Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Glasflaschen salutierte vor Melanie. Doch von Oliver war auch hier kein Anzeichen zu sehen.
Sie ließ ihren Blick suchend durch den Garten schwe ifen, doch alles was sie sah, war Sallinger hinter dem Zaun, der kniend neben seinen Gemüsebeeten mit einem Kanister hantierte.
„Arthur.“ Sie marschierte zum Gartenzaun.
„Ah, Melanie. Hallo.“ Stöhnend richtete er sich aus seiner ungemütlichen Position auf, musste sich dabei mit beiden Händen an den Knien abstützen.
„Haben Sie Oliver gesehen?“
„Nein, tut mir leid. Ich bin erst vor kurzem nach Hause gekommen. Vielleicht ist er weggefahren. Einkaufen?“
„Nein. Ich habe den Wagen gehabt.“
„Hm, dann weiß ich auch nicht.“
Sie strich ihrem Sohn durchs Haar, blickte dabei ins Leere. Eine Lawine bedrückender Gedanken raste auf ihren Kopf zu. Wo ist er? Warum wartet er nicht voller Ungeduld auf unsere Rückkehr? Warum trinkt er? Ist er am See? Betrunken? Das Wasser ist tief! Ein nasses Grab!
„Alles in Ordnung mit Ihnen, Melanie?“
Sallinger holte sie aus ihren Gedanken zurück.
Mach dich nicht verrückt, Melli. Oliver ist nichts pa ssiert. „Ja … alles bestens.“
„Was ist los? Was haben Sie auf dem Herzen?“
„War es ein Fehler hierher zu kommen?“ Die Frage war mehr an sich selbst, denn an Sallinger gerichtet.
„Wie meinen Sie das?“
„Es ist alles anders geworden. Oliver. Ich erkenne ihn nicht wieder.“
Alte Angst befiel Sallinger. Wie damals.
„Vielleicht ist die ganze Situation für ihn schwieriger als er gedacht hat. Der Umzug in ein neues Haus, die fre mde Umgebung, der neue Job.“ Der alte Mann suchte nach Erklärungen. Mehr um sich selbst zu beschwichtigen, als um Melanie einen vernünftigen Grund für das Verhalten ihres Mannes bieten zu können.
Es durfte nicht nochmals geschehen.
Farewell and adieu, to you fair spanish ladies …
Auf gar keinen Fall!
“Oder er hat einen Gehirntumor“, sagte Melanie, wobei sie das letzte Wort so leise aussprach, dass Sallinger es kaum verstand. Kevin sollte es nicht hören. Der arme Junge hatte Stress genug.
„Es war doch alles in Ordnung bei der Untersuchung, oder? Die Ärzte haben nichts gefunden.“
„Ja, aber Ärzte können sich irren, richtig? Wie sonst soll ich mir erklären, dass aus dem liebevollen Mann, den ich geheiratet habe, ein …“, sie suchte nach den richtigen Worten, „… biersaufender, aggressiver Choleriker geworden ist?“
… farewell and adieu, to you ladies of spain … Arthur.
Sallinger hatte keine Antworten mehr parat. Was, wenn es so wäre? Ein Tumor war behandelbar, richtig? Und wenn es doch etwas anderes war. Etwas, das schon einmal dieses Haus befallen hatte. Hoffentlich ist es ein Tumor.
Sallinger schämte sich sofort für diesen Gedanken. E inem Familienvater einen Tumor in den Kopf wünschen. Wie tief konnte man eigentlich sinken. Aber das war besser als die einzige verbleibende Alternative.
Sallinger schaute zum Haus der Ritters. Sein Blick ve rharrte beim Dachbodenfenster.
„Melanie, ich … muss ins Haus gehen.“
„Was hat es mit unserem Haus auf sich?“ Sie sah ihm fest in die Augen, ein Blick, der keine Ausflüchte zuließ. Melanie wollte Antworten.
Die Frage traf Sallinger wie ein Vorschlaghammer. Er hatte so gehofft, dass er diese Geschichte nie mehr erzählen brauchte. Er wollte sie am Liebsten in eine Schachtel p acken und diese in die undurchdringliche Schwärze eines bodenlosen Loches werfen.
„Wie bitte? Wie kommen Sie darauf, dass das was mit dem Haus zu tun haben könnte?“
„Jedes Haus hat doch eine Geschichte, oder nicht?“
Und manche davon eine böse, stimmt´s?
„Warum stellen Sie diese Frage, Melanie?“
„Johann Lackner hat mich vor dem Lokal angespr ochen. Der Mann sagte, ich sei in Gefahr und ich hätte nie hierher ziehen dürfen. Der ist doch verrückt, oder? Hat er etwas mit dem Haus zu tun?“
Blitze aus der Vergangenheit zuckten durch Sallingers Erinnerung. Vorboten eines bösen Gewitters.
„Lackner ist ein geldgieriger Hai. Aber hier geht es nicht ums Geld. Lassen Sie uns das nicht über den Gartenzaun besprechen“, sagte Sallinger ernst. „Das ist hier nicht der richtige Ort, um über solche Dinge zu reden.“ Er flüsterte diesen Satz, geradezu aus Angst, dass ihn, würde er auch nur eine Nuance lauter sprechen, jemand hören könnte und damit das Unheil über sie losbranden würde. Und das war nicht einmal so falsch. Seine Augen wanderten über das Anwesen der
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