DARK MISSION - Fegefeuer
viel Zeit, etwas aus der Hexe herauszubekommen. »Viel Glück bei der Suche«, brachte sie heraus und spie Silas noch einmal an.
Dieses Mal war es Blut, das seine Wange besudelte. Seine Schulter.
Mit einem Fluch auf den Lippen ließ Silas die Hexe los. Von ihrem Schmerzensschrei, als sie auf den Kies zu seinen Füßen stürzte und dort zusammensackte, nahm Silas keine Notiz. Naomi hatte in der Nähe gehockt und erhob sich jetzt. Sie war schmutzig, zerzaust und trug einen Notverband um den Oberarm mitsamt der Kugel aus dem letzten Feuergefecht.
Auf dem Boden neben ihr lag der Missionar, den sie Miles genannt hatte, und hielt sich die Hüfte. Sein unmaskiertes Gesicht war schweißnass und überall voller Blut. »Schlechte Neuigkeiten, Boss«, sagte der Mann mit vor Schmerz schwerer Zunge.
Schwere Zunge hin oder her, er klang jung, unverbraucht.
Ohne ein Wort ging Silas mit großen Schritten an den beiden vorbei.
»Silas«, sagte Naomi. Sie packte ihn am Arm, als er an ihr vorbeiwollte. »Smith! Wahrscheinlich ist sie einfach nur während des Gefechts stiften gegangen.«
Das Herz hämmerte in seiner Brust. Blut rauschte in seinen Ohren. Jeder Nerv unter seiner Haut war in Alarmbereitschaft. »Vielleicht«, erwiderte Silas und schüttelte Naomis Hand ab. »Vielleicht aber auch nicht.«
Naomi machte einen Schritt an ihm vorbei und stellte sich ihm in den Weg. Ungeachtet seiner drohenden Haltung stand sie fast Stirn an Stirn mit ihm. Er hatte eine prima Sicht auf die blau-violetten Sternchen, die Naomis Iris durchsetzten und ihre Augenfarbe so einzigartig machten. Jetzt, wo die Missionarin ihn anfunkelte, explodierten diese Sternchen förmlich. »Dann wirst du ihr oder ihnen also folgen?«
Eine verflucht gute Missionarin.
Und ein beschissen gewählter Zeitpunkt, um ihn unter Druck zu setzen. Mit angespannten Kiefermuskeln schob Silas sein Gesicht noch näher an Naomis heran. »Ich habe keine Zeit für deinen Zickenterror, also: Geh mir…verdammt noch mal…aus dem Weg!«
Naomis Augen spien Feuer, verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Von mir aus«, sagte sie, jede Silbe scharf von der anderen getrennt. »Was hast du vor? Wie willst du sie finden?«
»Scheiße!« Silas drehte sich um, ließ den Blick über die Missionare wandern, die den Verwundeten halfen. Über die toten Magiebesessenen, über die Seen aus Blut überall, die im Licht der schummrigen Beleuchtung schwarz schimmerten. »Scheiße, verflucht!«, fauchte er. Heftig. Er ballte die Fäuste.
Naomi berührte seine Schulter. »Wir könnten …«
»Herr im Himmel!« Silas fuhr zusammen, als sich das Com mit einem gedämpften, tiefen Summton an seiner Brust meldete. Er angelte in seiner Brusttasche nach dem Com und zog es hervor. Eine Nachricht. Angst, Zorn, ein verfluchter Silberstreif Hoffnung am Horizont ließen seine Finger beben, als er das Gerät aufschob. Den Code eintippte.
»Silas?«
»Klappe!«, brummte er, während die Verbindung aufgebaut wurde.
Naomi umkreiste ihn, gab den beiden Missionaren, die auf sie zukamen, einen Wink, den verletzten Miles aufzusammeln. Der Verwundete fluchte, als sie ihn bewegten. Silas sparte sich die Besorgnis, die Naomi dem Mann zeigte.
Stattdessen sog er mit gerunzelter Stirn scharf die Luft zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch ein, als er Jessie in der Leitung hatte. Ihre Stimme klang elektronisch verzerrt, gedämpft. Silas’ Finger umspannten das Com, als wollten sie es zerquetschen. »Jessie ist dran. Ich kann ihre Stimme hören«, sagte er. Seine Anspannung war deutlich vernehmbar. »Aber ich kann Scheiße noch mal nicht verstehen, was sie sagt!«
»Ich weiß jemanden, der das kann.« Mit raschen, großen Schritten setzte sich Naomi in Bewegung und winkte ihm, ihr zu folgen. »Komm schon! Dann wollen wir deine Hexe mal festnageln!«
Seine Hexe.
Silas knirschte mit den Zähnen, folgte Naomi aber wortlos.
Gemeinsam überquerten sie die Straße und gingen auf einen Wohnblock mit zumindest einer als Versteck dienenden, gesicherten Wohnung zu, in der die Mission offenbar eine Operationsbasis unterhielt. Silas ging an ein paar anderen Missionaren vorbei, Frauen und Männern, die er alle nicht kannte.
Die kennenzulernen ihn auch nicht weiter interessierte.
Naomi schritt längs an dem Häuserblock vorbei, an Tragbahren mit toten Hexen und Hexern, die aufgereiht lagen, um sie später zu identifizieren. Sie hielt auf einen schweren Truck zu, der in Gebäudenähe parkte. Sie würdigte die
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