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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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fahren. Vor lauter Frust trat ich zweimal gegen die Wand, dass die Fensterscheiben klapperten, aber als ich gerade Anlauf für das dritte Mal nahm, klingelte es an der Haustür. Automatisch spähte ich aus dem Fenster, aber von oben sah ich lediglich die Krone des Ahornbaums und den dämmrigen Himmel. Wie erstarrt stand ich da und wartete, dass der Besuch verschwinden würde, aber stattdessen klingelte es noch einmal, genau genommen fünf Mal hintereinander, denn dank meines Wutanfalls wusste die Person, die da unten auf der Veranda stand, natürlich, dass ich zu Hause war.
    Ich war so angezogen wie meine Mom im Winter: ein großes, unförmiges Sweatshirt, schlabberige billige lange Unterhosen, dicke, kratzige Socken. Eine Sekunde stand ich vor dem Wandschrank, und gerade als ich beschlossen hatte, dass mir meine Kleidung egal war, ging die Klingel schon wieder.
    Meine Tür hat kein Fenster, also konnte ich die Person davor auch nicht sehen. Ich hakte die Kette ein, öffnete die Tür einen Spalt, sah einen Hinterkopf und verfilzte gelbbraune Haare, und dann drehte sich Krissi Cates zu mir um.
    »Die alten Frauen von gegenüber sind ganz schön unhöflich«, sagte sie und winkte den Betreffenden dann demonstrativ zu, wie ich vorige Woche, ein breites Fick-dich-Winken. »Ich meine,
hallo?
, hat denen schon mal irgendwer gesagt, dass es unhöflich ist, andere Leute anzustarren?«
    Ich musterte sie durch den Türschlitz und kam mir selber ein bisschen wie eine alte, verschrobene Lady vor.
    »Ich hab Ihre Adresse von – von damals, als Sie im Club waren«, erklärte Krissi und bückte sich, um mit mir auf Augenhöhe zu sein. »Das Geld hab ich noch nicht, äh, aber ich hatte gehofft, wir könnten uns mal unterhalten. Ich kann gar nicht glauben, dass ich Sie an dem Abend nicht erkannt habe, ich trinke einfach zu viel.« Sie sagte das ohne die geringste Verlegenheit, wie jemand von einer Weizenallergie oder etwas Ähnlichem erzählt. »Ihr Haus ist echt schwer zu finden. Dabei hab ich heute extra nichts getrunken, aber meine Orientierung war noch nie sonderlich gut. Wenn ich an eine Kreuzung komme, wo ich mich zwischen rechts oder links entscheiden muss, nehme ich unter Garantie die falsche Abzweigung. Irgendwie sollte ich wohl auf meine innere Stimme hören und dann das Gegenteil tun. Mach ich aber nicht. Ich weiß selbst nicht, warum.«
    So quasselte sie weiter, reihte einen Satz an den anderen, ohne mich zu fragen, ob sie hereinkommen dürfte, und wahrscheinlich entschloss ich mich genau deshalb schließlich dazu, sie hereinzubitten.
    Respektvoll betrat sie mein Häuschen, mit verschränkten Händen, wie es sich für ein wohlerzogenes Mädchen gehört, und versuchte, etwas zu finden, wofür sie mir in meinem heruntergekommenen Heim ein Kompliment machen könnte. Schließlich blieb ihr Blick an der Schachtel mit den Lotionsfläschchen neben dem Fernseher hängen.
    »Oh, ich bin auch total verrückt nach Handlotion – zurzeit habe ich eine, die nach Birne riecht, ganz toll, aber haben Sie auch schon mal Melkfett probiert? Das hat man früher tatsächlich bei den Kühen angewendet, also beim Melken, auf dem Euter. Die macht unglaublich weiche Haut, und man kriegt sie in jedem Drugstore.«
    Ich schüttelte unverbindlich den Kopf und bot ihr Kaffee an, obwohl ich wusste, dass nur noch ein paar wenige Körnchen übrig waren.
    »Hmmmm, ich sag es ja nicht gern, aber haben Sie auch was Richtiges zu trinken? War eine lange Fahrt.«
    Also taten wir beide so, als wäre es wirklich eine lange Fahrt gewesen und als hätte jeder Mensch nach zwei Stunden am Steuer ein unstillbares Bedürfnis nach Alkohol. Ich ging in die Küche und hoffte, dass ganz hinten im Kühlschrank eine Dose Sprite erscheinen würde.
    »Ich habe Gin, aber nichts zum Mixen«, rief ich.
    »Ach, das ist in Ordnung«, antwortete sie. »Pur ist gut.«
    Eiswürfel hatte ich auch nicht – ich habe Probleme, mich zum Füllen der Form zu überreden –, also schenkte ich uns zwei Gläser zimmerwarmen Gin ein, und als ich ins Zimmer zurückkam, fand ich Krissi immer noch bei meinen Lotionen. Ich wette, dass sie inzwischen ein paar Fläschchen in ihren Taschen stecken hatte. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und darunter einen rosa Rollkragenpulli – sehr kultiviert für eine Stripperin. Sollte sie die Lotion ruhig behalten.
    Ich reichte ihr das Glas und merkte, dass sie sich die Nägel in der Farbe des Rollkragenpullis lackiert hatte, und dann merkte ich, wie

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