Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
geht sogar noch früher, nehmen sie auch eine Nadel und saugen damit Fruchtwasser ab, um solche Sachen rauszufinden.«
Rurik und Shaya starrten mich mit aufgerissenen Augen an. Ein vertrauter Anblick, sobald ich hier jemandem von der Technik der Menschen erzählte.
»Ich frage mich manchmal«, sagte eine Frau, die in der Türöffnung stand, »ob in Eurer Welt überhaupt noch irgendwo ein Rätsel oder Wunder übrig geblieben ist.«
Ich sah dorthin. Es war Ysabel.
»Aber ja doch. Jede Menge.« Ich winkte zu ihr hinüber. »Komm und trink auch was. Ich bin heute viel zu betrunken, um noch irgendjemanden töten zu können.«
Ysabel zögerte einige Sekunden und kam dann langsam herüber. Sie setzte sich bei Rurik und Shaya hin, so weit von mir entfernt, wie es die Höflichkeit gerade noch zuließ. Als sie ihre Röcke ordnete, verzog sie wegen der Fliesen leicht das Gesicht. Auf dem Fußboden zu sitzen ging eindeutig gegen ihre pingelige Art. Rurik hielt ihr fröhlich einen Tequila hin. Sie schnupperte daran und machte wieder ihr böses Gesicht.
Ich war immer noch mit Babys beschäftigt. »Anscheinend könntet ihr Leutchen hier Ultraschall auch ganz gut gebrauchen. Bei den Schwierigkeiten, die ihr mit dem Kinderkriegen habt, meine ich.«
Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass Maiwenn die Geburt nicht überlebte. Oder ihr Baby nicht. Das kam bei Feinen öfters vor und war sozusagen der Preis, den sie für ihre hohe Lebenserwartung bei bester Gesundheit zu bezahlen hatten. Ich hatte keine Ahnung, wie ich dazu stand. Nicht dass ich den beiden den Tod wünschte – aber wie viel einfacher wäre alles ohne Maiwenn und das Baby gewesen? Ich sah Kiyo richtig vor mir, wie er neben ihr saß und ihre Hand hielt. Sein attraktives Gesicht voller Sorgenfalten, während er ihr gut zuredete. Dank seines Menschenbluts würde das Kind gesund und stark sein. Und Maiwenn war eine Heilerin – das half ihr doch sicher auch, oder? Bestimmt. Alles würde gut gehen, keine Frage, und dann war ein ewiges Band zwischen ihnen geknüpft, eine Verbindung, an der ich nie Anteil haben würde –
Ich kippte den nächsten Tequila und stellte fest, dass Ysabel tapfer ihr Glas geleert hatte. »Sehr gut«, sagte ich. »Möchtest du noch einen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich betrachte es als wenig damenhaft, sich exzessiv zu betrinken und so sämtliche Hemmungen zu verlieren und jedes Gespür für den gebührlichen Anstand einzubüßen.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich.
»Ich bin überzeugt«, sagte sie steif und vornehm, »dass die Weidenkönigin meine Ansichten teilt.«
Ich lächelte und drehte meinen Becher auf dem Boden, sah fasziniert zu, wie er sich in einer immer enger werdenden Spirale drehte und schließlich zum Stillstand kam. Maiwenns Kind beschäftigte mich dermaßen, dass ich auf Ysabels Köder heute gar nicht ansprang.
Wir tranken noch eine Weile weiter, wobei Rurik mithielt und Shaya nur gelegentlich einen Schnaps kippte. Ysabel hatte anscheinend keine Angst mehr vor mir und brachte ständig neue spitze Bemerkungen an. Dass mir Maiwenns Geburt zu schaffen machte, ließ sie wohl mutig werden. Tatsächlich war sie gerade eifrig dabei, Geschichten aus der Zeit zu erzählen, als Maiwenn und Kiyo sich kennengelernt hatten, als sie plötzlich abbrach und ihr Gesicht überrascht aufleuchtete.
»Mylord!«, rief sie und sprang genau in demselben Moment auf, als einer meiner Diener verkündete: »Seine königliche Majestät, König Dorian von Arkadien, Anrufer der Erde …«
Dorian kam in den Hof geschritten, ohne erst noch darauf zu warten, dass seine sämtlichen Titel ordnungsgemäß verkündet waren. Ysabel fiel strahlend vor ihm auf die Knie. »Mylord!«
Er nickte ihr kurz zu und schwebte dann an ihr vorbei zu mir. Ich glaube, ich war die Einzige, der auffiel, wie gekränkt sie deshalb war. Shaya und Rurik machten Anstalten, sich zu erheben, aber Dorian bedeutete ihnen, sitzen zu bleiben. Er löste seinen Umhang, der im Mondlicht dunkelblau wirkte, breitete ihn neben mir aus und setzte sich.
»Ja, so was. Ein Umtrunk, und niemand hat mich eingeladen.«
»Hat sich spontan so ergeben.« Ich beugte mich vor, um ihm einen Schnaps einzugießen. Meine Hand zitterte.
Dorian nahm mir die Flasche ab und schenkte sich selbst ein. Er musterte mich. »Und zwar schon vor einigen Stunden, wie mir scheint.«
»Wir trinken auf die Geburt des künftigen Oberhaupts des Weidenlandes.«
»Darum bin ich auch gekommen. Um einmal zu
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