Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
Irrtum. Im Ernst, Ihr habt gar nichts – und ich habe alles.« Sie machte eine dramatische Pause. »Eure Freunde im Verlies zum Beispiel.«
Ich erstarrte. »Was wollt Ihr damit sagen? Dass Ihr sie töten werdet, wenn ich die Krone nicht für Euch benutze?«
»Das wäre eine Möglichkeit. Die Tatsache, dass Ihr bislang noch keine Magie eingesetzt habt, um mich zu bezwingen, zeigt deutlich, wie viel sie Euch bedeuten.«
»Ja«, sagte ich und wurde mutlos. »Aber sie würden alle bereitwillig sterben, um die Unterwerfung zahlloser anderer Königreiche oder den Missbrauch der Eisenkrone zu verhindern.« Es stimmte, das wusste ich, aber weh tat es trotzdem. Ich hatte auf das Wirken von Magie nicht nur verzichtet, weil das Leben meiner Freunde davon abhing, sondern auch, weil ich keine klare Vorstellung davon hatte, was ich mit meiner Magie anfangen sollte. Aber das jetzt? Varias Weltherrschaft? Keine Frage. Sie würden nie mehr in den Spiegel sehen können, wenn sie wüssten, was ihre Freiheit andere für einen Preis gekostet hatte.
»Ihr werdet Euch irgendwann festlegen müssen, welche Zahl von Leben den Ausschlag geben wird. Ihr sagt also, diese sechs oder sieben Individuen sind den Preis der Krone nicht wert? Wie steht es mit Eurem Königreich? Oder beiden? Das, was ich Euch in Sachen Weidenland angeboten habe – den Zauber darauf auszurichten –, lässt sich auch mit Euren Landen tun.« Noch gerissener konnte ihr Lächeln kaum werden. »Oder vielleicht ist es weniger eine Frage der Quantität als vielmehr der Qualität. Eure Kinder sind irgendwo dort draußen. Denkt Ihr, Ihr könnt sie ewig versteckt halten? Ich kann sie finden, selbst in der Menschenwelt. Ich habe viele Untertanen, und Eure Schwester und Ihr seid nicht die Einzigen, die leicht zwischen den Welten wechseln können.«
Der Raum drohte sich um mich zu drehen, und ich musste mich darauf konzentrieren, ruhig zu bleiben und mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich ihre Worte getroffen hatten. »Seid Ihr wirklich so herzlos? Hört Euch nur an! Ihr droht damit, zwei gesamte Königreiche auszulöschen und Jagd auf meine Kinder zu machen!« Als ich ihr höhnisches Grinsen sah, musste ich mich sehr zurückhalten, um nicht die Fäuste zu ballen. »Genießt Ihr das? Machen Euch diese Psychospiele auf irgendeine kranke Weise Spaß?«
»Nein«, sagte sie immer noch lächelnd und streichelte ihre Hunde. »Es erfüllt mich einfach nur mit Zufriedenheit, noch einmal zu betonen, dass es genau so ist, wie ich vorhin schon sagte: Ihr habt nichts, und ich habe alles.«
Kapitel 20
Dann verkündete Varia, fast so als wäre ich ein unartiges Kind, dass sie mich nun in meine Zelle zurückschicken würde, »wo Ihr darüber nachdenken könnt, was Ihr zu tun habt«. Bevor ich ging, fügte sie hinzu: »Und falls Ihr meint, ich wäre zu milde, so lasst mich Euch nachdrücklich versichern, dass ich sehr bestrebt bin, diese unsere Freundschaft zu besiegeln. Ich sehe Situationen gern geklärt. Außerdem werden einige dieser Königreiche allmählich wirklich lästig. Es wäre für alle Beteiligten besser, wenn wir dort bald Ordnung schaffen könnten.«
»Zur Kenntnis genommen«, murrte ich, als die Wachen mich bei den Armen packten, um mich wegzuführen.
»Und wenn ich sage, dass ich Euch diesen Punkt nachdrücklich vermitteln möchte«, fügte sie hinzu, »dann meine ich damit, dass ich Euch bald dazu ermuntern werde, das Richtige zu tun. Angefangen mit der Eliminierung Eurer weniger bedeutenden Begleiter. Danach werde ich mich Euren Landen zuwenden. Dann Euren Kindern.«
»Meine Freunde haben Euch nichts getan.« Panik wallte in mir auf, weil die Bedrohung sich so rasch gesteigert hatte. »Sie sind potenzielle Untertanen.«
Varia zuckte mit den Achseln. »Untertanen habe ich in großer Zahl.«
»Kann ich wenigstens mit ihnen reden? Um mich davon zu überzeugen, dass es ihnen gut geht und Ihr sie noch nicht getötet habt?«
Sie bedachte mich mit einem verkniffenen, wissenden Lächeln. »Meine Liebe, für wie töricht haltet Ihr mich eigentlich?«
Und damit wurde ich aus dem Thronsaal geführt. An der Tür gerieten wir in einen leichten Verkehrsstau. Eine Anzahl Bittsteller hatte sich angestellt, um bei Varia vorzusprechen, aber ein Wachsoldat hielt sie zurück und erklärte, warum sie noch nicht eintreten konnten.
»Ihre Majestät hat eine Besprechung mit dem Eichenkönig. Das geht vor. Erst danach geht der normale Betrieb weiter – falls ihr dann der Sinn
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