Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
nicht sein Lehrer sein konnte. Mr. Hershner war tot. Tot und begraben!
Die Gestalt im roten Licht grinste und entblößte schwarzes Zahnfleisch mit viel zu langen Zähnen. Eine Narbe zog sich wie eine tiefe Furche über die eine Backe, und wurde nur unterbrochen von einem blanken Knochen.
Sam stieß einen kurzen, schrillen Schrei aus und trat das Gaspedal mit der gleichen Kraft durch mit der er vorhin auf das Bremspedal gesprungen war.
Mit ungeheurer Gewalt überdrehte der Motor, die Pferde unter der Haube brüllten. Das Heck schlitterte erneut, als sich der Chevy in Bewegung setzte, nach einigen Metern zurück in die Spur fand und über den Asphalt donnerte.
Wäre ein Cop an der Straße gestanden, so hätte er Sam ohne zu zögern aus dem Wagen geschossen, denn anders konnte man ihn nicht stoppen.
Sam zitterte am ganzen Körper. Im Rückspiegel sah er die Gestalt seines toten Lehrers kleiner und kleiner werden, und schließlich ganz verschwinden.
Was zum Teufel war das? Der Kerl sah aus, als sei er einem von Sams Büchern entsprungen. Und wenn es wirklich Mr. Hershner gewesen ist? Klar, mein toter Lehrer stürzt sich mitten in der Nacht vor mein Auto um mit mir zu plaudern. Oh, hallo Mr. Hershner, schön Sie zu sehen. Gut sehen Sie aus. So frisch und lebendig. Und erst ihre Zähne.
Gütiger Gott, diese Zähne. So groß und so beängstigend spitz. Damit kann man ja rohes Fleisch vom Knochen reißen. Das musste alles nur in seiner Einbildung passiert sein. Das war nicht real. Das konnte nicht real sein, durfte nicht real sein.
Sam achtete nicht auf den Verkehr, sondern bog an der nächsten Kreuzung nach links ab ohne sich um andere Autofahrer zu scheren, schlitterte um die Kurve und brachte den Chevy auf dem Kies vor dem Motel zum Stillstand. Nur der späten (oder frühen) Stunde war es zu verdanken, dass er keinen Unfall provozierte. Die meisten Leute schliefen noch und dementsprechend wenig war auf den Straßen los.
Sam sprang aus dem Wagen, kramte in der Hosentasche nach dem Zimmerschlüssel und lief zu seiner Zimmertür. Um ein Haar wäre er auf dem Schotter gestürzt, so eilig hatte er es.
Mit zittriger Hand schloss er die Tür auf, begab sich ins Zimmer und knallte sie hinter sich zu. Er verriegelte sie.
Blindlings suchte er den Lichtschalter und erwartete, sobald das Licht anging, das Mr.Hershner-Wesen zu erblicken. Dann würde es sich auf ihn stürzen, die grausigen Zähne in sein Fleisch schlagen – Sam konnte den Schmerz durch seine Nervenbahnen ins Gehirn schießen spüren – und ihn mit Haut und Knochen verschlingen.
Doch nichts von alledem geschah. Das diffuse gelbe Licht der nackten Glühbirne zeigte keinen Zombielehrer, noch sonst irgendeine Gefahr. Sam machte das Licht wieder aus, spähte aus dem Fenster wie ein Spanner und vergewisserte sich, ob auch draußen niemand auf ihn lauerte.
Nichts Ungewöhnliches. Alles war wie immer. Die Leuchtreklamen des Star Mart erhellten ein Stück des Highways, den ein paar Laster entlangfuhren.
Sam ließ sich auf das Bett fallen und blickte auf die Uhr. Es war nach halb vier Uhr morgens. Bald würde die Sonne aufgehen.
Seine Atmung regulierte sich wieder, das Adrenalin wich aus seinem Körper und jetzt erst spürte Sam, wie seine Brust schmerzte, da sein Herz wie verrückt schlug.
Das ist nicht wirklich geschehen, das war nur Einbildung, dachte Sam. Aber tief im Inneren wusste er, dass er sich selbst belog.
Sam wählte Saskias Nummer.
Das Freizeichen ertönte eine halbe Ewigkeit, dann meldete sich endlich seine Frau.
»Sam?«
»Saskia, ist bei euch alles in Ordnung?« Er versuchte ruhig zu bleiben, doch er scheiterte kläglich.
Saskia bemerkte seine Unruhe. »Sammy? Was ist denn los um Himmels Willen? Was ist passiert?«
»Saskia, bitte sag mir, dass alles in Ordnung ist.«
»Sammy du machst mir Angst. Ja, ja, bei uns ist alles in Ordnung.«
»Gott sei Dank.« Er atmete auf. Pure Erleichterung strömte durch seine Adern. »Tut mir leid, wenn ich so spät noch anrufe. Es ist nur ...« Sam überlegte was er sagen sollte. Mein toter Englischlehrer ist mir vor das Auto gehüpft? Er konnte ja nicht einmal erklären, warum er sich sorgte.
»Es ist gar nichts. Ich hatte nur so ein Gefühl, dass etwas nicht stimmt«, sagte er schließlich. Eine lahme Erklärung.
Aber irgendwie konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, zwischen seiner Begegnung mit dem Hershner-Zombie und dem Ding unter dem Bett seiner Kinder bestehe ein Zusammenhang.
»Bist du
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