Dark Swan - Mead, R: Dark Swan

den Salon. Ich konnte nicht sehen, was sie tat, aber ihre flinken Finger machten etwas ebenso Kompli­ziertes wie Dorian neulich mit seinen Seidenbändern. Ich hatte mich bisher ein einziges Mal von einem Stylisten frisieren lassen, und zwar für eine Hochzeit, bei der eine grausame Freundin von mir verlangt hatte, orangefarbenen Taft zu tragen. Das Ereignis ließ mich heute noch aus Albträumen hochschrecken.
    Ab und zu kribbelte es leicht auf der Haut, während Nia ihre Arbeit machte, und ich begriff, dass sie Magie einsetzte. Das war wahrscheinlich praktischer als die Benutzung einer Lockenschere, aber Himmel: Was für eine Enttäuschung zu entdecken, dass man das magische Äquivalent zur Schönheitspflege besitzt, während die Feinen um einen herum Heilen abgekriegt haben oder die Fähigkeit, Häuser zum Einsturz zu bringen.
    „So, Mylady, bittschön.“
    Sie reichte mir einen Spiegel und beobachtete nervös meine Reak­tion. Einzelne Zöpfe liefen zu meinem Hinterkopf hin, der Rest meiner Haare war zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengenommen. Sie hatte den Großteil dieser herabfallenden Haare geglättet und in Locken gelegt, aber hier und da auch dünne Zöpfchen eingeflochten. Lange, weiche Strähnen umrahmten, an den Spitzen leicht gelockt, mein Gesicht. Einige der Zöpfe waren mit Röschen in Violett und Dunkelbeige geschmückt.
    „Wow“, sagte ich.
    Nia rang die Hände. „Mylady gefällt es?“
    „Sehr.“
    Sie strahlte. Mit ihrem zierlichen Körperbau und dem glatten Gesicht sah sie aus wie sechzehn, konnte aber ebenso gut stolze hundert sein. „Ich wusste nicht, wie Menschen es tragen.“
    Ich lächelte und tätschelte leicht ihren Arm. „Es ist wundervoll.“
    Sie sah aus, als ob sie gleich vor Freude ohnmächtig werden würde, und mir fiel wieder ein, wie Dorians Bedienstete immer gleich sprangen, wenn er etwas wollte. Weckte ich auch eine solche Loyalität in ihnen? Oder Furcht?
    Dorian kam in den Raum gefegt und sah prächtig aus in seiner waldgrünen Robe. Die Borten trugen ein kompliziertes Muster aus Elfenbein, Rost und Gold, das durch die schwarzen Hosen und das Hemd in Elfenbein noch betont wurde.
    „Viel besser“, sagte er und nahm meine Hand. „Kommt, wir sind spät dran.“
    Muran und noch einige Diener folgten uns zum Thronsaal. Dorian rannte nicht gerade, aber seine Bewegungen drückten Eile aus.
    „Wozu die Hetze?“, fragte ich leise. „Wartet man nicht, bis du so weit bist?“
    „Gewiss. Aber ich muss dort sein, bevor die anderen Monarchen eintreffen, oder wir sorgen für eine Komplikation der Etikette. Alles wird mir Reverenz erweisen, wenn wir hereinkommen, nur die anderen Monarchen sind dazu nicht verpflichtet. Wenn sie vor mir im Saal sind, wird das peinlich.“
    „Was meinst du mit ‚Reverenz erweisen ‘ ? Heißt da s … “
    Ein Herold beeilte sich, die Flügeltür zu öffnen, und verkündete mit dröhnender Stimme: „Seine königliche Majestät, König Dorian von Arkadien, Anrufer der Erde, Schutzherr des Eichenlands, gesegnet von den Göttern.“
    „Boah“, hauchte ich. Dorian drückte meine Hand.
    „… in Begleitung von Eugenie Markham, auch bekannt unter dem Namen Odile Dark Swan, Tochter von Tirigan, dem Sturmkönig.“
    Ich würde mich wahrscheinlich nie daran gewöhnen, so tituliert zu werden, aber das war noch nichts gegen das, was als Nächstes kam. Alle Anwesenden wandten sich zu uns um und fielen auf die Knie, neigten die Köpfe. Totenstille folgte. Langsam, fast schreitend, gingen wir den Mittelgang hinab, und ich gab mir Mühe, streng geradeaus zu sehen und nicht auf dieses Meer der Huldigung.
    Zivilisationen stiegen auf und fielen, bis wir endlich beim Thron anlangten. Dorian beschrieb einen Bogen mit mir, sodass wir der Versammlung gegenüberstanden, und machte eine kleine, ­unauffällige Geste. Ich weiß nicht, wie die anderen das mit ihren gesenkten Köpfen mitbekamen, aber sie standen alle auf, und auf einmal war der Saal wieder voll von Leben und Musik. Die Leute gingen umher, begrüßten einander, lachten. Diener eilten mit Getränken und Servierplatten durch die Menge. Es hätte auch ein Fest in der Menschenwelt sein können, bis auf den einen oder anderen Troll oder Geist, der an seinem Wein nippte. Die Männer trugen Variationen des Renaissance-Looks, den Dorian zu bevorzugen schien, aber die Kleider der Frauen umspannten die ganze Palette von Glockenärmeln und Samt bis hin zu griechischen Gewändern und Flor.
    „Und nun, meine