Dark one 01 - Blind Date mit einem Vampir-neu-ok-06.12.11
mich
wartete, wie ich hoffte. Das tat er auch, allerdings saß er an der Wand hinter
drei zusammengeschobenen Tischen und war umringt von sieben Angestellten des
Marktes, zum größten Teil Männer, die die ganze Schwerstarbeit erledigten.
Mitten auf dem Tisch lag ein großes Blatt Papier und Raphael zeichnete darauf
Gebiete ein, die er für Gefahrenzonen hielt, wie ich annahm. Er hatte mir
irgendwann erzählt, dass die Gegebenheiten des Geländes einen veränderten
Aufbau des Marktes erforderlich gemacht hatten. Also vermutete ich, dass er ein
strategisches Treffen einberufen hatte, um alle darüber zu informieren, wie sie
am besten mit den Menschenmassen umgehen sollten, die im Verlauf der nächsten
Tage erwartet wurden.
Arielle saß
den Männern gegenüber und vor ihr stand ein bislang unberührtes Glas Bier. Ich
warf Raphael eine Kusshand zu, als er hochsah und mir zulächelte, und setzte
mich dann zu Arielle.
„Guten Tag,
Joy“, sagte sie in ihrem bedächtigen Englisch.
Ich rutschte
auf die gegenüberhegende Seite der Nische und beugte mich über den Tisch, um
ihr die Hand zu tätscheln. „Hi, Arielle, was ist los? Du siehst aus, als ob du
geweint hättest. Hast du dich über irgendetwas aufgeregt? Ist etwas passiert?“
Sie warf mir
ein klägliches Lächeln zu. „Ich sehe so aus, als ob ich geweint hätte, weil ich
geweint habe. Es ist etwas passiert, aber ich habe mich nicht aufgeregt.“
Ich hob
beide Augenbrauen. „Ach nein?“
Sie blickte
nach unten auf ihre Hände. „Vielleicht ein kleines bisschen.“
Ich fühlte
mit ihr und war davon überzeugt, dass ihre Schwester sie fertiggemacht hatte
wegen ihrer Entscheidung, bei ihrem Freund zu bleiben.
Ich warf
einen Blick in den Raum, um zu sehen, ob Tanya vielleicht in irgendeiner Ecke
lauerte. Es fing schon an zu dämmern, langsam übernahm die Nacht die Herrschaft
über den Himmel, und es strömten jede Menge Leute in die Schänke, aber zum
Glück war Tanya nicht zu sehen.
Ich nahm an,
dass angesichts der Horden in der Zeltstadt wohl alle Schänken in der Stadt bis
zum Platzen voll waren. Eine überfüllte Kneipe war jedoch nicht der richtige
Platz, um sein Herz zu erleichtern, was Arielle jetzt offensichtlich dringend
nötig hatte.
„Hör mal,
wenn du dich so richtig ausheulen möchtest, kannst du gerne mein Zimmer
benutzen. Es ist nicht gerade toll, aber da hast du wenigstens deine
Privatsphäre.“
„Nein, ich
werde nicht mehr weinen“, sagte sie entschieden und putzte sich trotzig die
Nase. „Paal sagte, es ist nicht nötig zu weinen, weil alles gut werden wird.“
Sie zog noch ein letztes Mal die Nase hoch und blickte bewundernd zu einem
vorzeitig kahl werdenden Wikinger hinüber, der an Raphaels Tisch saß. Paal
nickte ihr kurz zu und konzentrierte seine Aufmerksamkeit dann wieder auf die
Befehle, die Raphael in barschem Ton erteilte. „Es ist Tanya, weißt du? Dominic
hatte einen Streit mit ihr letzte Nacht, einen großen Streit. Vieles davon war
wegen dir, aber als sie fertig waren, sagte Dominic, dass Tanya nicht mehr
länger zu ihm passe und sie gehen müsse, weil sie letzte Nacht sehr viel Ärger
gemacht hat.“
„Ärger? Du
meinst außer der Szene, als ich die Runen gedeutet habe?“
Arielle
nickte. „Ja. Dominic war sehr wütend auf sie und Milos sagte, sie ist eine responsabilité für den Markt und dass sie gehen muss.“
„Responsabilité? Oh, du meinst, sie sei eine Belastung? Weil sie wütend darüber ist, wie
Dominic sie behandelt hat? Ich muss zugeben, auch wenn ich für Tanya nicht
gerade viel übrig habe, so stimme ich ihr in diesem Punkt hundertprozentig zu.
Dominic ist echt das klassische Beispiel für einen Westentaschencasanova, der
mit seinem Ego mal so richtig auf die Nase fallen sollte.“
„Nein, es
ist nicht wegen ihrer Affäre, die so traurig zu Ende gegangen ist, sondern
Milos ist wegen der anderen Sache so wütend.“
Ich lehnte
mich in der hohen Nische zurück. „Moment mal, ich kann dir da nicht mehr
folgen. Was hat Milos denn mit der Sache zwischen Dominic und Tanya zu tun?“
„Milos
besitzt den Markt zusammen mit Dominic, ja?“
Ich nickte.
„Dominic ist
für die Kunden der ... mmm ... Direktor?“
„Direktor?
Das könnte man vielleicht bei einem Zirkus sagen, aber ich glaube, ich weiß,
was du meinst.
Er zieht für
die Besucher eine wilde Show ab, während Milos so was wie der stille Teilhaber
ist?“
„Nein, er
ist nicht still, er spricht viele Sprachen sehr gut, besser als ich.
Weitere Kostenlose Bücher