Ich zuckte vom Schrank zurück, so erschrocken, dass man meinen könnte, die Unterwäsche hätte versucht, mich zu beißen.
    »Ja?«, quietschte ich.
    »Dann bist du also wach.«
    Ich legte eine Hand auf die Brust, um mein wild hämmerndes Herz zu beruhigen. Jetzt ging es also los.
    »Bin … ich.«
    Keiner von uns beiden sprach mehr, bis er sagte: »Und … kommst du heute zu uns raus?«
    Ich dachte einen Moment lang darüber nach. Wollte ich das wirklich?
    »Ja«, sagte ich und unterzeichnete damit definitiv mein Todesurteil.
    Ich ging zum Bett und hob den Beutel auf. Während ich ihn mir über die Schulter schlang, fielen meine Augen auf den Teddybären. Ich packte mir auch ihn.
    Verwirrt und verängstigt, wie ich war, hätte ich schwören können, dass die Tür auf mich zukam und nicht umgekehrt. Es dauerte eine Minute, dann zwei, bevor ich mich überwinden konnte, das letzte Schloss zu öffnen. Ich hielt inne, die Hand am Türrahmen. Bram musste gehört haben, wie die Kette gelöst wurde, aber er machte keinen Versuch, die Tür zu öffnen. Also durfte ich wohl das Tempo bestimmen.
    Ich atmete tief durch, drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür weit. Mit beiden Händen und zugekniffenen Augen schob ich den Bären in den Gang hinaus. »Aber ich warne dich, eine falsche Bewegung und der Teddy muss dran glauben!«
    Ich wartete einen Moment ab, dann öffnete ich die Augen.
    Brams Mundwinkel zuckten. »Dir auch einen guten Morgen.« Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinen Beinen, die in langen Unterhosen steckten. »Alice.«
    Ich verstand erst nicht, was er meinte. Dann begriff ich: weiße Unterhosen, blaues Kleid, Haarband. Langsam ließ ich den Bären sinken, während meine Wangen wieder zu glühen begannen. »Mein Gesicht ist hier oben, Kaninchenjunge. Ich wollte mir nur einen Vorteil verschaffen, falls ich um mein Leben rennen muss.«
    Er lachte. Das Geräusch brachte mich zum Schweigen. Mir war, als könne ich das Zischen verpuffenden Sauerstoffes hören, als ich begriff, wie nahe mir der untote Junge war, wie real , wie groß er war. Mindestens eineinhalb Köpfe größer als ich, schlank, aber offensichtlich kräftig. Ich dachte an die großen Schuhe im Schrank und mein Mund wurde trocken. Wenn er wollte, konnte er mich in Stücke reißen.
    Und vielleicht wollte er das ja.
    Doch statt mich zu zerfetzen, verbeugte er sich vor mir. »Captain Abraham Griswold, zu Ihren Diensten.«
    Ich drückte den Bären an die Brust und beobachtete ihn wie ein ängstliches Kind.
    »Guten … Morgen.«
    Bram machte keine Anstalten, näher zu treten. Er musterte mich mit seinen silbrigen Augen und ich erwiderte den Blick. Merkwürdigerweise sah er gar nicht mal so schlecht aus. Er trug eines seiner schwarzen T -Shirts und eine Tarnhose. Sein Haar war noch nass und nach hinten gekämmt. Seine nackten, eisweißen Arme waren mit schlimm aussehenden Narben bedeckt, aber davon abgesehen war nichts … kaputt. Es fehlte auch nichts. Nichts an ihm schien besonders gruselig zu sein. Was auch immer mein Vater im Bereich der Leichenkonservierung entwickelt hatte, es schien gut zu funktionieren. Oder vielleicht hatte Bram auch einfach nur Glück. Ein Glückszombie.
    »Hast du schon gefrühstückt?«, wollte er wissen.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Möchtest du gerne etwas essen?«
    »Muss ich zuschauen, wie du isst?«
    »Nein, nicht, wenn du nicht willst.«
    Ich nickte.
    Zögernd bot er mir seinen Arm an.
    Ich drückte den Bären so fest an mich, dass ich Angst hatte, sein Kopf würde abspringen. Niemals.
    »Dann mal los.« Er schien zu akzeptieren, dass ich nicht bereit war, ihn zu berühren. »Wir gehen diesen Gang

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