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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Wir standen gut fünf Sekunden stocksteif da, wie eine Reproduktion von
American Gothic,
während die Gespräche allmählich verstummten und die Leute uns anstarrten. Eine ältere Frau mit Topfkratzer-Haaren, die sie in Spangen geklemmt hatte, blinzelte mich an, als wollte sie in einem Geheimcode mit mir kommunizieren, ein breites erstarrtes Lächeln auf dem Gesicht. Eine ausgesprochen hübsche Brünette Anfang zwanzig, die gerade ein Baby mit Pfirsichstückchen gefüttert hatte, blickte auf und sah mich mit einem erwartungsvollen Lächeln an. Eine wütend wirkende Alte mit Schneemannfigur presste die Lippen zusammen und befingerte das Kruzifix, das um ihren Hals hing, aber ansonsten folgten alle im Raum eindeutig dem Befehl: Seid nett!
    Es waren ausschließlich Frauen anwesend, über ein Dutzend, alle weiß. Die meisten sahen ziemlich verhärmt aus, doch ein paar wenige strahlten dieses »Ich hab eine volle Stunde vor dem Spiegel verbracht« aus, das man häufig bei Angehörigen der sogenannten Oberschicht findet. So erkennt man sie – nicht an den Klamotten oder Autos, sondern an den kleinen Accessoires: einer antiken Brosche (reiche Frauen haben immer antike Broschen), einem farblich perfekt abgestimmten Lippenstift. Wahrscheinlich waren sie aus Mission Hill hergefahren und kamen sich edelmütig vor, weil sie einen Fuß über den Fluss nach Norden gesetzt hatten.
    Kein einziger Mann war zugegen, es handelte sich bei dem Treffen also um das, was Diane immer gern ein Damenkränzchen genannt hatte, worauf sie ein missbilligendes Schnauben von sich gab. Ich fragte mich, wie sie wohl alle auf Ben gekommen waren, der doch weggesperrt war, und was für eine Anziehungskraft er auf sie ausübte. Kauerten sie nachts in ihrem zerwühlten Bett, während ihre gelatinierten Ehemänner neben ihnen schnarchten, und träumten von einem Leben mit dem von ihnen befreiten Ben? Oder war er für sie ein armer Junge, der ihren Altruismus nötig hatte, ein soziales Projekt, dem sie sich zwischen zwei Tennismatches widmen mussten?
    Schließlich kam Magda aus der Küche gestapft, gut eins achtzig hoch, der Wuschelkopf annähernd so breit. Ich hätte sie nach dem Treffen im Kill Club nicht wiedererkannt, denn ich hatte die Gesichter allesamt aus meinem Gedächtnis verbannt, gelöscht wie ein Polaroidfoto, das man zu früh herauszerrt. Magda trug ein Jeanskleid über einem Rollkragenpulli und war überreichlich mit Schmuck behängt: baumelnde Goldohrringe, eine dicke Goldkette, Ringe an fast jedem Finger außer an dem, an dem man den Ehering trug. Die Ringe beunruhigten mich, sie sahen aus wie Seepocken, die an unpassender Stelle wuchsen. Trotzdem schüttelte ich ihre Hand, die sie mir entgegenstreckte. Warm und trocken. Dazu machte Magda ein Geräusch wie
mmmmaahhh
und zog mich an sich, wobei ihre großen Brüste sich teilten und mich dann überschwemmten wie eine Meereswoge. Ich machte mich steif und wich zurück, aber Magda hielt meine Hände fest.
    »Lassen wir die Vergangenheit ruhen. Willkommen in meinem Haus«, sagte sie.
    »Willkommen«, riefen die Frauen hinter ihr fast wie aus einem Munde.
    »Sie sind uns hier willkommen«, bekräftigte Magda.
    Na ja, kein Wunder, schließlich habt ihr mich ja eingeladen, lag mir auf der Zunge.
    »Das ist also Bens kleinste Schwester, Libby Day.«
    »Seine einzige Schwester«, korrigierte ich.
    Die Frauen nickten ernst.
    »Und das ist auch schon zum Teil der Grund, warum wir heute hier sind«, erklärte Magda den Zuhörerinnen. »Um die Sache zu einem guten Ende zu führen. Und um zu helfen. Wir holen Ben nach Hause!«
    Ich warf einen Blick zu Lyle, der im Sekundentakt die Nase kraus zog. Hinter dem Wohnzimmer kam ein Junge von etwa fünfzehn die teppichbelegte Treppe herunter, ebenfalls rundlich, aber weniger respekteinflößend als seine Mutter. Zur Feier des Tages hatte er eine Khakihose und ein Buttondownhemd an, und er sah ins Zimmer, ohne mit jemandem Blickkontakt aufzunehmen, während er mit dem Daumen an seinem Gürtel herumrieb.
    Magda bemerkte den Jungen zwar, stellte ihn aber nicht vor, sondern sagte nur: »Ned, geh in die Küche und mach noch mal Kaffee.« Mit starren Schultern durchquerte der Junge den Kreis der Frauen, wobei er auf einen Fleck an der Wand starrte, den außer ihm niemand sehen konnte.
    Magda zog mich ins Zimmer, und ich tat so, als müsste ich husten, um meine Hand frei zu bekommen. Sie komplimentierte mich aufs Sofa, zwischen zwei Frauen, eine links, eine rechts von

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