Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
wie Schlittenglöckchen, wenn er schnell genug bewegt wurde, die verbogenen Messer und Gabeln, die meine Familie benutzt hatte, die Malbücher, die ordentlich ausgemalt waren, wenn sie Michelle gehört hatten, oder lustloses Geschmiere zeigten, wenn ich mich damit beschäftigt hatte. Ich musste das Zeug anschauen, ich musste in den Sachen einfach das sehen, was sie waren – Sachen.
Und mich dann entscheiden, was ich davon verkaufen wollte.
Allerdings standen die begehrtesten Stücke aus dem Mordhaus den Fans des Kill Clubs nicht zur Verfügung. Das . 10 -Kaliber-Gewehr, das meine Mutter getötet hatte – ihre Gänse-Flinte –, ruhte in irgendeiner Beweisschublade, zusammen mit der Axt aus unserem Geräteschuppen. Das war noch ein Grund, weshalb Ben verurteilt wurde: Die Waffen stammten aus unserem Haus. Mörder, die von außen kommen, erscheinen nicht mit leeren Händen bei ihren schlafenden Opfern und hoffen, dass sie zufällig irgendwo eine gute Mordwaffe vorfinden. Manchmal versuchte ich mir die ganzen Sachen vorzustellen – die Axt, das Gewehr, die Laken, auf denen Michelle gestorben war. Ob diese blutigen, verrauchten, klebrigen Objekte wohl zusammen aufbewahrt wurden, ob sie sozusagen in einer großen Kiste unter einer Decke steckten? Waren sie gereinigt worden? Welcher Geruch würde einem entgegenschlagen, wenn man die Kiste öffnete? Ich erinnerte mich noch gut an den beklemmenden Moderduft ein paar Stunden nach dem Mord – war es schlimmer nach so vielen Jahren der Zersetzung?
Ich war einmal in Chicago und habe mir in einem Museum die Todesartefakte von Lincoln angesehen – Haarsträhnen, Geschossfragmente, das schmale Bett, auf dem er starb, die Matratze, die immer noch in der Mitte durchgelegen ist, als hätte sie absichtlich Lincolns letzte Spuren bewahrt. Ich musste aufs Klo rennen und mein Gesicht an die kalte Kabinentür drücken, um nicht in Ohnmacht zu fallen. Wie würde das Todeshaus der Days aussehen, wenn wir alle seine Relikte zusammentrugen, wer würde kommen, um es zu besichtigen? Wie viele blutverkrustete Haarbündel meiner Mutter würden dort in einem Schaukasten liegen? Was passierte mit den Wänden, die mit Hasstiraden beschmiert worden waren? Konnte man an der Stelle, wo ich so viele Stunden gekauert hatte, einen Strauß gefrorener Schilfhalme sammeln? Eignete sich auch das amputierte Ende meines erfrorenen Ringfingers als Ausstellungsobjekt? Und meine drei ebenfalls amputierten Zehen?
Ich wandte mich von den Schachteln ab – ich war der Herausforderung noch nicht gewachsen – und setzte mich an den Schreibtisch, der mir als Esstisch diente. Mit der Post war ein Päckchen mit verschiedenen verrückten Unterlagen von Barb Eichel gekommen. Ein Video von circa 1984 mit dem Titel
»Bedrohte Unschuld: Satanismus in Amerika«
, ein mit einer Büroklammer zusammengehaltener Stapel Zeitungsartikel über die Morde, ein paar Polaroidfotos von Barb vor dem Gerichtsgebäude, in dem gerade Bens Prozess stattfand, ein eselsohriges Buch mit dem Titel »
Deine Gefängnisfamilie: Überwinde die Gitterstäbe!
«
Ich entfernte die Büroklammer von den Artikeln und steckte das Video in meinen Videorecorder. Klick, schwirr, ächz. Bilder von Pentagrammen und ziegenbärtigen Männern, einer grölenden schreienden Rockband und einiger Leichen flimmerten über den Bildschirm. Ein Mann mit einer wunderschönen gehaarsprayten Vokuhila-Frisur ging an einer Wand voller Graffiti entlang und erklärte: »Dieses Video wird Ihnen helfen, Satanisten zu erkennen und bei denen, die Sie lieben, auf Anzeichen dieser sehr realen Gefahr zu reagieren.« Dann kamen die Interviews, die dieser Mann mit Priestern, Cops und »richtigen Satanisten« geführt hatte. Die stärksten Satanisten trugen dicken schwarzen Eyeliner und schwarze Roben und Pentagramme um den Hals, aber sie saßen in ihrem Wohnzimmer auf einer billigen Samtcouch, und man konnte in ihre Küche sehen, wo auf einem fröhlich bunten Linoleumboden ein gelber Kühlschrank stand und vor sich hinsummte. Ich stellte mir vor, wie sie nach dem Interview den Kühlschrank nach Thunfischsalat und Cola durchstöberten und sich dabei über ihre Umhänge ärgerten, die ihnen dauernd ins Gehege kamen. Als der Interviewer anfing, Eltern zu warnen, sie sollten in den Zimmern nach He-Man-Figuren und Ouija-Brettern Ausschau halten, stellte ich das Video ab.
Die Zeitungsausschnitte waren genauso unergiebig, und ich hatte keine Ahnung, was ich mit den Fotos von
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