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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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Stimme, höhnisch im Ton, dem Ton, den jeder Hexer und jede Hexe anschlug, wenn sie glaubten, sie hätten ihn im Sack. Jessie biss sich auf die Unterlippe.
    Silas berührte ihre Wange, gleich neben der Prellung am Mund. »Lauf!«, sagte er.
    Sie kniff die Augen zusammen. »Nein, ich werde nicht …«
    »He da, Jäger!« Eine zweite Kugel ging in die Mauer gleich über ihnen, und modriger Putz regnete auf ihre Köpfe.
    Noch während das Echo des Schusses verklang, kalkulierte Silas seine Chancen. Fünfmal war geschossen worden; Klang und Schussrate deuteten auf einen gewöhnlichen Trommelrevolver hin. Fünf Schüsse, fünfmal daneben. Blieb einer.
    Hastig griff er unter die Jeansjacke nach seiner eigenen Waffe, holte sie heraus und drückte sie Jessie in die Hand. »Zielen«, erklärte er rau, »dann den Abzug durchziehen! Kein Gerede, keine Spielchen. Erschieß sie, oder sie erschießen dich, ganz einfach. Kapiert?«
    Jessie nickte krampfhaft. Unter den nassen Haarsträhnen, die ihr ins Gesicht hingen, war sie kalkweiß vor Schreck. Wieder berührte Silas ihre Wange, stand auf. »In Ordnung«, sagte er mit erhobener Stimme und streckte die Hände seitlich vom Körper weg. Im Augenwinkel sah er Jessie geduckt davonhasten. »Und was jetzt?«
    Drei Meter von ihm entfernt kam ein Mann aus seiner Deckung. Den Waffenarm ließ er locker baumeln; die Waffe lag entspannt in seiner Hand. Mehr brauchte Silas nicht zu sehen, um zu wissen, dass sein Gegner es nicht mit ihm aufnehmen konnte. Nass klebte dem Mann das rote Haar um den Kopf. Das dümmliche Lächeln, das er im Gesicht trug, machte nur allzu deutlich, was er von Silas hielt. Keine Gefahr mehr.
    Trottel.
    »Wenn sie nur einen einzigen weiteren Schritt macht«, verkündete der Hexer aufgeräumt, »knall ich dich ab!«
    Im Licht der Stablampe, die Silas hatte fallen lassen, erstarrte Jessie.
    Verflucht!
    »Hat dir tatsächlich noch nie jemand erzählt, dass Magie bei meinesgleichen nicht wirkt?« Silas erhob die Stimme, legte so viel Spott hinein wie irgend möglich. Achte nur ja auf mich, Sackgesicht, nicht auf sie! »Mir scheint, du bist nicht nur ein lausiger Schütze, sondern auch lausig im Zuhören.«
    Um den Mund des Hexers zuckte es verräterisch. »Große böse Mordbuben wie du kennen wohl den Unterschied zwischen Begrüßung und Bedrohung nicht, was?«
    »Das sagt gerade der Richtige«, erwiderte Silas gelassen. Mit ein paar Schritten hatte er sich zwischen Jessie und den waffenschwingenden Typen gebracht.
    »Ts-ts!« Das Kinn des Mannes zuckte. »Das würd ich an deiner Stelle lieber lassen!«
    Hinter Silas’ Rücken schrie Jessie auf. Es war kein gedämpfter Angstlaut; es war ein endlos langer Schrei, der ihr die Kehle sprengte: echte Panik. Echter Schmerz. Silas’ Magen krampfte sich zusammen, während sein Kopf zur Seite zuckte und er einen raschen Blick über die Schulter warf.
    Was er sah, passte nicht zu Jessies kalkweißem Gesicht oder dazu, wie sie nach Luft rang, während ihr Schrei sich in Echos an den Mauern und Trümmern der Unterstadt verlor. Ein zweiter Mann stand hinter ihr. Auf Brusthöhe umschlang er sie mit einem Arm; mit der anderen Hand, die eine Waffe hielt, umfasste er ihr Handgelenk. Ein älterer Hexer. Abwartend blickte er über Jessies vom Regen dunklen Haarschopf hinweg zu Silas hinüber; ihre Blicke trafen sich.
    Echter, heftiger Schmerz stand Jessie ins Gesicht geschrieben, als auch sie Silas’ Blick suchte. Und Wut.
    Ihre Mundwinkel hoben sich, beruhigend lächelte sie Silas an.
    Sein Herzschlag kam aus dem Rhythmus. Kacke!
    »Na prima«, sagte er. Er wandte sich wieder dem Rothaarigen zu und machte drei Schritte vorwärts. Dreh dich jetzt bloß nicht um! Immer schön ein Hexer nach dem anderen. »Was willst du von mir?«
    »Was ich von dir will? Dich tot sehen. Aber sie da, sie ist keine Jägerin, habe ich nicht recht?«
    Silas nahm die Hände herunter. Er lächelte ein zeitlupenlangsames, bewusst provozierendes Lächeln, bleckte die Zähne. »Mich willst du? Na dann komm und hol mich!«
    »Oh, Mann!« Der Hexer zog den Hahn des Revolvers zurück und zielte über Kimme und Korn. »Das wird ihnen echt gefallen!«
    Einen Sekundenbruchteil bevor die Waffe abgefeuert wurde, ließ Silas sich aufs Pflaster fallen. Er grunzte vor Schmerz, als er aufschlug.Die Kugel pfiff an ihm vorbei, ein Laut, der in Jessies wildem Aufschrei unterging.
    Sechs!
    Silas rollte sich ab, erhaschte dabei einen kurzen Blick auf den zweiten Hexer, der mit

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