Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
und er war … er war … so wütend. Skrupellos.« Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes. »Gott, es war grauenhaft.«
»Aber jetzt ist wirklich alles in Ordnung?«, vergewisserte Nick sich. Sanftmütig. Als sei er tatsächlich in Sorge um sie. Sie hörte, wie er sich dem Bett näherte, spürte, wie die Matratze nachgab, als er sich auf die Kante setzte. Er fasste sie an der Schulter, und sie wehrte sich gegen den Drang, sich an ihn zu lehnen und zu weinen wie ein albernes, schwaches Frauchen. Nein, das ging nicht, doch etwas in ihr schmolz dahin, als sie seine Finger spürte, die durch den dünnen Stoff ihres Pyjamas ihre Schulter berührten, so kraftvoll, so warm. »Alles in Ordnung?«, fragte er noch einmal, und sie schlug die Augen auf.
»Ich glaube schon.« Ihre Stimme klang tiefer als gewöhnlich, rauh, denn sie musste sich gegen seine zärtliche Geste wappnen. Tief im Herzen wusste sie, dass in ihrem ganzen Leben niemand je so besorgt um sie gewesen war. So freundlich zu ihr. Weder ihr Vater noch ihr Mann oder sonst ein Mensch in ihrem Leben … Sie schluckte verkrampft, rang um Fassung.
»Ich wollte nur nach dir sehen. Möchtest du nicht noch ein wenig schlafen?«, schlug er vor, und in der Dunkelheit sah sie den Umriss seines Gesichts, sah, wie er voller Sorge die Augenbrauen zusammenzog, spürte die Anspannung in seinen Muskeln.
»Ich kann nicht. Ich habe heute viel zu viel zu tun.« Sie räusperte sich und gestand: »Ich muss dir einiges erzählen, Nick. Eine ganze Menge.«
Er schloss die Finger um ihren Arm. »Was denn?«
»Ich, hm, ich muss erst einmal meine Gedanken ordnen«, erwiderte Marla. Tief in ihrem Inneren spürte sie eine Sehnsucht, die sie jetzt ignorieren musste. Er war so nahe. Zu nahe. Sie roch seine Haut, spürte seine Wärme … O Gott, sie durfte sich nicht ablenken lassen. Sie umklammerte sein Handgelenk und sagte: »Hör zu … Gib mir ein paar Minuten, um zu duschen und mich zurechtzumachen, dann sage ich dir, was ich herausgefunden habe.«
»Versprochen?«, fragte er mit weiß aufblitzenden Zähnen.
»Versprochen.« O Gott, wie gern hätte sie ihm das freche Lächeln von den Lippen geküsst.
Sie rückte auf die andere Seite des Betts hinüber. Diese Nähe zu Nick war viel zu intim, zu verführerisch, zu erotisch … zu gefährlich.
»Ich gebe dir eine Viertelstunde.«
»Ich brauche nur zehn Minuten«, konterte sie, zwinkerte ihm zu und verschwand im Bad.
Er blickte ihr nach, folgte ihr jedoch nicht, so gern er es auch getan hätte. Trotz allem, einschließlich des Wissens, dass sie sich in großer Gefahr befanden.
Nick biss die Zähne zusammen, um die Lust abzuwehren, die von seinem Körper Besitz ergriff, und zwang sich, das Zimmer zu verlassen. Die Richtung, die seine Gedanken nahmen, gefiel ihm nicht. Sie daliegen zu sehen, durch den Pyjama hindurch ihre Wärme zu spüren, ihr Parfüm zu riechen, zu wissen, dass sie verletzlich war, weckte den Wunsch in ihm, sie in die Arme zu nehmen, zu trösten, zu küssen und zu streicheln … »Du elender Dreckskerl«, schimpfte er leise auf dem Weg die Treppe hinunter. Diese Frau war der hinterhältigen Marla, die er in der Vergangenheit gekannt hatte, so unähnlich, und dennoch fühlte er sich zu ihr hingezogen, begehrte sie, sehnte sich danach, mit ihr zu schlafen, noch stärker als vor fünfzehn Jahren. Sie war verändert, das spürte er. Gereift. Selbständig. Unbewusst sexy. Diese viel stärkere Frau sprach ihn auf einer tieferen Ebene an. »Gib’s auf«, murmelte er auf dem Weg zur Küche. Er hatte ihr einen Heidenschrecken eingejagt, als er an ihre Tür klopfte, und sie hatte eine Sekunde lang so verletzlich und zerbrechlich gewirkt, dass er sie nur noch in den Arm nehmen wollte. Und mit ihr schlafen. Bis zur Erschöpfung. Herrgott, er war ein Idiot. Es gab noch so viel zu tun, bevor er sich erotischen Tagträumen hingeben durfte, doch sein verdammter Trieb begriff das einfach nicht.
Er wollte ihr die Sache mit Pam berichten und von Monty, doch das musste erst einmal warten. In der riesigen Küche kramte er in den Schränken, fand den Kaffee und brühte eine Kanne voll in der gurgelnden und spuckenden Maschine auf. Dabei blickte er hinaus in den dunklen Garten, wo er Marla so verloren und verängstigt auf der Schaukel angetroffen hatte. Als ob Marla Cahill sich jemals vor irgendetwas gefürchtet hätte! Nervös trommelte Nick mit den Fingern auf die Arbeitsplatte und dachte an Alex,
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