Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Angelegenheit zwischen ihm und mir.«
»Ja, aber ich habe so ein Gefühl, dass es auch eine Menge mit mir zu tun hat.«, riet sie ins Blaue hinein, und die plötzliche Veränderung in seinem Blick entging ihr nicht.
Sein Blick blieb sekundenlang an ihren Lippen haften und suchte dann wieder ihre Augen. »Du warst schon immer eine Egomanin, Marla.«
»Ach ja?« Sie stieß ein nervöses Lachen aus, das in ihren eigenen Ohren hohl klang. »Seltsam, daran kann ich mich gar nicht erinnern.« Kopfschüttelnd legte sie die Hand auf den Türknauf. Ihre Erschöpfung gewann die Oberhand. Sie wollte sich niederlegen, schlafen und glauben, dass sie irgendwann aus diesem Alptraum erwachen würde.
»Woran genau erinnerst du dich?«, fragte Nick.
»Noch immer an viel zu wenig, aber … manchmal sehe ich Bruchstücke aus der Vergangenheit, winzige Szenen, nichts Konkretes, nichts Greifbares. Irgendwie wie der Funke eines leeren Feuerzeugs. Nur ein kurzes Aufblitzen, dann ist alles wieder weg, auch wenn ich mich noch so sehr anstrenge, die Bilder zurückzuholen.« Marlas Blick schweifte durch den Flur mit seinem hochflorigen Teppich, dem dunklen Treppengeländer, den Messingleuchten und Porzellantöpfen mit Philodendron und Farn. »Aber ich habe das Gefühl, dass meine Erinnerungen zurückkommen«, fügte sie hinzu und versuchte, den Duft seines Aftershaves und das dunkle Versprechen, das sie in seinen Augen zu lesen glaubte, zu ignorieren.
»Das sind gute Nachrichten.«
»Die besten, die ich mir vorstellen kann.«
Er sah sie so eindringlich an, dass ihr Herz einen Schlag aussetzte. »Ich drücke dir die Daumen.«
»Wirklich?«
Er streckte die Hand aus, als wolle er ihre Wange berühren, ließ sie aber wieder sinken. »Bestimmt.«
Plötzlich kamen ihr die Tränen, doch sie kämpfte dagegen an. Was hatte er nur an sich, dass sie, sobald er auch nur eine Spur von Freundlichkeit zeigte, dahinschmelzen wollte wie ein dummes Weibchen – wie die Sorte Frau, die sie verachtete? Sie zwang sich zu einem Lächeln und versuchte, die Stimmung aufzulockern. »Das ist womöglich gar keine gute Idee, denn wenn ich mich an alles erinnere«, sagte sie, öffnete die Tür und trat ins Zimmer, »müssen alle höllisch auf der Hut sein, auch du.«
»Was passiert denn dann?«
Ein schiefes Lächeln umspielte ihre Lippen. »In deinem Fall weiß ich dann vielleicht endlich, warum du in meiner Gegenwart immer diese Abwehrhaltung einnimmst.«
Er zog eine dunkle Augenbraue hoch und erwiderte ungerührt: »Ich sag dir, Marla, manche Dinge sollten einfach in Vergessenheit bleiben.«
»Das glaube ich nicht, und du an meiner Stelle würdest es auch nicht glauben«, widersprach sie. »Nichts zu wissen ist die Hölle. Die Hölle. «
»Mag sein.« Wieder ruhte sein Blick auf ihren Lippen.
Dummerweise begann ihr Puls zu rasen. »Überhaupt, wer weiß, woran ich mich erinnern werde? Aber es könnte schon interessant werden, meinst du nicht?«
»So kann man es auch nennen.«
»Und wie sonst?«
»Verheerend.« Sein Blick forschte in ihren Augen. So blau. So eindringlich. So wissend. Ihr stockte der Atem. Was war es, das sie so fest aneinanderschmiedete und sie gleichzeitig auseinanderzwang? Sie betrachtete Nicks Wangenknochen und seine kantigen Kiefer, schluckte krampfhaft, spürte, wie ihr Gaumen staubtrocken wurde, und wagte einen raschen Blick in seine Augen, verführerisch und vernichtend zugleich. O Gott, das alles durfte nicht sein. Und doch … Sie spürte, dass zwischen ihnen etwas knisterte, ein Geheimnis, ein tiefes, erotisches Geheimnis. Zügellose, verbotene Gedanken an körperliche Liebe stahlen sich in ihr Bewusstsein, doch es waren Phantasien, keine Erinnerungen.
»Gute Nacht, Nick«, erwiderte sie fest und schloss rasch die Tür, bevor sie etwas Unbesonnenes sagen oder tun konnte, etwas, das sie bereuen würde. Es war verrückt. Verrückt! Nick war ihr Schwager, und sie träumte davon, wie es sein würde, ihn zu berühren, zu küssen. Sie war sogar so weit gegangen, ihn zu reizen, mit ihm zu flirten , um Himmels willen. Als sei es ihre zweite Natur. Was hatte er nur an sich?
Marla ließ sich gegen die Tür sinken. Sie war eine verheiratete Frau. Verheiratet – bis dass der Tod euch scheidet … »Schluss damit«, rief sie sich zur Ordnung, schlüpfte aus den Schuhen und ging barfuß ins Bad, wo sie sich auszog und sich kaltes Wasser ins Gesicht schöpfte. Vielleicht war ihre Faszination für ihn der Grund für die Probleme in
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