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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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das, nicht bei dieser Form. Falschgold.
    Vergoldet. Eines von sechs. Drei davon rechts, drei links. Eine gute Zahl, eine zuverlässige Zahl, wenn man Magie praktizierte. Ein Band. Ein Siegel. Oh, Caleb!
    Jessie schlug das Herz bis zum Hals. Dennoch fuhr sie mit der flachen Hand über den blutverkrusteten Teppich, durchpflügte mit den Fingern die Masse aus Blut und Leichensaft zu ihren Füßen. Drei weitere Perlen beförderte sie so ans Licht. Mit aller Gewalt unterdrückte Jessie den Laut, der unbedingt über ihre Lippen wollte, als ihre Finger auf etwas Kaltes, Scharfkantiges stießen.
    Entsetzt darüber, was sie ertastet hatte – und sie wusste sofort, was es war –, blickte sie über die Schulter zu Silas hinüber. Fest umklammerte sie den blattförmigen Anhänger. Er war aus Silber, reinem Silber. Die ziselierten, mit hoher Handwerkskunst bearbeiteten Ränder schnitten ihr in die Handfläche. Zittrig holte Jessie Luft.
    Den Anhänger hatte sie Caleb zu seinem dreiundzwanzigsten Geburtstag geschenkt. Es war das letzte Geschenk gewesen, das er von ihr bekommen hatte, ehe er gegangen war.
    Der ideale Fokus für einen Tarnzauber. Um sich vor ihr, seiner Schwester, zu verbergen.
    Warum versteckte sich Caleb vor ihr?
    Warum fand sich das Amulett hier, an diesem Ort?
    »Was hast du gefunden?«
    Jessies Blick flog hinüber zu Silas. Er beobachtete sie, maß sie mit Blicken.
    Wie viel hatte er gesehen?
    Sie schluckte gegen den Kloß in ihrem Hals an. »Nichts«, log sie und hob die blutverschmierte Hand. »Ich bin ausgerutscht.«
    » Scheiße! « Silas sprang auf die Füße, brauchte keine Sekunde, um ungeachtet des schlüpfrigen Bodens neben ihr zu sein. Er packte ihr Handgelenk und zog ihren Arm weg von ihrem Körper. »Geh nach draußen und wasch dir das ab!«, befahl er grimmig.
    »Es ist nur Blut«, erwiderte Jessie. Sie wunderte sich darüber, wie ruhig ihre Stimme klang. So ganz anders als die in ihrem Kopf, die schrie und schrie und schrie. Ihr gelang ein schwaches, humorloses Lächeln. »Ich glaube, sie hier kümmert das nicht mehr.«
    »Krankheiten, Jessie!« Silas zog sie in Richtung Treppe, die an dicken, verrosteten Stahlseilen hing. »Bakterien. In Blut, das derart verunreinigt ist, kann alles Mögliche sein. Herrgott noch mal, fass ja nichts an!«
    Jessie dachte an den blutigen Anhänger, der jetzt in ihrem Stiefelschaft steckte, und sagte nichts.
    Jessie Leigh war die mutigste Zivilistin, der Silas je begegnet war. Er zog sie die Treppe hinaus aus dem Lager hoch und wusste eines: Er würde noch bereuen, dass sie in die Sache verwickelt worden war. Korrektur: Er bereute es bereits.
    So viel Blut, und jetzt war sie auch noch ausgerutscht und hineingefallen!
    Silas riss die Tür auf; deren Schloss war schon lange verrottet. Er zerrte Jessie Leigh hinaus in den unechten Regen, der immer noch glitzernd an den Röhren des Stahlteppichs über ihren Köpfen hing und von ihnen hinuntertroff. Der Regen fiel auf Dächer und Arkadengänge, die langsam zerbröselten; aber die Luft roch jetzt sehr viel frischer.
    Dankbar atmete Silas tief durch. Er wusste, Jessie tat es ihm nach, als er sich zu ihr umdrehte und auf ein stetiges Rinnsal aus Regenwasser deutete, das aus einem undichten Fallrohr gleich in ihrer Nähe quoll. In der einen Hand hielt Silas die Ministablampe. Diese Hand zitterte nicht. Aber die andere, mit der er Jessies Handgelenk umspannte, schon. Es fühlte sich an, als stünde ein größeres Erdbeben unmittelbar bevor, als wäre Jessies Haut die Erdkruste, die das Beben gewaltsam durchbrechen wollte. Silas hätte Jessie nie da reinlassen dürfen, verdammt noch mal!
    »Da! Wasch dir die Hän… Scheiße!«
    Es geschah ohne Vorwarnung. Eine Feuerspur, die einmal mit Macht um Silas’ Handgelenk fuhr. Die Stablampe zuckte in seiner Hand. Das Knistern überspringender Glutfunken, heiß und gleißend blau überall auf der Haut. Jessies Blick, der über seine Schulter zu etwas zuckte, das hinter seinem Rücken geschah. Ihre Augen, die sich vor Entsetzen weiteten. Ihr Warnruf. »Silas …!«
    Silas packte sie am Kragen und riss sie mit sich hinunter auf das Straßenpflaster. Einen Sekundenbruchteil später krachten Schüsse und zerrissen die nur vom Prasseln des Regens durchbrochene Stille. Steinsplitter spritzten auf, genau dort, wo Silas eben noch gestanden hatte. Die Splitter jagten durch die feuchte Luft.
    »Hände hoch, Jäger!«
    Der Befehl kam aus der Straße gleich hinter ihnen. Eine männliche

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