Dark one 03 - Kuesst du noch oder beisst du schon- neu-ok
gang und gäbe.“
„Okay, jetzt
mal ganz ruhig!“ Ich war so plötzlich aufgesprungen, dass Melissande ein paar
Schritte zurücktreten musste. „Zuerst einmal ist Adrian nicht länger der
Verräter. Zweitens: Ihr scheint alle zu glauben, dass er an den Dingen, die er
tat, Spaß hatte!“
„Hasi, gib
dir keine Mühe. Es spielt keine Rolle, was sie denken -“
„Für dich
vielleicht nicht, aber für mich schon.“ Mein irisches Temperament ging mit mir
durch, als ich jedem der Anwesenden einen wütenden Blick zuwarf. Sogar Belinda,
die von ihnen allen am unschuldigsten war, konnte mir nicht in die Augen sehen.
„Adrian ist verflucht. Versteht ihr eigentlich, was das bedeutet? Er ist mit
Leib und Seele an einen Dämonenfürst gebunden, und zwar an diesen Asmodeus, den
Saer zu stürzen vorhat. Er hatte keine Wahl, er musste den Befehlen seines
Herrn Folge leisten. Keine Wahl! Auch der Tod ist keine Option, denn solange
der Fluch ihn bindet, kann Adrian nicht getötet werden.“
„Er hatte eine Wahl!“, kreischte Melissande. Ihr plötzlicher Ausbruch kam für uns
alle überraschend. Sie zeigte mit bebendem Finger auf Adrian. „Er hat sich
Asmodeus selber angeboten, im Austausch für dunkle Mächte.“
„Schwachsinn!“,
schnauzte ich sie an, ohne mir Gedanken darüber zu machen, ob meine
Ausdrucksweise ladylike war.
„Nell-“
„Nein!“ Ich
schüttelte die Hand ab, die Adrian mir auf den Arm gelegt hatte, um mich zu
beruhigen. Er stand auf, offensichtlich in der Absicht, mich aufzuhalten, aber
mir reichte es. „Sie kapieren es nicht, keiner von ihnen, und es wird endlich
einmal Zeit, dass ihnen jemand reinen Wein einschenkt.“ Ich drehte mich mit
verschränkten Armen zu Melissande um, mein Kinn hocherhoben, und sah ihr in die
Augen. „Weißt du eigentlich, warum Adrian verflucht worden ist? Tatsächlich
traf ihn daran keine Schuld. Dein Vater hat ihn Asmodeus überlassen, im Tausch
für sexuelle Anziehungskraft. Adrian war quasi noch ein Baby, als euer Vater
ihn, Fleisch von seinem Fleisch, Blut von seinem Blut, einem Dämonenfürst
übergab, ohne mit der Wimper zu zucken. Er wurde in die Sklaverei verkauft,
Melissande, und zwar von ebendem Mann, der ihn hätte beschützen sollen!“
Hasi -
Melissande
starrte mich an, auf ihrem Gesicht malte sich Unglauben ab. „Nein. Das glaube
ich nicht - es kann nicht sein - er hat diese Wahl selbst getroffen -“
„Er war zwei
Jahre alt! Wie konnte er in dem Alter eine Wahl haben? Aufgrund des Verrats
seines Vaters wurde er zum Ausgestoßenen!“, schrie ich. Plötzlich fühlte ich
Tränen auf meinen Wangen, die ich wütend wegwischte. Die Mumien, die meine
Aufregung offenbar spürten, begannen mit unheimlichen, schrillen Stimmen zu
wehklagen. „Er wurde gehasst und verachtet und gejagt wegen Handlungen, zu
denen er gezwungen wurde, Handlungen, die er mit jedem Schlag seines Herzens
bedauerte, aber hat sich auch nur einer von euch die Zeit genommen zu fragen,
warum er tat, was er tat? Nein, ihr habt ihn einfach nur für vogelfrei erklärt
und verleumdet und angeprangert, ohne euch jemals die Mühe zu machen
herauszufinden, warum er verflucht war. Eure selbstgerechte Tugendhaftigkeit
macht mich krank! Adrian ist seit fünf Jahrhunderten ganz auf sich gestellt,
gequält und gefoltert, ohne dass ihm auch nur eine Hand in Freundschaft
gereicht worden wäre!“
Die Mumien,
die immer noch gehorsam sitzen blieben, drückten sich in ihrer Not an mein
Bein. Ich schob sie sanft beiseite und zog die Nase hoch. Ich schämte mich
meines Ausbruchs keineswegs, aber ich wünschte, ich hätte mich ein bisschen
mehr unter Kontrolle gehabt.
Adrian
drückte mir einen warmen Kuss auf den Nacken.
Danke,
Hasi. Noch nie zuvor hat sich jemand für mich eingesetzt, vor allem nicht so
wortgewandt.
Ich nahm das
Taschentuch, das er mir hinhielt, und trocknete mir aufgebracht die Augen.
Gleichzeitig tätschelte ich die Köpfe der Mumien, um sie zu beruhigen. Sie
haben es verdient, sagte ich in Gedanken. Sie alle haben eine
ordentliche Strafpredigt verdient.
Als ich mit
meiner Tirade fertig war, sank Melissande in einen Stuhl; sie hielt sich eine
Hand vor den Mund, als ob sie einen Schrei zurückhalten wollte.
Christian
stand einen Moment verlegen da, bevor er Adrian die Hand hinstreckte. „Ich bin
tief beschämt, dass ich den Grund für deine Taten als Verräter nie infrage
gestellt habe. Es mag nur eine kleine Wiedergutmachung sein, aber jetzt biete
ich dir meine Hilfe
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