Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
dass wir miteinander geschlafen haben“, sagte ich. „Männer regen sich auf, wenn ihre Freundinnen so was machen.“ Ich hatte mich innerlich in demselben Moment von Dorian getrennt, als ich seine Trickserei durchschaute, aber für ihn sah es so aus, als hätte ich ihn betrogen. Hatte ich ja vielleicht auch. Aber jemanden zu betrügen, der einen hereingelegt hatte, kam mir jetzt nicht gerade wie der große Vertrauensbruch vor.
„Ja“, sagte Kiyo. „Ja, das tun sie.“ Er verknotete den Faden und verband alles wieder. „Reiß dir die bitte, bitte, nicht noch mal auf. Dass sich das noch nicht entzündet hat, ist ein Wunder.“
„Ich werde aufpassen.“ Ich setzte mich auf und zog vorsichtig mein Shirt wieder an. „Ich habe für die nächste Zeit nicht vor, in irgendwelche Kämpfe zu geraten. Ich halte mich der Anderswelt fern, bis sie mich wirklich brauchen, und Deannas Mordfall dürfte sich aufs Fragenstellen beschränken. Ich baue eigentlich sogar darauf, jemand anders damit betrauen zu können.“
„Das wird ihr nicht gefallen.“
„Es ist zielführend. Und das wird ihr gefallen. Geht wahrscheinlicher sogar schneller, als wenn ich es machen würde.“
Ich wollte aufstehen, aber Kiyo ergriff meine Hand und hielt mich unten. Er machte ein verschmitztes Gesicht. „Willst du nicht noch ein bisschen bleiben?“
Ich schüttelte den Kopf und lächelte leicht. „Ich hab Sachen zu erledigen. Außerdem, nur wegen der Sache im See heißt das noch nicht… na ja, dass alles wieder beim Alten ist.“
Sein spitzbübisches Lächeln verschwand. „Du hast recht. Das ging alles ganz schön schnell. Wir sollten wohl besser… keine Ahnung. Wollen wir zusammen ausgehen?“
„Ausgehen?“ Ich musste lachen. Es kam mir total unangemessen vor nach allem, was wir in den letzten Tagen durchgemacht hatten. Zu normal. „Erst essen gehen und dann ins Kino?“
„So was in der Art. Ich könnte dich nachher abholen, wenn du deine Aufträge erledigt hast. Oder morgen, wenn du noch ein bisschen mehr Zeit brauchst.“
Ein bisschen mehr Zeit? Vielleicht brauchte ich ja jede Menge mehr Zeit. Ich wusste es wirklich nicht. Gut, ich war gleich nachdem meine Beziehung mit Dorian den Bach runtergegangen war, mit Kiyo ins Bett gehüpft– bildlich gesprochen–, aber das bedeutete wie gesagt noch lange nicht, dass ich so weit war, mich mit ihm wieder auf etwas Festes einzulassen. Ich hatte in den Wirren meiner Wut mit ihm Sex gehabt; ich musste da noch drüber nachdenken, jetzt wo ich mich wieder beruhigt hatte– und Dorians Gesicht gesehen hatte. Mein Kopf sagte mir, dass wir fertig miteinander waren, aber in meinem Herzen fehlte er mir bereits.
„Morgen“, sagte ich.
Kiyo nickte. „In Ordnung. Ich sollte mich wahrscheinlich eh mal wieder in der Klinik blicken lassen.“
Bei seinen Arbeitsbedingungen blickte ich ehrlich gesagt nicht durch. Da er ständig in der Anderswelt war, konnte er in der tierärztlichen Notfallklinik, in der er arbeitete, unmöglich in einen regulären Dienstplan eingebunden sein. Anscheinend tauchte er da einfach immer auf, wenn er Lust hatte. Was besser für ein Leben zwischen zwei Welten geeignet war als mein Job.
Verwirrte Gefühle oder nicht, ich ließ es zu, dass er mir einen Abschiedskuss gab. Einerseits wünschte ich mir, einfach bei ihm bleiben zu können, um mich in seinem Bett zu verstecken und dem Rest der Welt auszuweichen. Der Welten, besser gesagt. Aber ich hatte zu viel zu tun.
Als Erstes musste ich nach Hause und mir etwas Sauberes anziehen. Als ich dort ankam, schien niemand da zu sein, aber die beiden Wagen in der Auffahrt besagten das Gegenteil. Und richtig, vielleicht eine Minute nachdem ich reingegangen war, hörte ich, wie Tims Zimmertür aufging. Er kam raus, nur mit einer Jeans bekleidet, und seine schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab.
„Hey, Eug. Hab gar nicht mit dir gerechnet.“
„Sieht ganz so aus. Dann ist Lara hier?“
Er besaß den Anstand, ein verlegenes Gesicht zu machen. „Ähm, na ja–“
„Hi, Eugenie.“ Lara erschien neben ihm in der Küche. Ihre Haare sahen auch nicht besser aus als seine. Ihre Kleidung– darunter Tims T-Shirt mit dem Aufdruck West Coast Powwow 2002 – deutete auf hastiges Aufklauben hin. Sie wurde rot, aber als sie merkte, wie ich aussah, erbleichte sie. Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, mir im wirklichen Leben zu begegnen. „Harter Tag?“
„Harte Tage“, sagte ich.
„Oh… Dann wollen Sie… Dann
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