Dark one 02 - Kein Vampir für eine Nacht-neu-ok-06.12.11
setzte ich meine
Abend-Sonnenbrille auf, ermahnte die Katze, brav zu sein, und nahm mir vor dem
Hotel ein Taxi nach Covent Garden. Auf der Fahrt überlegte ich, wen ich dazu
befragen konnte, warum das Befreiungsritual nicht funktioniert hatte.
„Mal sehen... da hätten wir Carlos von der GEDÜ, aber der ist kein
Beschwörer. Dann ist da noch diese Hexe, von der Ras sprach, die angeblich den
Geist von Karl Marx beschworen hat, aber ihre Adresse habe ich nicht. Und
abgesehen davon weiß ich gar nicht, ob ich mit jemandem sprechen will, der
seine Zeit mit einem toten Marx verbringt, der nicht Groucho mit Vornamen
heißt. Hm...“ Nachdenklich schaute ich aus dem Fenster auf die dunklen,
regennassen Straßen der Stadt. „Ach, diese Eremiten, von der die Frau im
GEDÜ-Büro gesprochen hat, die könnte mir vielleicht helfen.“
„GEDÜ? Meinen Sie die Gesellschaft zur Erforschung des
Übersinnlichen?“, fragte der Taxifahrer.
Oh, ich hatte wieder einmal laut nachgedacht. Eine blöde Angewohnheit,
die ich offenbar nicht abstellen konnte. Ich lächelte den Fahrer an und nickte.
Hoffentlich gehörte er nicht zu diesen religiösen Fanatikern, die es liebten,
mir Vorträge darüber zu halten, wie sündhaft mein Job war. „Kennen Sie die
etwa?“, entgegnete ich zögernd.
„Meine Frau und ich, wir gehen ein paar Mal im Jahr mit denen auf
Geisterjagd. Letzten August haben wir sogar eine Nacht im Tower verbracht.“
Der Londoner Tower war angeblich der spukträchtigste Ort von ganz
England, also so etwas wie das Disneyland der Forscher auf dem Gebiet des
Übersinnlichen.
„Tatsächlich? Und, haben Sie etwas Interessantes gesehen?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ein paar kugelförmige Körper, einmal kam
eine Hand aus der Wand, und wir spürten ein, zwei kalte Stellen, aber auf Film
konnten wir nichts festhalten. Sind Sie Beschwörerin?“
Normalerweise verriet ich Laien nicht, was mein Beruf war, aber der
Taxifahrer schien keine Probleme mit Geistern und Ghulen zu haben, und so
nickte ich abermals.
„Das habe ich mir gedacht. Warum tragen Sie diese dunkle Brille?“
Ich wartete, bis er vor einer Ampel anhielt, und schob kurz meine
Brille hoch.
Er machte große Augen und pfiff überrascht. „Ist das angeboren?“
Ich stieß ein bitteres Lachen aus. „Ausgesucht habe ich mir das
bestimmt nicht.“
Er sah mich nachdenklich an. „Das glaube ich. Sie werden vermutlich
oft komisch angesehen, hm?“
Und es gab noch viel schlimmere Reaktionen: Manche Leute fingen an zu
schreien und ließen vor Schreck etwas fallen, manche behaupteten, ich wolle ja
nur Aufmerksamkeit erregen, und andere wiederum - und das war das Übelste -
beschimpften mich als Missgeburt.
Den Rest der Fahrt verbrachten wir schweigend. Ich schaute aus dem
Fenster und fragte mich, ob mein Optiker sich nicht doch irrte - als ich das
letzte Mal Kontaktlinsen ausprobiert hatte, konnte ich sie fast eine Woche lang
tragen, bevor meine Augen sich zu entzünden begannen. Das war vor über einem
Jahr gewesen, und vielleicht vertrug ich die Linsen ja inzwischen besser...
Als ich aus dem Taxi stieg, drückte mir der Fahrer eine Karte in die
Hand. „Falls Sie mal jemanden brauchen, der Sie an einen Ort außerhalb von
London bringt. Solche Fahrten mache ich nämlich auch.“
Ich dankte ihm und schloss mich den Scharen von Menschen an, die in
den neu eröffneten Buchladen strömten.
„Wie viele Bücher wollen Sie?“, fragte mich ein paar Minuten später
eine gestresste Buchhändlerin, als ich langsam mit der Schlange vorrückte, die
so lang war, dass ich garantiert Beinschmerzen bekommen würde.
„Ein Exemplar von seinem letzten Buch.“
„Eins?“ Sie musterte mich von oben bis unten, als sei ich ein großes
abscheuliches Insekt in Menschenkleidung. „Nur eins?
Ein einziges ?“
Die Frau hinter mir zupfte mich am Ärmel. „Sie werden bestimmt mehr
als eins lesen wollen, meine Liebe. Seine Bücher sind nämlich großartig.“
„Ich lese gar nichts von ihm. Ich tue das hier nur für eine Freundin.“
„Gar nichts!“ Der Frau blieb vor Schreck die Luft weg. Inzwischen
hatte mir die Verkäuferin ein Buch in die Hand gedrückt. „Also, Sie müssen
unbedingt etwas von ihm lesen. Hören Sie, geben Sie dieser Dame noch ein
anderes Buch! Es wird Ihnen gefallen, ganz bestimmt!“
„Nein, danke“, sagte ich und nahm das zweite Buch nicht an, das mir
die Verkäuferin geben wollte. „Eins genügt mir. Die sind bestimmt sehr nett,
aber ich stehe
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