Dark one 06 - Ein Vampir kommt selten allein-neu-ok-08.12.11
ich mich anzog, haben sie einen kurzen Blick in
mein Zimmer geworfen. Wenn sie nicht wieder abgeschlossen haben, kannst du also
durchs Bad. Und im schlimmsten Fall benutzt du einfach unseren gemeinsamen
Balkon.“
„Aber dazu muss ich es erst einmal nach oben in dein Zimmer
schaffen.“
Sie präsentierte mir lächelnd ihr üppiges Dekollete. „Oh,
ich glaube, das kriegen wir schon hin. Die Mädels und ich werden den Bullen im
Foyer so lange beschäftigen, bis du die Nebentreppe hoch bist. Mit dem Aufzug
würde ich an deiner Stelle nicht fahren.“
„Und wenn wir erwischt werden? Ich will nicht, dass du
Schwierigkeiten mit der Polizei bekommst, weil du mir geholfen hast.“
„Wenn du entdeckt wirst, zeige ich einfach auf dich und
schreie wie am Spieß“, entgegnete Magda leichthin und gab mir ihre
Schlüsselkarte. „Die können mir nichts, weil ich nichts Böses getan habe. Ein
bisschen Beihilfe, was ist das schon?“
Wohingegen ich vom Tatort eines Mordes geflohen war, um
Anniki ihren letzten Wunsch zu erfüllen, dachte ich mit einem Anflug von Reue.
„Komm, wir gehen über die Terrasse rein, und dann blende ich
den Polizisten da drin mit meinen fantastischen Brüsten!“
Magdas Plan - besser gesagt, der Trick mit den Brüsten
-funktionierte ganz ausgezeichnet. Es gelang ihr mühelos, die Aufmerksamkeit
des Polizisten so lange auf sich zu ziehen, bis ich durch das Foyer in den
rückwärtigen Korridor geschlichen war, der zu einer wenig benutzten Treppe
führte. Auch der Empfangschef bemerkte mich nicht, denn er war zu beschäftigt
damit, Magda zu beobachten, und das Glück blieb mir hold, bis ich vor ihrem
Zimmer stand. Ich sah mich rasch noch einmal um, dann öffnete ich die Tür und
trat ein.
Ich wollte gerade das Licht einschalten, als vom Bett ein
leises Schnarchen ertönte. Offenbar hatte Raymond beschlossen, hier auf Magdas
Rückkehr zu warten. Ich wusste ungefähr, wo sich die Tür zum Bad befand, und
tastete mich durch den dunklen Raum, doch alle Vorsicht nützte nichts. Als ich
mir zum dritten Mal den Zeh an einem Möbelstück anstieß und ein ersticktes
Jaulen von mir gab, schnaubte Raymond und fragte verschlafen:
„Schatzilein?“
Ich murmelte etwas, von dem ich hoffte, dass es nach Magda
klang, und drückte rasch die Klinke der Badezimmertür herunter, die sich zu
meiner grenzenlosen Erleichterung geräuschlos öffnen ließ. Ich schloss sie
hinter mir, bevor ich das Licht im Bad einschaltete, und überlegte, ob ich sie
verriegeln sollte, falls Raymond auf die Idee kam, mir zu folgen, entschied
mich aber doch dagegen. Es wäre nicht fair, Magda den Zutritt zum Bad zum
zweiten Mal zu verwehren.
Der Raum war sauber gemacht worden, also war die Polizei
vermutlich mit der Spurensicherung fertig. Ich warf einen Blick auf die Stelle,
wo Anniki gelegen hatte, und fühlte mich einmal mehr in meiner Absicht
bestärkt, ihr ihren letzten Wunsch zu erfüllen.
„Wenn Kristoff dich umgebracht hat, wird er nicht ungestraft
davonkommen“, sagte ich leise.
Und wenn Alec es getan hat?, fragte meine innere Stimme. Ich
ging zur Tür und schüttelte im Geist den Kopf. Alec konnte es nicht gewesen
sein. Das hätte ich gewusst.
Die Tür zu meinem Zimmer war nicht abgeschlossen. Ich atmete
erleichtert auf und spähte in den dunklen Raum. „Dem Himmel sei Dank, dass die
Polizei den Tatort nicht rund um die Uhr bewacht.“
Ich hatte das Zimmer zur Hälfte durchquert, da hörte ich: „Und
dass Frauen einfach nicht ohne ihre Sachen leben können!“
Zu Tode erschrocken drehte ich mich um, und im selben Moment
wurde die Nachttischlampe eingeschaltet. Kristoff stand neben dem Bett, ganz in
Schwarz gekleidet, mit dunklen Schatten im Gesicht.
„Was machst du denn hier?“, fragte ich mit schriller,
bebender Stimme und wich vor ihm zurück, bis ich mich fragte, wohin ich
eigentlich wollte. Eine Frau auf der Flucht war nirgendwo in Sicherheit.
„Ich warte auf dich. Alec hat gesagt, du kommst bestimmt
noch einmal zurück. Ich habe deine Sachen gepackt.“ Er zeigte auf meine große
Lederreisetasche, die auf dem Stuhl stand.
„Warum stellst du mir nach?“, fragte ich aufgebracht.
„Warum bist du vor mir weggelaufen?“, hielt er dagegen.
„Du hast einen Mann getötet! Direkt vor meinen Augen!“,
sagte ich.
„Ich habe einen Schnitter getötet“, korrigierte er, „der
dich umbringen wollte.“
„Das wollte er gar nicht! Er hat mich nur als Schutzschild
benutzt, damit du ihn nicht beißt und auch zu
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