Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
aus?“
Jasmine musterte mich kritisch. Ich trug Jeans und T-Shirt und hatte die Haare nachlässig zu einem Pferdeschwanz gebunden. Meine Schuhe waren fest und zum Wandern gedacht. Nichts Schickes. „Ja“, sagte sie und klang überrascht. „Wie eine schlampige Menschenfrau. Das wird ihm gefallen. Bis auf den Ring. Der ist von Dorian, stimmt’s? Steck ihn unter das Shirt.“
Ich berührte den Ring, der vor meiner Brust hing. Ich hatte ihn völlig vergessen. „Woher weißt du, dass er von Dorian ist?“
„Weil du ihn dir selber nie gekauft hättest und jemand anders auch nicht. Außerdem sind da lauter Eichenblätter drauf.“
Ich schielte auf ihn runter. Und richtig. Ich hatte die Blattform vorhin gar nicht erkannt. Ich folgte Jasmines Rat und versteckte ihn unter dem Shirt. Sie sah sich das wohlwollend an und schien dann erst mein Shirt richtig zu bemerken.
„Wer ist Mötley Crüe?“
Mir blieb es erspart, ihr einen Vortrag über Classic Rock zu halten, weil ein Diener mit der Nachricht angesaust kam, dass Kiyo eingetroffen war. Die Leichtigkeit, die ich zusammen mit Jasmine verspürt hatte, verflog sofort. Ich stand auf, zwang mich zur Ruhe und war nahe daran, mich ernsthaft zu fragen, ob ich doch lieber Jasmine mitnehmen sollte. Nein. Kiyo war die richtige Wahl.
„Viel Glück“, sagte sie und griff nach ihrem Buch. „Und denk daran: Mach einen auf Menschenfrau.“
Ich folgte dem Diener und war peinlich berührt, dass ich mir Rat von einer psychisch gestörten Fünfzehnjährigen holte. Bloß war mir klar, dass sie recht hatte. Ich achtete darauf, dass mein Gang lässig war und nicht auch nur ansatzweise majestätisch. Dann schickte ich den Diener weg, weil es besser war, Kiyo allein gegenüberzutreten, anstatt in noch so unbedeutender Begleitung zu erscheinen.
Er wartete in einem Salon und hatte sich nicht einmal hingesetzt. Ich wusste, wie nervös ich ihn machte, und diese Einladung war ihm bestimmt nicht geheuer. Einen Moment lang beobachtete ich ihn heimlich, bewunderte diesen muskulösen Körper und wusste zugleich, dass es falsch war, das zu tun. Wobei es unmöglich war, mich unbemerkt anzuschleichen. Er konnte mich riechen. Schon allein mein Schweiß und meine Haut hätten mich verraten, von der Vanillesonnencreme und dem Veilchenparfum, das ich trug, mal ganz abgesehen.
„Eugenie.“ Er drehte sich um. „Schön, dich zu sehen.“ Er machte einen auf locker, aber sein Blick ließ mich denken, dass er sich wirklich freute, mich zu sehen– rein körperlich zumindest.
„Entschuldige, dass ich dich damit so überfalle“, sagte ich. „Du hast wahrscheinlich gerade Luisa besucht, hm?“
Bei der Erwähnung seiner Tochter glätteten sich seine Züge etwas. „Ja, sie ist… Sie wächst jeden Tag. Es ist aufregend.“ Er wechselte wieder in den Alarmzustand. „Aber darum hast du mich nicht hergebeten.“
„Nein.“ Ich setzte mich in einen der Sessel, schlug die Beine übereinander und hoffte, dass ich locker und normal rüberkam. „Ich brauche deine Hilfe.“
Er blieb stehen. „Das kommt unerwartet.“
„Na ja, ich habe eben ein unerwartetes Angebot bekommen. Möchtest du immer noch, dass ich diesen Krieg abbiege?“
„Natürlich.“ Er verzog das Gesicht. „Ach, Eug. Erzähl mir bloß nicht, ich soll für dich als Unterhändler auftreten oder so was.“
Ich musste schmunzeln, sowohl wegen seiner Befürchtung als auch wegen der Verwendung meines Kosenamens. „Nein, ich brauche dich für etwas, das mehr in dein Spezialgebiet fällt. Du hast vermutlich noch nie von der Eisenkrone gehört, oder?“
Hatte er nicht. Ich lieferte ihm einen kurzen Abriss und erklärte, dass diejenige Person, die sich zu ihr durchkämpfte und sie gewann, damit angeblich Furcht und Schrecken auslösen konnte.
„Und das reicht, damit Katrice einen Rückzieher macht?“, fragte er skeptisch.
„Angeblich ja. Mir kommt es auch komisch vor, aber alle, mit denen ich gesprochen habe, gehen davon aus, dass die Krone Katrice und ihre Heere einschüchtern wird.“ Wobei ich besser nicht erwähnte, dass mit „alle“ Dorian, eine Geisterfrau und eine durchgeknallte Seherin gemeint waren. „Weil sie beweist, was für ein harter Brocken ich bin. Und wenn das Katrice in Friedensgespräche treibt…“ Ich ließ ihn seine eigenen Schlüsse ziehen.
„Riskante Sache“, sagte er. Er klang immer noch zweifelnd, wurde aber langsam mürbe. Er wollte ein Ende des Krieges. Er wollte, dass ich da nicht mit drinhing.
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