Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
stimmen – und davon gehe ich offen gestanden aus –, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihre Töchter zu den ersten Opfern gehören.«
Patty sah hinüber zu Libby, die den Zuckerguss von ihrem Donut leckte, und dachte daran, wie sehr die Kleine immer an Ben gehangen hatte. Sie dachte an all die Sachen im Haushalt, die die Kids alleine erledigten. Manchmal waren die Mädchen, wenn sie den Tag über mit Ben in der Scheune gearbeitet hatten, irgendwie gereizt, weinerlich. Aber … na und? Kleine Mädchen wurden nun mal gelegentlich müde und unleidlich. Am liebsten hätte sie diesem Collins ihren Kaffee ins Gesicht geschüttet.
»Darf ich offen mit Ihnen sprechen?«, fuhr Collins fort, und seine Stimme tat ihr in den Ohren weh. »Ich kann mir ja gar nicht vorstellen, wie … wie schrecklich es für eine Mutter sein muss, so etwas zu hören. Aber ich möchte Ihnen etwas erzählen, was unser Psychologe, der die Mädchen in Einzelsitzungen befragt hat, mir gesagt hat, das gebe ich jetzt einfach mal an Sie weiter. Nämlich, dass diese Mädchen von Dingen berichten, von denen eine Fünftklässlerin von sich aus nichts wissen würde, in sexueller Hinsicht – es sei denn, diese Dinge sind wirklich passiert. Der Psychologe sagt, es sind klassische Szenarien für einen sexuellen Missbrauch. Sie kennen ja sicher den Fall McMartin.«
Dunkel konnte sich Patty erinnern, davon gehört zu haben, dass in einer Vorschule in Kalifornien alle Lehrer verhaftet worden waren und jetzt wegen Teufelsanbetung und Kindesmissbrauch vor Gericht standen. Sie erinnerte sich an den Bericht in den Abendnachrichten: ein hübsches, sonniges kalifornisches Haus und darüber wie ein dicker schwarzer Stempel das Wort: Betreuungsalbtraum.
»Satanismus ist leider nichts Ungewöhnliches«, redete Collins weiter. »Er hat sich alle Bereiche der Gesellschaft erobert, und die Teufelsanbeter machen sich vor allem an junge Männer heran, um sie in die Sekte zu ziehen. Und zum Satanismus gehört auch … die Entwürdigung von Kindern.«
»Haben Sie überhaupt irgendwelche Beweise?«, blaffte Diane. »Oder Zeugen außer diesen elfjährigen Mädels? Haben Sie selbst überhaupt Kinder? Wissen Sie, wie leicht die sich was einbilden – ihr ganzes Leben besteht doch noch aus Phantasie. Haben Sie irgendjemanden, der sich für diese Lügen verbürgt, oder lassen Sie sich alle von einer Bande kleiner Mädchen und einem psychologischen Klugscheißer aus Harvard um den Finger wickeln?«
»Nun, was Beweise angeht, so haben uns die Mädchen alle gesagt, dass Ben ihre Unterhöschen mitgenommen hat, wohl als eine Art krankes Souvenir«, antwortete Collins, allerdings nach wie vor an Patty gewandt. »Wenn wir uns also in Ihrem Haus umschauen können, wäre dieser Punkt leicht zu klären.«
»Vorher werden wir mit einem Anwalt sprechen«, knurrte Diane, ebenfalls an Patty gewandt.
Collins trank seinen Kaffee aus, unterdrückte ein Rülpsen, schlug sich mit der Faust auf die Brust und lächelte Libby traurig über Pattys Schulter hinweg an. Er hatte die rote Nase eines Säufers.
»Im Moment sollten wir vor allem Ruhe bewahren. Wir werden mit allen Beteiligten reden«, verkündete Collins, weiterhin ohne auf Diane zu achten. »Wir haben heute Nachmittag bereits mehrere Lehrkräfte aus Bens Highschool und auch aus der Grundschule befragt, und was wir dort erfahren haben, beruhigt uns leider auch nicht gerade. Kennen Sie vielleicht eine Lehrerin namens Mrs Darksilver?«
Er sah Patty an, um sich den Namen bestätigen zu lassen, und Patty nickte. Mrs Darksilver hatte Ben immer gemocht, er war einer ihrer Lieblingsschüler gewesen.
»Nun, Mrs Darksilver hat heute Morgen beobachtet, wie Ihr Sohn sich an Krissi Cates’ Spind zu schaffen gemacht hat. In der Grundschule. In den Weihnachtsferien. Das finde ich beunruhigend, und« – er sah Patty von unten herauf an und zeigte ihr seine geröteten Augenränder –, »und anscheinend war er erregt.«
»Was soll das denn heißen?«, fauchte Diane.
»Er hatte eine Erektion. Als wir in Krissis Box nachschauten, fanden wir dort ein Briefchen ganz eindeutig provokativer Natur. Mrs Day, in unseren Gesprächen mit der Lehrerschaft wurde Ihr Sohn wiederholt als Einzelgänger und Außenseiter bezeichnet. Als Sonderling. Man hält ihn allgemein für eine Art Zeitbombe. Einige Lehrer haben regelrecht Angst vor ihm.«
»Angst?«, wiederholte Patty. »Wie kann man denn vor einem fünfzehnjährigen Jungen Angst haben?«
»Sie
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