Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
wissen ja nicht, was wir in seinem Spind gefunden haben.«
Was sie in seinem Spind gefunden hatten. Patty dachte, Collins würde von Drogen oder Pornomagazinen sprechen oder – in einer barmherzigen Welt – vielleicht auch von illegalen Feuerwerkskörpern. Wenn Ben doch nur wegen so etwas in Schwierigkeiten gewesen wäre: ein Dutzend Römische Lichter, die wie Feuerholz in seinem Rucksack steckten. Das hätte sie verkraften können.
Sogar als Collins seine schmierige Einleitung vorbrachte –
es ist wirklich etwas sehr Beunruhigendes, Mrs Day, ich möchte, dass Sie sich darauf gefasst machen
–, hatte Patty noch gedacht, es wäre vielleicht ein Revolver. Ben liebte Schusswaffen, schon immer, es war wie seine Flugzeugphase und seine Betonlasterphase, nur dass diese Phase nicht vorbeiging. Außerdem war es etwas, was sie zusammen machten, zusammen gemacht hatten – Jagen, Schießen. Vielleicht hatte er eine Waffe mit in die Schule geschleppt, um damit anzugeben. Den Colt Peacemaker zum Beispiel. Seinen Liebling. Er durfte eigentlich nicht ohne ihre Erlaubnis an den Waffenschrank, aber wenn er es getan hatte, würden sie damit auch umgehen können. Lass es eine Waffe sein.
Dann hatte Collins sich ausführlich geräuspert und gesagt, so leise, dass sie sich vorbeugen mussten, um ihn zu verstehen: »Wir haben … Kadaverreste … im Spind Ihres Sohns gefunden. Organe. Zuerst dachten wir, es handle sich um Teile eines Babys, aber anscheinend sind es Überreste von Tieren. Weibliche Reproduktionsorgane, in einer Plastikbox, vielleicht von einem Hund oder einer Katze. Vermissen Sie womöglich einen Hund oder eine Katze?«
Patty war ganz schwindlig von der Erkenntnis, dass diese Menschen es tatsächlich für möglich hielten, Ben könnte Teile eines Babys in seinem Spind haben. Dass sie ihn für so gestört hielten, dass ihnen als erste Erklärung ein Kindsmord in den Sinn kam. In diesem Moment, als sie auf den Fleck mit Schokoguss starrte, der sich vor ihr auf dem Tisch befand, kam sie zu dem Schluss, dass ihr Sohn im Gefängnis enden würde. Wenn diese Menschen ihren Sohn für dermaßen verkorkst hielten, hatte er keine Chance.
»Nein, wir vermissen keine Haustiere.«
»In unserer Familie geht man jagen. Wir sind Bauern«, schaltete Diane sich erneut ein. »Wir haben viel mit Tieren zu tun, wir nehmen ständig Tiere aus. Da ist es gar nicht so merkwürdig, dass er etwas davon im Spind hat.«
»Ach wirklich, haben Sie zu Hause Teile von toten Tieren herumliegen?« Zum ersten Mal sah Collins Diane direkt an, ein hartes Starren, das er nach ein paar Sekunden abbrach.
»Gibt es etwa ein Gesetz dagegen?«, bellte Diane zurück.
»Zu den Ritualen der Teufelsanbeter gehören Tieropfer, Mrs Day«, sagte Collins. »Bestimmt haben Sie von den Rindern gehört, die drüben bei Lawrence mit einer Axt erschlagen worden sind. Wir glauben, dass dieser Vorfall und die Sache mit den Mädchen zusammengehören.«
Pattys Gesicht war kalt. Jetzt war alles vorbei. Aus und vorbei. »Was soll ich tun?«, fragte sie.
»Ich fahre gleich mit zu Ihrem Haus, damit wir uns mit Ihrem Sohn unterhalten können, okay?«, antwortete Collins, und beim letzten Wort klang seine Stimme väterlich, hoch, gekünstelt, fast wie Babysprache. Patty spürte, wie Diane neben ihr die Fäuste ballte.
»Er ist nicht zu Hause. Wir suchen ihn.«
»Aber wir müssen unbedingt mit ihm reden, Mrs Day. Was denken Sie, wo wir ihn finden können?«
»Wir wissen nicht, wo er ist«, unterbrach Diane. »Wir sitzen im selben Boot wie Sie.«
»Werden Sie ihn festnehmen?«, fragte Patty.
»Wir können nichts unternehmen, bevor wir uns nicht mit ihm unterhalten haben, und je früher wir das tun, desto früher können wir die Sache klären.«
»Das ist keine Antwort«, sagte Diane.
»Es ist die einzige, die ich Ihnen geben kann, Madam.«
»Das heißt also, ja«, stellte Diane fest, und zum ersten Mal senkte sie die Augen.
Während der letzten Sätze war Collins aufgestanden, war zu Libby gegangen und hatte sich neben sie gekniet. »Hi, Süße«, säuselte er.
Diane packte ihn am Arm. »Nein. Lassen Sie sie in Ruhe.«
Collins sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Ich versuche nur zu helfen. Wollen Sie etwa nicht wissen, ob mit Libby alles in Ordnung ist?«
»Wir wissen, dass mit Libby alles in Ordnung ist.«
»Warum lassen Sie sie das nicht selbst sagen? Wir können natürlich auch den Sozialdienst …«
»Verpissen Sie sich«, sagte Diane und baute
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