Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
früh gekommen sind. Das passiert bei Zwillingen einfach manchmal.«
»Sagt Ihr. Ich bin ebenfalls Mutter, darum kenne ich diese kleinen Beschönigungen, mit denen wir uns gelegentlich selbst zu überzeugen versuchen. Als Mutter habe ich mein Angebot, Euch zu schützen, sehr ernst gemeint. Ich finde es entsetzlich, was die Weidenkönigin und andere Euch antun wollten. Entsetzlich und feige. Ich hätte Euch schon allein aus Prinzip beigestanden. Einmal das, und außerdem hatte ich mich sehr nach einer Freundin gesehnt, mit der ich auf Augenhöhe reden kann.«
»Das hat Ilania auch erwähnt«, sagte ich, ohne es ihr wirklich abzunehmen. »Frauensolidarität und all so was, ja?«
»Ich muss mich schließlich mit irgendjemandem unterhalten können, oder etwa nicht? Also abgesehen von meinen kleinen Lieblingen hier.« Sie kraulte die Hunde unterm Kinn. Beide waren mit Schleifchen und Halsbändern ausstaffiert, die vor Schmucksteinen glitzerten. »Und Männer haben sich als die reinste Enttäuschung erwiesen. Ich habe sie schon vor Jahren aufgegeben, bis auf die notwendigen Vergnügungen, versteht sich. Ansonsten langweilen sie mich zumeist oder gehen mir auf die Nerven. Ich wüsste die Gesellschaft einer klugen Frau wirklich zu schätzen. Es wird einsam um einen herum mit einer solchen Machtfülle.« Den letzten Satz unterlegte sie mit einer solchen Wehmut und Melodramatik, dass ich ihr am liebsten eine geknallt hätte.
»Entschuldigung, dass Ihr mir nicht leidtut. Es fällt mir schwer, sonderlich viel Mitgefühl für jemanden aufzubringen, der über so viele Unschuldige Tod und Zerstörung gebracht hat.«
Varia lachte belustigt. »Unschuldige? Es gibt nur wenige, die ernsthaft von sich behaupten können, frei von Schuld zu sein. Und was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch erzählte, dass ich den Winterzauber auf einzelne Königreiche schärfer ausrichten kann? Ihr nennt mich grausam, dabei lässt der Zauber in Euren Königreichen derzeit noch zu, dass das Leben weitergeht.« Sie hörte auf zu lächeln und lehnte sich leicht nach vorn. »Ich bin dazu in der Lage, den Zauber zu bündeln und seine Intensität zu erhöhen. Wenn Ihr wolltet, könnte ich ihn auf das Weidenland richten und es vollständig zerstören.«
Ich war fassungslos. »Ihr würdet ein komplettes Königreich voller Unschuldiger zerstören?«
»Einschließlich Königin Maiwenn«, stellte sie klar. »Das käme Euch doch sehr gelegen. Euch auf diese Weise zu rächen, nach allem, was sie Euch angetan hat – und sie ist ganz gewiss nicht davor zurückgeschreckt, Unschuldige leiden zu lassen. Warum sich nicht revanchieren?«
Ich hatte keine sonderlich gute Meinung von der Person, die diese Plage über die Welt gebracht hatte, aber nach diesem Vorschlag war sie endgültig bei mir unten durch.
»Rache ist das eine … und Wahnsinn und Grausamkeit etwas völlig anderes«, sagte ich. »Und ich würde nie ihr ganzes Königreich für das leiden lassen, was sie getan hat.«
»Das sagt sich leicht, solange Eure Kinder gesund und munter sind. Dennoch liegt damit hoffentlich auf der Hand, was für eine großartige Freundin ich Euch sein könnte. Glaubt mir, es wäre mir wirklich lieber so. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, wie diese Situation enden kann, und dass Ihr Euch aus freien Stücken auf meine Seite stellt, wäre für uns alle am besten.«
»Das glaube ich gern.« Ich gab mir keine Mühe, meinen Sarkasmus zu verbergen. »Und alles, worum Ihr mich im Gegenzug für dieses freundliche Werk der Zerstörung bitten würdet, ist, dass wir Freunde sind und ab und zu ein bisschen Frauenzeit miteinander verbringen.«
Varias Mund zuckte. »Nun, wichtige Verbündete greifen einander zweifelsohne auch gelegentlich unter die Arme.«
Gemauschel auf die Feinentour. Das war wenigstens vertrautes Gelände.
»Nun kommen wir der Sache schon näher. Lasst mich raten. Ihr wollt mit an der Spitze der Heere meines Sohnes stehen, wenn wir die Menschenwelt erobern?«
»Die Menschen welt?« Sie schüttelte verblüfft den Kopf und schien jeden Moment wieder in Lachen auszubrechen. Sie nahm einen der Hunde hoch und sah ihm ins Gesicht. »Habt Ihr das gehört, Lady Snowington? Wie albern.« Sie setzte den Hund wieder auf ihren Schoß und sah mich an. »Warum sollte ich mich denn mit Menschen abgeben, wenn es hier genug Zerstreuung für mich gibt? Es ist diese Welt, die ich will. Lästig ist nur, dafür zu sorgen, dass meine Vasallenreiche nicht aus der Reihe tanzen. Sie
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