Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Jugendzeit erinnerte und er daraus Kraft schöpfte. Wenn Maiwenn gerade ein Kind zur Welt gebracht hatte, warum sollte ihr Land das nicht dadurch widerspiegeln, dass überall neues Leben hervorbrach?
Als wir uns dem Haupttor näherten, nahm Kiyo wieder menschliche Gestalt an. Die Wachen warfen mir neugierige Blicke zu, ihn aber begrüßten sie mit Jubel und aufrichtiger Zuneigung. Das Glück war schier mit Händen zu greifen, als wir tiefer in das Schloss hineingingen. Alle, denen wir begegneten, machten den Eindruck, auf dem Weg zu einer Party zu sein. Da war niemand, der nicht strahlend lächelte.
Kiyo brauchte keine Eskorte und auch niemanden, der uns den Weg zeigte. Er führte mich zügig durch die Gänge, dann eine Treppe hinauf und in Maiwenns Schlafzimmer. Wir waren kaum drin, da beschloss ich, einmal mit Shaya über eine Renovierung zu reden. Das Schlafzimmer, das ich von Aeson übernommen hatte, gehörte mit seinen klobigen Möbeln, wenigen Fenstern und dunklen, gedeckten Farben in eine Welt des Mittelalters – von den dicken Steinmauern bis hin zum Bettzeug. Maiwenns Zimmer dagegen war hell und luftig, rundum mit Fenstern versehen und komplett mit ausgesuchten zierlichen Möbeln aus Birkenholz eingerichtet. Ihre Bettwäsche war aus lavendelfarbener Seide, und vom Betthimmel hingen feine Gazestoffe herab. Ein Raum, wie er sich gehörte für eine Märchenprinzessin … ähm, -königin.
»Eugenie«, sagte sie lächelnd. Sie saß an einen Kissenberg gelehnt im Bett. »Ich hatte gehofft, dass Ihr kommt.«
Ach echt, ja? , dachte ich. Einen Tag, nachdem sie ein Kind zur Welt gebracht hatte, sah sie so umwerfend aus wie immer. Ihre blonden Haare flossen ein zartes rosa Nachthemd hinab. Selbst im Bett zierte eine feine Perlenkrone dieses üppige Haar, und mir fiel armseligerweise wieder ein, dass ich auch noch eine Krone brauchte. Kiyo behauptete, dass sie ein falsches Signal setzen würde, aber auf einmal wollte ich eine. In Maiwenns Armen lag ein kleines Bündel, aber von Luisa konnte ich eigentlich nur eine weiße Spitzenmütze und einen dunklen Haarschopf sehen.
Ich erwiderte Maiwenns Lächeln und trat zögernd näher. Hatte ich diesen Besuch zu locker genommen? Hätte ich mich richtig rausputzen und Gold und Weihrauch mitbringen sollen? »Meine Glückwünsche. Ihr müsst überglücklich sein.«
Maiwenn strahlte nur noch mehr. Sie sah Kiyo an, und zwischen ihnen tat sich irgendwas – nichts Romantisches, aber da war eine starke Verbundenheit, bei der ich außen vor blieb. Maiwenn hob vorsichtig das mit einer Decke umwickelte Bündel an, und er nahm es ihr ebenso sanft aus den Händen.
»Siehst du?«, sagte er und kam zu mir. »Ist sie nicht schön?«
Schön hätte ich es nicht gerade genannt, aber niedlich war Luisa definitiv – was mich erleichterte. Ich hatte derartiges schon mit hässlichen Babys erlebt, und in solchen Situationen musste man praktisch immer lügen und betonen, wie niedlich das Kind war. So etwas blieb mir jetzt erspart. Luisa war hinreißend – kein Wunder bei ihren Eltern –, und man konnte deutlich sehen, von wem sie am meisten mitbekommen hatte. Mit ihren schwarzen Haaren und der braunen Haut kam sie eindeutig nach ihrem Vater.
»Hier«, sagte er und gab sie mir, bevor ich ihn noch daran hindern konnte.
Ich hatte noch nicht viele Babys im Arm gehalten und nahm sie entsprechend ungeschickt, legte sie mir auf den einen Arm und hielt mit der anderen Hand ihren Kopf. Sie war warm und durch diese ganzen Tücher fast rund, und sie zuckte ein bisschen im Schlaf. Alles an ihr war winzig – die Nase, die Finger, die Wimpern. Hinten in meiner Kehle staute sich ein befremdliches Gefühl auf, und ich musste wieder an mein Gespräch mit Dorian denken. Meine Hüfte würde für immer schlank bleiben. So etwas würde mein Körper nie hervorbringen. Als Luisa kurz wach wurde und mich aus dunkelblauen Augen ansah, die bestimmt bald braun werden würden, gab ich sie ihrem Vater zurück.
Kiyo nahm sie selig wieder. Er setzte sich auf die Bettkante und hatte immer noch dieses Staunen im Gesicht. Er legte Luisa in Maiwenns Arme, und obwohl die Berührungen nicht über das dafür Notwendige hinausgingen, hatte ich erneut diesen Eindruck von Verbundenheit. Ein Band, das nicht zu greifen war, würde sie für immer zusammenhalten.
Da wäre ich am liebsten gegangen. Geflohen und nie mehr wiedergekommen. Aber ich musste bleiben, denn Kiyo wollte, dass ich an alldem teilhatte, und außerdem wäre es
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