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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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ihr noch auf der Zunge, und ihr Kopf war leer.
    Schwarz und braun. Blut und Knochen. Der Gestank schlug über ihr zusammen, war so greifbar, als hätte ihr jemand körperlich einen Stoß versetzt. Es war ein widerlicher, in Auge und Nase stechender Gestank, auf den Würgereiz folgte. »O Gott!« Jessie taumelte zurück gegen die Wand, die Taschenlampe entglitt ihren Händen und klirrte unmittelbar vor ihren Füßen zu Boden. »O Gott! Silas! «
    Sie spürte, wie er sie bei der Schulter nahm, wusste, dass er sie umdrehte. Aber das Bild, das sich in ihr Gehirn eingebrannt hatte, warnoch da: die Leiche in der Mitte des kleinen Raums. Halb verwest. Halb flüssig. Halb … o Gott, stand sie vielleicht darin?
    Stand sie vielleicht gerade in Caleb ?
    Jedes Härchen auf ihrer Haut stellte sich auf. Kalter Schweiß brach ihr aus, und ihr Magen hob sich bedrohlich. »Ich muss gleich … Lass mich los!«
    Silas aber ließ sie nicht los. Er zog sie an sich und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. So umfangen zog er sie aus dem Raum. Er zog sie in den staubigen Lagerraum vor dem kleinen Zimmer, in die Dunkelheit dort, die nicht dieselben Farben hatte.
    Die keine Leiche barg.
    Jessie versuchte, sich loszumachen. Silas hielt sie umso fester. »Jessie«, sagte er, der Ton so unnachgiebig wie die Arme, die sie hielten. So hart wie seine Brustmuskulatur, die Jessie unter den suchenden Händen spürte. Sie krallte die Fäuste in seine Jacke und wusste nicht, ob sie es tat, um ihn wegzustoßen oder um sich daran festzuhalten.
    Der Gestank war unerträglich. Jetzt wusste sie auch, warum.
    »O Gott«, flüsterte sie wieder. »Wer ist das? Warum?«
    Mit einer Hand umfasste Silas ihren Hinterkopf, mit langen, schlanken, kraftvollen Fingern; die andere Hand hatte er in Jessies Rücken; sie lag warm auf ihrem Kreuz. Sanft wiegte er sie, während er sie fest in seinen Armen hielt. »Ganz ruhig ein- und ausatmen!«, verlangte er von ihr. »Komm schon, Jessie, atme! Ein. Aus. Durch die Nase verfluchte Scheiße noch mal!« Als die Krämpfe einsetzten, packte er sie, hielt sie ein Stück von sich weg und hinein in den Kegel aus schwachem Licht, den ihre auf den Boden gefallene Taschenlampe warf. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, zwang sie, ihn anzusehen.
    Sein Blick war finster, herrisch. Die Augenbrauen waren über der Nasenwurzel zusammengezogen, die Lippen eine schmale, harte Linie. »Atme durch die Nase!«, verlangte er wieder und hielt entschlossen den einmal hergestellten Blickkontakt aufrecht. »Es wird deinen Geruchssinn überbeanspruchen und ausschalten. Konzentrier dich auf mich!« Das tat sie. Ein. Aus. Genau wie er gesagt hatte. »Immerschön weiteratmen. Du gewöhnst dich daran, nur schön weiteratmen!«
    Sich daran gewöhnen?
    Machte ihm der Gestank etwa nichts aus?
    Jessie knirschte mit den Zähnen. Sie atmete ein. Langsam, Stück für Stück, bekam die Welt um sie herum wieder Struktur.
    Jessies Kiefer schmerzten, ihre Kehle schmerzte. Herr im Himmel, ihre ganze Seele war ein einziger Schmerz! »Ich kann nichts erkennen«, hauchte sie. Ihr brannten die Augen. »Ich kann nichts erkennen. Wer ist das da drin?«
    »Keine Ahnung.« Silas strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Wenn du mir nicht umkippst, sobald ich loslasse, gehe ich und schaue …«
    »Nein.« Jessie holte tief Luft, behielt sie in den Lungen, bis diese gequält nach Luft schrien. Jessie atmete aus, zornig. »Ich bekomme das hin.«
    »Zum Teufel, Jessie, du musst das nicht tun.«
    »Doch, muss ich.« Sie griff nach seinen Handgelenken und zog seine Hände von ihrem Gesicht fort. »Ich muss das tun.«
    Silas’ Blick bekam etwas Unerbittliches, ähnelte eher Stein als Eis. Jessie begegnete dem Blick, versenkte sich in diesen Blick. Schließlich aber musste sie loslassen. Sie trat einen Schritt zurück.
    »Okay.« Er gab nur widerstrebend nach. Offenbar war er verärgert, unsicher, ob er das Richtige tat. »Bleib ganz nah bei mir, und wenn du merkst, dass du da rausmusst, dann sag es rechtzeitig!«
    »Versprochen.« Dieses Mal war Jessie sich nicht sicher, ob das wirklich gelogen war, auch wenn es als Lüge gemeint gewesen war. O Gott, wenn das da drinnen Caleb war! Aber wenn die Leiche ihr kleiner Bruder war, musste sie das unbedingt wissen.
    Tränen schossen ihr in die Augen, während sie die Taschenlampe auflas und Silas in die Kammer folgte. Alles verschwamm ihr vor den Augen. Aber es war nicht nötig zu sehen, was sie sowieso schon spürte: dickflüssige,

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