Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
»Irgendwelche Einzelheiten in Sachen Monster?«
Beide schwiegen. Es war merkwürdig, zumal ich die Feinen normalerweise grundsätzlich für unehrlich hielt, aber ich glaubte ihnen, dass sie die Mädchen nicht verschleppt hatten. Das mit dem Monster hielt ich für Schwachsinn, aber es konnte sein, dass sie wirklich davon überzeugt waren. Volusian trat vor, ohne dass ich es befohlen hatte, und der Mann beeilte sich, mehr zu sagen.
»Das Monster lebt in unserem Land. Im Erlen…, im Dornenland, meine ich.«
»Woher weißt du das?«
»Weil nur im Dornenland Mädchen verschwunden sind«, sagte die Frau. »Westoria liegt an der Grenze zum Vogelbeerland und ganz in der Nähe von zwei Städten dort. Skye und Ley. Da wird niemand vermisst.«
»Dafür, dass ihr angeblich nichts damit zu tun habt, wisst ihr ja bestens Bescheid.«
»Dafür brauchen wir doch nichts damit zu tun zu haben. Wir machen unsere Raubzüge auf beiden Seiten der Grenze – da hört man so dies und das.« Sie sprach so stolz von ihren Raubzügen, dass ich aufpassen musste, nicht die Augen zu verdrehen.
»Na schön. Lassen wir das mit den Mädchen erst mal. Woher kommen diese Feuerdämonen?«
Keine Antwort.
Ich seufzte. »Volusian.«
Mein Hilfsgeist trat flink vor und schlang eine Hand um die Kehle des Mannes. Die meisten Geister besaßen wenig Substanz, aber Volusians Macht war so groß, dass er genauso massiv war wie unsereins, und seine Berührung war kalt und tödlich. Der Mann brüllte wie am Spieß und brach zusammen.
»Halt! Aufhören!«, rief die Frau. »Ich sag’s euch.«
Ich bremste Volusian und sah sie erwartungsvoll an. Der Mann setzte sich auf und rieb sich jammernd die Kehle. Die Haut an seinem Hals war flammend rot. Die Frau machte ein noch böseres Gesicht als vorhin.
»Unser Anführer ruft sie. Cowan.«
»Du willst mir weismachen, dass ein Landstreicher solche Macht besitzt?«, fragte ich. »Warum arbeitet er dann nicht für irgendeinen Adligen?«
»Er war ja ein Adliger, einer von Aesons Ratgebern. Er wollte lieber auf alle Annehmlichkeiten verzichten, als für jemanden wie Euch zu arbeiten.«
»Bei Aeson gab es einen Adligen namens Cowan«, sagte Rurik. »Ihre Geschichte klingt durchaus plausibel.«
Auf einmal war ich die Sache leid. Diese Antworten konnte ich alle nicht gebrauchen. Ich kam wegen der Mädchen nicht weiter, und dafür hatte ich nun einen abtrünnigen Adligen am Hals, der Dämonen beschwören konnte. »Na schön«, sagte ich. »Das ist fürs Erste alles.«
»Was werdet Ihr mit uns tun?«, wollte die Frau wissen.
»Noch eine gute Frage«, murmelte ich.
»Aeson hätte sie getötet«, sagte Rurik.
»Und du weißt, dass ich nicht Aeson bin.«
Brachte es etwas, sie freizulassen? Sie hatten ihre Verbrechen zum Großteil aus Hunger und Verzweiflung verübt, aber das rechtfertigte weder Raub noch versuchten Mord oder vielleicht Entführung. Wenn ich sie aus lauter Skrupel freiließ, wurden bestimmt keine aufrechten Bürger, die ihre Lektion gelernt hatten, aus ihnen. Aber töten würde ich sie auch nicht. Ich wollte sie nicht einmal viel länger in diese Zelle sperren.
Der Wachsoldat, der Rurik begleitet hatte, räusperte sich. »Eure Majestät, Ihr könntet sie zu Arbeitsdienst verurteilen.«
»Arbeitsdienst?«
»Manche Kriminellen müssen bei bestimmten Arbeiten mithelfen, zur Strafe für ihre Verbrechen.«
»Beim Ausheben Eurer Aqua…dingsbums zum Beispiel«, sagte Rurik.
Das klang gar nicht mal schlecht. Und hey, dann taten sie sogar was Nützliches. Ich gab die entsprechende Anweisung, und man versicherte mir, die beiden Gefangenen zur Baustelle zu schaffen. Das Ganze fühlte sich ein bisschen komisch an. Ich war Richter, Geschworener und – wenn ich wollte – Henker in einer Person. Niemand zweifelte meine Entscheidung an. Niemand erhob Einspruch gegen die von mir festgelegte Zeit – sechs Monate. Wobei Ruriks hochgezogene Augenbraue den Eindruck machte, dass er sie mit lebenslänglich bestraft hätte.
»Gut«, sagte ich, nachdem wir die unteren Ebenen des Schlosses verlassen hatten und Volusian wieder in der Unterwelt weilte. »Jetzt gehe ich aber nach Hause.«
Da bog plötzlich Shaya um die Ecke. »Hier seid Ihr«, sagte sie nervös. »Ich hab Euch schon überall gesucht.«
»Ich bin schon fast weg.«
Sie machte ein verwirrtes Gesicht. »Aber Prinz Leith ist doch zu Besuch gekommen.«
»Wer … oh.« Ich hatte ihn wieder vor Augen. Der ziemlich attraktive Bursche auf dem Fest. Der Sohn
Weitere Kostenlose Bücher