Dark one 03 - Kuesst du noch oder beisst du schon- neu-ok
Damian dieselbe Wirkung? Muss er jetzt auch meiner
Stimme folgen? Muss er alles machen, was ich sage?“
„Wohl kaum!“,
schnaubte Damian.
„Nein, er
ist davon nicht betroffen. Er ist ein fühlendes Wesen. Die Mumien fühlen nichts
mehr.“ Adrian fluchte, als sich der Notausgang des Museums erneut öffnete und
drei mitgenommene Mumien in die Nachtluft getorkelt kamen. „Steigt sofort ein!“
Ihre blinden
Augen waren auf mich gerichtet; aus ihren Mündern drangen leise Laute, halb
Stöhnen, halb Flehen. Ich zögerte an der geöffneten Tür, hin- und hergerissen
zwischen dem Wunsch zu entkommen und dem Bedürfnis, die hilflosen Mumien zu
beschützen.
„Nell!“
Ich zeigte
mit der Hand auf die Mumien.
„Sieh sie
dir doch an, Adrian! Sie sind völlig hilflos und das ist allein meine Schuld.
Was glaubst du denn, werden die Museumsleute mit ihnen machen? Sie werden sie
quälen, um herauszufinden, was mit ihnen los ist! Ich muss sie wieder in ihren
unbelebten Status zurückversetzen.“
„Dafür ist
keine Zeit. Steig sofort ein.“
Ich sah mich
auf dem Parkplatz um. Der erste Wachmann hatte den Notausgang erreicht und
streckte zuerst seine Waffe und dann den Kopf um die Ecke, um zu uns
herüberzuspähen. Jenseits der hohen Mauer, die das Areal des Museums umgab,
heulten Polizeisirenen. Vor einer Schranke am Eingang zum Parkplatz stand ein
Wächter und beobachtete mit offen stehendem Mund die Mumien, die langsam auf
ihn zugewankt kamen.
Ich
erblickte einen großen weißen Lieferwagen in der Nähe der Ausfahrt. Er war
leer. Ich wirbelte herum, schlug die Wagentür zu und sprintete auf den
Lieferwagen zu, während ich Adrian noch zurief: „Wir nehmen sie mit! Ich kann
sie nicht hierlassen, wo sie gequält werden, nicht, wenn ich dafür
verantwortlich bin, dass sie hier herumlaufen.“
Die Mumien
wandten sich in meine Richtung, die Tonhöhe ihres unaufhörlichen Wimmerns stieg
an und schien noch verzweifelter zu werden, als ich mich von ihnen entfernte.
Ich erreichte den Lieferwagen und betete um ein Wunder.
Er war
verschlossen.
„Verdammt!“,
fluchte ich und zerrte das Zauberbuch aus meiner Tasche.
Adrian und
Damian erreichten mich gerade, als ich den Entriegelungszauber gefunden und die
Tür geöffnet hatte.
„Nell, was
zum Teufel machst du da eigentlich?“, fragte Adrian. Er schob mich beiseite,
während eine Kugel an uns vorbeisauste. „Warum versuchst du uns umzubringen,
nur wegen ein paar Mumien?“
„Du kannst
nicht umgebracht werden, weißt du noch? Und für die Mumien bin ich
verantwortlich, und deshalb kann ich sie nicht zurücklassen.“ Ich sprach
lauter, um den Lärm der Sirenen zu übertönen, der jetzt auf alarmierende Weise
lauter wurde. Dazu kamen die Rufe der Museumswächter und gelegentlich die ein
oder andere Kugel, die von in der Nähe stehenden Autos abprallte. „Mumien!
Hört auf meine Stimme!“
Sie bewegten
sich jetzt wesentlich schneller, und als ich es endlich geschafft hatte, die hintere
Tür zu öffnen, kamen sie gerade um das Heck des Wagens getaumelt. „Rein mit
euch!“, befahl ich. Ich sprang hinein, in der Hoffnung, dass sie mir folgen
würden.
Adrian,
schlau wie er war, wusste, wann er verloren hatte, und mit nur einem einzigen
wütenden Blick auf mich warf er Damian in den Wagen und kletterte über den
Jungen hinweg, um auf den Fahrersitz zu gelangen. Er hatte mehr Glück als ich:
Die Schlüssel waren unter dem Sitz versteckt und er entdeckte sie in null Komma
nichts.
Die Mumien
mochten ja keine fühlenden Wesen sein, aber sie begriffen, was sie zu tun
hatten. Die Gleichung war einfach genug: ich war im Wagen, ergo sie ebenfalls.
Unglücklicherweise
versuchten sie sich alle auf meinen Sitz zu quetschen.
„Äääh!“,
kreischte ich, als sich Rotschopf auf meinen Schoß warf. Eine zweite Mumie, die
vollkommen in Stoffstreifen eingewickelt war, fiel auf meine Schulter, ihr
Gesicht schob sich direkt vor meines, das grauenhafte Jammern ertönte von
leblosen Lippen, und sie roch harzig und alt. Ich entzog mich ihrer ungewollten
Umarmung und versuchte keine Notiz von den schwarzen, leeren Augenhöhlen zu
nehmen.
Adrian gab
Gas und schaute über seine Schulter zurück, während die letzte Mumie versuchte,
sich auf den Rücksitz zu schwingen, wobei sie Mühe hatte, ihre verwelkten Beine
hoch genug zu heben, um in den Wagen einzusteigen. Sie wirkte etwas nobler als
die anderen, mit den Ornamenten eines längst verstorbenen Pharaos, die man auf
ihre Hüllen gemalt
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