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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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alle Särge mit uns herum. Du, ich, dein Missionar. Es prägt uns, verändert uns.« Matilda schnippte mit grün verfärbten Fingern. »Was ich damit sagen will, ist, dass ich noch immer einige Tricks auf Lager habe. Du wirst mir also genau zuhören, wenn ich dir jetzt sage, was ich zu sagen habe. Klar? Bist du bereit?«
    »Ja, ich bin bereit.« Jedenfalls hoffte Jessie das. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch mehr Prophezeiungen ertragen könnte.
    Sehr bedächtig legte Matilda ihr Messer beiseite. »Dann hör mir zu, Tochter«, sagte sie, und plötzlich lag die Luft heiß und schwül um sie beide wie ein viel zu schwerer Mantel. Jessie keuchte auf und packte nach der Kante der gefliesten Arbeitsplatte.
    Matilda zuckte nicht einmal mit der Wimper.
    »Nichts auf dieser Welt ist nur schwarz oder weiß.« Ihre Worte hingen wie Edelsteine im Sonnenlicht; es war, als ob Matilda kristallklare Laute von sich gäbe. »Das eine bedeutet die Abwesenheit von Farbe, was langweilig ist, gleichförmig und leblos. Es bedeutet Stagnation, Stillstand. Das andere ist alle Farbe in einem, was Chaos bedeutet. Es ist unbeständig, unvorhersehbar und unsicher. Keines von beiden ist geeignet, Leben zu tragen.«
    Scharf holte Jessie Luft. Das Atmen fiel ihr schwer, da die Luft von Magie geschwängert war und sie in Wellenbewegungen versetzte, wie ein Stein, ins Wasser geworfen, Wellen auf einer Teichoberfläche schlägt. »Ich dachte, du kannst die Zukunft nicht voraussagen«, brachte sie schließlich doch heraus.
    »Ich sage ja auch die Zukunft nicht voraus.« Matildas Stimme veränderte sich nicht, weder im Ton noch in der Lautstärke. Aber die Ungeduld darin traf Jessie wie ein Peitschenschlag. Sie zuckte zusammen. »Hör mir genau zu, Jessica Leigh! Du vertraust auf zweierlei und klammerst dich daran fest. Das eine, worin du dein Vertrauen setzt, führt zu deinem Tod. Das andere bringt dir tiefen Schmerz und Leid. Eine schwierige Wahl. Aber du musst zwischen dem einen und demanderen wählen, und du musst es bald tun. Sonst wird die Wahl für dich getroffen, über deinen Kopf hinweg!«
    »Aber ich …«
    »Ganz sicher willst du nicht dein Schicksal nur passiv erleiden, sondern selbst in der Hand behalten«, erklärte die Hexe scharf. Und dann, so plötzlich wie sich die Luft in einen zähen Brei verwandelt hatte, war es wieder vorbei, und Jessie konnte frei durchatmen. Es roch wieder nach frisch geschnittenen Kräutern, und der Duft von getrockneten Blumen hing in der Luft.
    Tief seufzte Jessie auf und wischte sich einen Schweißtropfen von der Stirn, der ihr schon die Schläfe hinunterlief. »Wow!«, stieß sie zittrig hervor. »Das eben, das war schon … was.«
    Matilda, aschfahl im Gesicht, wankte. Aber als Jessie auf sie zu gehen wollte, um sie zu stützen, hob sie abwehrend die Hand. »Ich kann nicht in die Zukunft sehen«, wiederholte sie, und dieses Mal war ihre Stimme nur ihre eigene. Matilda klang resigniert, aber wieder ganz wie sie selbst. »Ich kann in den Seelen lesen; und deine Seele, meine Kind, befindet sich mit Sicherheit in einem argen Konflikt.«
    Tod oder Schmerz und Leid? Diese Wahl als »argen Konflikt« zu beschreiben, war eine ziemliche Untertreibung. Es schien, als wäre der Tod Jessie unmittelbar auf den Fersen, saugte ihr langsam, aber sicher das Blut aus. Aber war es ihr eigener Tod, der sie verfolgte? Und auf wen warteten Leid und Schmerz?
    Die Fragen gingen Jessie im Kopf herum, ein hoffnungsloses Wirrwarr aus Wenns und Abers und jeder Menge Unsicherheit. Jessie massierte sich die Schläfen. Als sie dort auf schmerzhafte Prellungen stieß, sog sie heftig die Luft ein. »Ohne Witz«, sagte sie schließlich, »aber so viel, glaube ich, habe ich mir selbst schon zusammengereimt.«
    »Nun, dann passt es ja.« Gleich darauf war wieder das rhythmische Klanck, klanck! der Messerklinge auf dem Schneidebrett zu hören. Matilda machte sich wieder an die Vorbereitungen fürs Essen. »Jetzt geh! Essen in einer Stunde.«
    Jessie wusste, dass sie damit entlassen war, und wandte sich zur Tür.Sie war schon halb über die Schwelle, als Matilda ihr hinterherrief: »Zur heißen Quelle geht es nach links. Schau zuerst dort nach!«
    Jessie zog die Tür hinter sich zu.
    Die Wahl zwischen zwei Alternativen, dachte sie. Eine bedeutete Tod, die andere Schmerz und Leid. Sie schüttelte den Kopf. Dann wischte sie sich die feuchten Handflächen am Rock ab und ging mit nachdenklich gesenktem Kopf die Stufen zur Veranda

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