Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
der Vogelbeerkönigin, der ausnahmsweise mal keine Nervensäge war. »Was will er denn hier?«
»Nachdem Ihr letztes Mal hier wart, habe ich alle, die irgendetwas mit Metallen anfangen können, auf die Suche nach Kupfer geschickt. Sie haben große Vorkommen gefunden – auch wenn sie schwer auszubeuten sind; also habe ich die Nachricht verbreiten lassen, dass wir bald in der Lage sein werden, es auf dem Markt anzubieten. Leith ist hier, um im Namen seiner Mutter mit uns zu verhandeln.«
»Junge«, sagte ich. »Ihr seid aber schnell.«
Sie setzte ein spöttisches Gesicht auf. »Na ja, und außerdem habt Ihr ihn ja eingeladen, Euch einmal besuchen zu kommen. Er hat Euch beim Wort genommen. Es geht ihm, glaube ich, weniger ums Verhandeln als darum, Euch zu sehen.«
»Na, ein Glück. Im Handeln bin ich nämlich nicht gut.« Ich trug nie eine Uhr und hatte mein Handy zu Hause in Tucson gelassen. Keine Ahnung, wie spät es war, aber irgendwie kam ich heute aus der Anderswelt nicht raus. Das Treffen mit Leith würde mich nur noch länger aufhalten. »Ich rede mit ihm. Aber es muss schnell gehen.«
Shaya wirkte erleichtert. Ich glaube, sie hatte befürchtet, dass ich einfach abhauen würde – eine sehr berechtigte Befürchtung. Als wir zu dem Gemach gingen, in dem Leith wartete, sah sie mich neugierig an. »Vielleicht … wollt Ihr Euch erst noch umziehen und ein bisschen frisch machen?«
Ich sah auf meine Kleidung hinab. Sie war ganz schön zerknittert, und ich hatte bestimmt noch Grashalme in den Haaren hängen von gestern Nacht.
»Nein«, sagte ich. »Je weniger attraktiv er mich findet, desto besser.«
Unglücklicherweise war er weit davon entfernt. Kaum hatten wir den Raum betreten, da sprang Leith auf und strahlte vor Freude. »Eure Majestät! Wie schön, Euch wiederzusehen.« Er verneigte sich mit großer Geste und küsste mir die Hand. »Ihr seht hinreißend aus.« Anscheinend stand er auf Grunge-Look. »Es stört Euch doch hoffentlich nicht, dass ich einfach hier hereinplatze. Als meine Mutter von Eurem Fund gehört hat, wollte sie sicherstellen, dass wir uns so schnell wie möglich beteiligen können.«
»Klar«, sagte ich und zog meine Hand zurück. »Kein Problem.«
Wir befanden uns in einem gemütlichen Salon, dem, da ich mich bisher nicht um die Einrichtung des Schlosses gekümmert hatte, immer noch Aesons Geschmack anzusehen war. Wandteppiche, jede Menge Samt und dunkle Farben. Alle warteten, bis ich auf einem der Plüschsofas Platz genommen hatte, bevor sie sich ebenfalls setzten. Ich machte mich auf meinem so breit wie möglich. Die Etikette der Feinen hätte es glatt zugelassen, dass Leith sich dazusetzte und an mich kuschelte. Tatsächlich hörte er erst auf, mich anzuhimmeln, als Shaya zum Geschäftlichen kam.
»Also, Eure Hoheit. Wir würden uns gern einmal über die Möglichkeit unterhalten, unser Kupfer gegen Euren Weizen zu tauschen.«
Während die beiden die genauen Einzelheiten von Angelegenheiten durchsprachen, die ich nicht richtig verstand, fiel mir plötzlich dieses grässliche Börsenspiel wieder ein, das meine Mutter früher ständig mit mir hatte spielen wollen. Ich ließ meine Gedanken schweifen, dachte an verschiedene Aufträge, die noch zu erledigen waren, an das Rätsel um die Dämonen und die verschwundenen Mädchen und natürlich an Kiyo. Ich dachte immer an Kiyo.
Leith und Shaya hatten ihr Handelsabkommen ziemlich schnell unter Dach und Fach. Aus Shayas zufriedenem Gesichtsausdruck schloss ich, dass unsere Seite besser dabei weggekommen war. Sie raffte einige Papiere zusammen und stand mit einer höflichen Verbeugung in meine Richtung auf. »Wenn Ihr mich entschuldigen würdet, ich muss das hier aufsetzen lassen, damit der Prinz gleich noch unterschreiben kann, bevor er aufbricht.«
Dann war ich jetzt offensichtlich damit an der Reihe, ihm die Zeit zu vertreiben; nur wollte mir auf die Schnelle nichts einfallen. Ich konnte mich ja nun wirklich nicht mit ihm über Reality-TV oder die amerikanische Politik unterhalten. Schließlich sagte ich lahm: »Vielen Dank für Eure Hilfe. Mit dem Handelsabkommen und so weiter, meine ich.«
Er grinste. »Wir haben davon ebenso viel wie Ihr. Vielleicht mehr.«
»Shaya sieht das anscheinend anders«, sagte ich gedankenlos.
Es brachte ihn zum Lachen. »Sie ist eine gute Unterhändlerin. Ihr könnt Euch glücklich schätzen.« Er beugte sich vor. »Besonders, da ich die Vermutung hege, dass Ihr Euch darauf eher … nun, sagen wir
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