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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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sie meinen fehlenden Finger musterte.
    »Ist das von …?«, setzte sie an, und zum ersten Mal hörte ich sie einen Satz unvollendet lassen. Ich nickte.
    »Und?«, sagte ich so freundlich ich konnte. Krissi holte tief Luft und ließ sich dann auf dem Sofa nieder, mit anmutigen Bewegungen, als wären wir auf einer Teeparty. Ich setzte mich neben sie, schlang die Beine umeinander, zwang mich aber sofort, sie wieder zu lösen.
    »Ich weiß nicht mal, wie ich es sagen soll«, begann Krissi und trank einen Schluck Gin.
    »Dann sagen Sie es doch einfach, wie es ist.«
    »Es ist nur, als mir klarwurde, wer Sie sind … ich meine, Sie waren an dem Tag bei mir zu
Hause

    »Ich war nie bei Ihnen zu Hause«, entgegnete ich verwirrt. »Ich weiß ja nicht mal, wo Sie wohnen.«
    »Nein, nicht jetzt, ich meine damals. An dem Tag, als Ihre Familie getötet wurde – da waren Sie und Ihre Mom bei mir zu Hause.«
    »Hmmm«, sagte ich, kniff die Augen zusammen und strengte mein Gedächtnis an. Der Tag war eigentlich nicht sonderlich aufregend gewesen – ich wusste, dass Ben Ärger hatte, aber nicht warum oder wie sehr. Meine Mom hatte uns alle vor der wachsenden Panik abgeschirmt. Dieser Tag. Ich konnte mich erinnern, dass ich mit meiner Mom und Diane losgezogen war, um Ben zu suchen. Ben war in Schwierigkeiten, deshalb suchten wir ihn, und ich saß allein auf dem Rücksitz, hatte Platz und war zufrieden. Ich weiß noch, dass mein Gesicht brannte, von der Salami, die Michelle gebraten hatte. Ich weiß noch, dass wir Häuser besuchten, in denen es von Menschen wimmelte, eine Geburtstagsparty oder so etwas, wo meine Mom Ben zu finden hoffte. Ich erinnere mich, dass ich ein Donut gegessen hatte. Aber Ben fanden wir nicht.
    »Egal«, unterbrach Krissi meine Gedanken. »Ich hab nur … bei allem, was passiert ist, hab ich Sie einfach vergessen. Könnte ich noch was zu trinken haben?«, fragte sie dann und hielt mir energisch ihr Glas hin, als wäre es schon eine Ewigkeit leer. Ich füllte es bis zum Rand, damit sie mit ihrer Erzählung vorwärtskam.
    Sie trank einen Schluck und schauderte. »Sollen wir irgendwo hingehen?«, fragte sie.
    »Nein, nein, sagen Sie mir einfach, was los ist.«
    »Ich hab Sie angelogen«, platzte sie heraus.
    »Womit?«
    »Ben hat mich nie missbraucht.«
    »Das dachte ich mir schon«, erwiderte ich und versuchte weiterhin, möglichst nett zu klingen.
    »Und er hat auch diese anderen Mädchen garantiert nicht missbraucht.«
    »Nein. Die haben ja auch alle ihre Aussagen geändert. Alle, außer Ihnen.«
    Krissi rutschte unruhig auf dem Sofa herum, ihre Augen wanderten nach rechts, und ich sah, dass sie sich an ihr altes Zuhause erinnerte, an ihr Leben vor langer Zeit.
    »Das andere hat aber alles gestimmt«, sagte sie schließlich. »Ich war ein hübsches Mädchen, wir hatten Geld, ich war gut in der Schule, gut im Ballett … aber ich denke immer, ich wünsche mir einfach, ich hätte diese eine blöde Lüge nicht in die Welt gesetzt. Diese eine verdammte Lüge, wenn die das erste Mal nicht über meine Lippen gekommen wäre, hätte sich mein Leben vollkommen anders entwickelt. Dann wäre ich jetzt vermutlich Hausfrau und hätte mein eigenes Ballettstudio oder so.« Sie fuhr sich mit dem Finger über den Bauch, über die Stelle, wo die Kaiserschnittnarbe war.
    »Sie haben Kinder, oder nicht?«, fragte ich.
    »Mehr oder weniger«, antwortete sie und verdrehte die Augen. Ich konnte ihr nicht ganz folgen.
    »Was ist passiert? Wie hat es angefangen?«, fragte ich. Ich konnte mir nicht vorstellen, welche Konsequenzen Krissis Lüge genau gehabt hatte, was sie uns an diesem Tag wirklich angetan hatte. Aber es fühlte sich nach etwas Schwerwiegendem an, nach etwas Großem – nach etwas, was ›Welleneffekte‹ auslöste, um Lyle zu zitieren. Wenn die Polizei an diesem Tag wegen dem, was Krissi erzählt hatte, mit Ben hatte sprechen wollen, musste das etwas zu bedeuten haben. Zweifellos.
    »Na ja, ich meine, ich war verliebt. Total verliebt. Und ich weiß, dass Ben mich auch gemocht hat. Wir hingen irgendwie zusammen rum, und das war wahrscheinlich schon nicht richtig. Ich meine das ganz ernst. Ich meine, er war ja auch noch ein Junge, aber er war alt genug, um mich … mich nicht auch noch zu ermutigen. Eines Tages haben wir uns geküsst, und das hat alles verändert …«
    »Sie haben Ben geküsst.«
    »Wir haben uns geküsst.«
    »Wie?«
    »Nicht, wie es sich gehört. Wie zwei Erwachsene. Ich wäre dagegen,

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