Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
alles durchmache!«
Ich brüllte inzwischen, und es war ein Wunder, dass niemand von der Dienerschaft angeflitzt kam, um zu schauen, was los war. Mein Atem ging schwer, und ich merkte erst jetzt, dass ich die Fäuste geballt hatte.
»Was willst du überhaupt hier?«, herrschte ich ihn an.
Kiyos dunkle Augen ließen nicht viel durchblicken, aber ich konnte sehen, dass ein Teil seines Zornes verraucht war. Ich wusste nicht genau, ob er seine Vorwürfe noch einmal überdacht hatte oder einfach zu dem Schluss gekommen war, dass es nichts brachte, sich mit mir zu streiten. »Ich wollte dich fragen, ob du dir das Baby einmal ansehen möchtest.«
»Oh.«
Es löschte meine Wut so effektiv wie ein Eimer kaltes Wasser. Ich seufzte. »Kiyo … tut mir leid. Ich hätte dich nicht so anschreien sollen –«
Er fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen Haare. »Und ich hätte mich nicht gleich so auf dich stürzen sollen.« Er setzte ein freches Grinsen auf. »Oder jedenfalls nicht auf diese Art. Aber du hast recht … ich war nicht da. Du machst gerade eine Menge durch, von dem ich nichts mitbekomme, und ich weiß nicht genau, was hier überhaupt läuft. Ich meine, das ändert nichts an meiner Meinung in Sachen Jasmine und Magie –«
Ich hielt eine Hand hoch. »Hör auf. Darüber können wir uns später streiten. Erzähl mir von dem Baby.«
Und schwupp veränderte Kiyos Miene sich total. Eine solch reine Freude und Ehrfurcht erfüllte seine Züge, dass es einfach wunderschön anzusehen war. Dass er so schaute, hatte ich erst wenige Male erlebt – nein, streichen wir das. Ich hatte es wahrscheinlich noch nie erlebt.
»Ach, Eugenie. Sie ist so schön. So vollkommen. Ich hätte nie gedacht … Dass sie so sein würde, hätte ich mir nie träumen lassen.«
Irgendetwas Kaltes und Bleiernes machte sich in meinem Magen breit. Ich wünschte mir fast seine Wut zurück, damit ich mich wieder aufregen konnte. Zorn war wärmer als Traurigkeit.
Ich rang mich zu einem Lächeln durch und griff nach seiner Hand. »Das freut mich sehr für euch. Ich würde sie mir sehr gern einmal ansehen. Wie heißt sie?«
»Luisa.«
Er sagte den Namen wie ein Gebet, ein Zauberwort, das alle Übel der Welt in Ordnung bringen konnte. Meinen Namen hatte er auch schon so gesagt, meistens beim Sex. Er empfand natürlich unterschiedlich für uns, aber die Intensität seiner Liebe war durchaus dieselbe.
»Das ist ein schöner Name«, sagte ich und bemühte mich, weiterhin zu lächeln. Einen Moment lang herrschte unbehagliches Schweigen. »Gehen wir?«
Inzwischen ließ sich Rurik leichter überzeugen, mich ohne Eskorte gehen zu lassen, und so kamen wir auf dem Weg ins Weidenland schnell voran. Ich ritt auf einem Pferd, und Kiyo lief in Fuchsgestalt neben mir her. Er konnte problemlos mit mir Schritt halten. Obwohl es sich nicht um einen offiziellen Staatsbesuch handelte, hatte ich in Anerkennung meines königlichen Status widerstrebend ein hiesiges Kleid angezogen. Es war schlicht, hellblau, mit Flügelärmeln, aus leichtem Material. Irgendwie Jane-Austen-mäßig. Das Schlimmste daran war, dass mir der Rock immer die Schenkel hinaufrutschte, weil ich mich weigerte, im Damensattel zu reiten. Aber da nur Kiyo mich zu sehen bekam, spielte das keine große Rolle, und er hatte absolut nichts dagegen einzuwenden.
Unterwegs kamen wir wieder durch eine meiner kleinen Städte. Ich hatte sie noch nicht besucht, hatte aber den Eindruck, sie aus Shayas Beschreibungen zu kennen. Es musste eine der Lagerstätten von Kupfererz sein. Gleich außerhalb der Stadt waren Leute bei Erdarbeiten zu sehen. Ich nahm mir vor, auf dem Rückweg hier Halt zu machen – sofern die Anderswelt nicht beschloss, mich auf einer anderen Route zurückzuführen.
Kiyos Fuchsgestalt bedeutete, dass wir uns nicht miteinander unterhalten konnten. Als wir im Weidenland ankamen, war dort der Frühling angebrochen – viel schneller, als mein letzter Besuch hatte ahnen lassen. Der Schnee war geschmolzen, und an den Bäumen platzten schon die Knospen auf. Die Luft war warm, richtiges Picknickwetter, und überall blühten Krokusse, Narzissen und andere Frühlingsblumen. Die Veränderung erschreckte mich richtig – bis mir einfiel, dass die Königreiche der Anderswelt an ihre Herrscher gebunden waren. Ich konnte meine Kraft in das Land fließen lassen und ihm damit bei der Heilung helfen. Dorian beließ das Eichenland in einem ewigen Zustand des Herbstes, weil ihn das angenehm an seine
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