Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Weihnachtsbaum.
Keine Frage, das Haus hob sich von den anderen ab. Am Zaun konnte man nur noch erahnen, dass er einmal weiß gewesen war, teilweise fehlten sogar schon Holzlatten. Das Gras war mindestens vierzig Zentimeter hoch und nur noch mit einer Sense zu bekämpfen. Der alte knorrige Ka stanienbaum im Vorgarten ließ erahnen, wann das Haus gebaut worden war und Schindeln hingen lose am Dach, oder waren teilweise gar nicht mehr vorhanden. Alles in allem schrie das Haus förmlich nach einer Renovierung. Aber wenn sie es soweit instand setzen würden, wäre es ohne jeden Zweifel ein Prachtstück.
Oliver sah sich vor seinem geistigen Auge schon in Arbeitskleidung, wie er hämmerte, den Zaun strich und den Rasen mähte. Er sah Melanie in einem blauen Sommerkleid und Strohhut auf dem Kopf Blumenbeete bepflanzen. Er sah Kevin im Sandkasten spielen. Vielleicht würden sie sich einen Hund zulegen? Vielleicht würden sie...
„Mami, Papi, fahren wir wieder nach Hause?“ Der vierjährige Knirps gähnte auf Melanies Schulter und rieb sich die Augen. Ihm waren die Zukunftsvisionen seiner Eltern völlig gleich. Die lange Fahrt und das Gespräch in Hartmanns Büro hatten ihn erschöpft. Alles was er wollte, war sein warmes gemütliches Bett.
Oliver strich seinem Sohn durch die braunen Haare und lächelte. „Ich glaube, wir sind zu Hause, Sportsfreund.“
„Sie wollen das Haus tatsächlich haben, richtig?“, fragte Jakob, der sich im Hintergrund hielt und eine filterlose Zigarette ableckte, bevor er sie sich in den Mund steckte und anzündete.
Oliver drehte sich zu ihm um. „Ja, das wollen wir, J akob. Wen sollten wir denn deswegen ansprechen?“
„Hm ... na ich würd’ mal sagen den Bürgermeister. Soll ich ihn anrufen?“
Zwanzig Minuten später war Bürgermeister Hartmann vor Ort. Zwanzig weitere Minuten um in Tagträumen zu schwelgen.
„Oliver, Jakob sagte mir, dass Sie sich für das Haus hier interessieren. Sind Sie sich da sicher? Ich meine, sehen Sie sich die Hütte mal an. Keine Frage, vor Jahrzehnten war das ein Prachtstück, aber jetzt...“ Hartmann zog mit den bloßen Fingern den letzten Lack von einem Zaunpfahl und zog die Augenbrauen in die Höhe. „Hören Sie, dieses Haus steht schon so lange leer und Johann Lackner hat b ereits sein Interesse bekundet, dass er dieses Haus abreißen und einen Wohnblock darauf errichten will. Moderne Wohnungen für junge Leute anstatt diesem abbruchreifen Monstrum. Wenn Sie also wollen, kann ich Ihnen Folgendes anbieten: Sie bleiben vorläufig in der Wohnung und in ungefähr zwei Jahren können Sie sich ein Haus aufstellen. Ein paar Parzellen haben wir erst vor kurzem abgesteckt. Wir setzen einen Vorvertrag auf und jeder ist glücklich und zufrieden. Sie bekommen ein funkelnagelneues Haus und Lackner seine Wohnungen. Selbstverständlich können wir über den Grundstückspreis noch reden. Ich kann Ihnen jedoch garantieren, dass Sie zufrieden sein werden. Was meinen Sie, Oliver?“ Hartmann stand in seiner vollen Größe von fast zwei Metern vor ihm und sah ihm auffordernd in die Augen.
Oliver fuhr sich durch seinen schwarzen Schopf und blickte zu seiner Frau. „Was meinst du, Schatz. Klingt doch auch nicht schlecht, oder?“
Melanie entschuldigte sich bei Hartmann und zog ihren Mann beiseite. „Oliver, mir ist es egal, ob das Haus schon lange nicht mehr bewohnt war. Du weißt, ich habe genug von Wohnungen. Zwei Jahre noch. Ich halte es nicht mal mehr zwei Tage aus. Genau so ein Haus war doch immer schon unser Traum. Hör mal, angenommen wir ziehen in diese Wohnung, dann kommen vielleicht wieder deine … du weißt schon. Unser eigener Garten Oliver. Das ist Balsam für deine Seele. Für uns alle. Wir könnten schon im Sommer einziehen. Ich glaube, wenn wir das machen, werden wir hier glücklich. Ja, vielleicht gehört das eine oder andere noch gemacht, aber mein Vater hilft uns bestimmt mit seinen Jungs. Und im Nu wird es wieder das schönste Haus in Kirchbergen sein. Es bindet uns bestimmt an diese niedliche Stadt. Ich will nicht von einer Wohnung in die nächste ziehen. Wir müssen nur das Gröbste erledigen und können danach Stück für Stück weiterarbeiten wenn wir schon darin wohnen. Und denk doch auch an Kevin.“ Der kleine Mann hatte seinen Kopf auf Melanies Schulter gelegt und kämpfte offensichtlich immer noch gegen die Müdigkeit an.
„Der Kleine hätte hier genug Platz zum Spielen. Einen Vorgarten und bestimmt einen großen Hintergarten. Er
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