Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
einem der Gärten. Sie saß im Schatten eines Mesquitebaums, während die Sonne höher stieg und die Hitze zunahm. Ihre feinen Ketten glitzerten, und in der Nähe standen stoisch ihre Wachen. Als ich näherkam, sah sie von einem Buch auf. Sie war ein bockiger, machthungriger Teenie, aber zugleich auch eine Leseratte, die ihrer banalen Existenz mithilfe von Fantasyromanen entflohen war, als sie noch unter Menschen gelebt hatte. Das Buch hatte ich ihr neulich mitgebracht, es handelte sich um den ersten Teil einer gerade schwer angesagten Serie.
Ich setzte mich ihr gegenüber. „Ist es gut?“
„Nicht schlecht“, machte sie einen auf cool. Aber sie hielt nicht lange durch. „Sind schon weitere Bände erschienen?“
„Drei, glaube ich.“
Sie sagte nichts, lächelte aber, als sie das Buch beiseitelegte.
„Hat es Spaß gemacht neulich bei Dorian?“
„Ja. Es war schön, mal wieder rauszukommen.“ Ihr Blick war ins Leere gerichtet. „Ich glaube, am besten war es, Shaya dabei zuzusehen, wie sie die ganzen Kerle vertrieben hat, die was von mir wollten.“ Sie sah wieder mich an. „Ist es für dich die ganze Zeit so?“
„Nicht seit ich mit Dorian zusammen bin. Seitdem halten sie sich zurück. Und Shaya vertreibt sie nicht. Sie lässt mich im Stich.“
Jasmine lächelte erneut. „Dorian ist verrückt nach dir. Besessen von dir.“
„Das ist ein bisschen extrem ausgedrückt.“
„Aber es stimmt.“ Sie strich sich die Haare aus den Augen. Es sah golden aus im Sonnenlicht, was mich ein bisschen neidisch machte; ich hatte richtiges Rot von unserem Vater geerbt, kein Rotblond. Jasmine konnte Pink tragen. „Ist doch gut, seine Besessenheit. Diese Schlampe Ysabel will ihn, weißt du. Und sie hasst dich. Ihre Mutter hasst dich auch.“
„Ja, das hab ich mir schon gedacht.“
Sie zuckte die Achseln. „Na ja, dann pass ein bisschen auf Dorian auf.“
„Ich mache mir keine Sorgen.“
„Ysabel hat Kinder, und du willst ihm keine schenken.“
Ich hatte langsam echt die Nase voll vom Thema Fortpflanzung in Zusammenhang mit mir. „Viele Feinenfrauen haben Kinder. Willst du mir damit sagen, ich sollte mir wegen all denen Sorgen machen, du Nachwuchs-Liebesberaterin?“
„Die sehen aber nicht alle so aus wie du. Ich meine, vom Typ her… Weil Dorian nämlich auf Rothaarige steht, glaube ich. Vielleicht denkt er, so bekommt er Kinder mit roten Haaren. Keine Ahnung. Ich will damit jedenfalls nur sagen, dass sie sich für den Fall bereithält, dass du bei Dorian Mist baust. Außerdem war er schon mal auf sie scharf. Und einen größeren Busen als du hat sie auch.“
„Hey“, sagte ich empört. „Das spielt keine Rolle. Außerdem war er zwar auf sie scharf– aber sie hat ihn genervt. Und ich werde keinen ‚Mist‘ bauen. Dorian wird sich nicht absetzen.“ Ich runzelte die Stirn, weil mich meine nächsten Worte überraschten– dass ich sie tatsächlich zu ihr sagte. „Es ist Kiyo, den ich mir wieder ranholen muss.“
Jasmine riss schockiert die grauen Augen auf. „Den? Der hat dir doch gar nichts zu bieten… außer, oh, warte. Ihr plant doch nicht irgend so eine Dreiecksgeschichte, oder? Ich meine, mir ist schon klar, dass Dorian und du ziemlich versaute–“
„Nein! Es ist nichts dergleichen. Kiyo soll mir einen Gefallen tun, das ist alles. Einen großen. Einen gefährlichen. Und ich weiß nicht recht, wie ich ihn dazu überreden soll.“ Mir fiel wieder ein, wie Dorian geguckt hatte, als ich in dem engen Feinenkleid aufgekreuzt war, und lächelte schwach. „Bei Dorian wüsste ich genau, was ich machen müsste.“
Jasmine machte ein verächtliches Gesicht. „Tust du nur so oder bist du wirklich so blöd? Sogar ich weiß, was du machen musst, um Kiyo rumzukriegen. Mach einen auf Menschenfrau.“
„Ich bin eine Menschenfrau. Und, wer ist jetzt blöd?“ Du meine Güte. Jetzt warfen wir uns schon schnippische Bemerkungen an den Kopf. Wir wurden jeden Tag mehr zu richtigen Schwestern.
„Du bist zur Hälfte eine Menschenfrau. Dorian gefällt das, weil er glaubt, dass er dich schwängern kann… aber ansonsten? Er will, dass du eine Königin bist. Dass du zu den Glanzvollen gehörst. Kiyo nicht. Der kann das alles nicht ausstehen. Er will, dass du dich total davon fernhältst. Ihr seid zusammengekommen, bevor du dich dermaßen auf die Anderswelt eingelassen hast. Sei wieder so.“
Ich starrte sie geschockt an. Das war eine exzellente Überlegung. „Sehe ich jetzt wie eine Menschenfrau
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