Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
zu enttäuschen.
„Außerdem gehört das zum Mann sein. Keine Angst vor dem Gewitter zu haben, meine ich.“
Das war der ausschlaggebende Punkt, der Kevin nun vollends überzeugte seinem Vater zu folgen. Er wollte ein Mann sein!
Kevin lächelte wieder.
Oliver nahm seinen Sohn bei der Hand, ging mit ihm durch den Garten, öffnete das Tor und marschierte hindurch. Dabei sang er ein Lied, das Kevin nicht kannte.
“Farewell and adieu, to you fair spanish ladies…”
Kevins Blick schweifte durch die Bäume und Büsche.
Er hätte schwören können, Mikey zwischen zwei Stämmen gesehen zu haben, doch beim zweiten Hinsehen war er verschwunden. Wahrscheinlich war es nur Einbildung gewesen.
Mit jedem Schritt, den sie dem See näher kamen, wir kten Olivers Züge kälter. Sein Gesicht erstarrte zu einer Maske aus Stein, in der keine menschliche Gefühlsregung mehr zu erkennen war. Außer unbändiger Wut.
„So mein Junge. Hier sind wir“, sagte Oliver zu seinem Sohn. Und obwohl der Donner immer noch voll im Gange war, hörte Kevin die Stimme seines Vaters laut und deutlich. Es war surreal ruhig rings um sie herum geworden.
Immer wieder hörte Kevin eine Stimme seinen Namen flüstern. Sie schien von allen Seiten auf ihn einzudringen, von den Bäumen, dem wolkenverhangenen Nachthimmel, selbst vom Wasser her.
Suchend sah Kevin sich um. Die Angeln, die sein Vater angeblich vorbereitet hatte konnte er nicht finden.
„Wo sind denn die Angeln, Papa?“, fragte Kevin verwirrt. Er blickte hoch. Sein Vater stand hinter ihm. Den Kopf über seinen gebeugt. Er grinste. Wie der Wolf in Grimms Märchen, bevor er Rotkäppchens Großmutter aufgefressen hatte.
Etwas stimmte nicht mit seinem Vater, soviel war K evin klar. Sein Gesicht zeigte keine Liebe; es gehörte einem bösen Menschen. Kevin spürte wie ihm der Schrecken das Rückgrat entlangkroch. Er fürchtete sich vor dem Menschen, den er neben seiner Mutter am meisten liebte.
„Hol dir die Diamanten. Los, hol sie dir. Sieh, wie schön sie glitzern.“
Kevin wusste nicht genau was sein Vater meinte. Er ließ seinen Blick über das Wasser schweifen. Der Sturm peitschte den See, Wellen prallten gegen das Ufer, Regentropfen schlugen Krater in die Wasseroberfläche, die sich gleich wieder schlossen. Aber Diamanten, so sehr der Junge sie auch suchte, konnte er nicht entdecken.
Plötzlich wurde alles um Kevin herum wieder laut. So wie es bei einem Sturm sein sollte.
Mit dem nächsten Donnerschlag traf ihn die Hand seines Vaters heftig im Rücken. Er fiel mit dem Gesicht voran in das schwarze Wasser.
Augenblicklich umschlang es ihn. Es drang ihm in N ase und Mund. Drängte den lebensnotwendigen Sauerstoff aus seinen Lungen. Seine Brust brannte. Alles wurde dumpf und dunkel. Sein kleiner Körper zappelte. Kevin wollte hoch, raus aus dem nassen Grab, aber es gelang nicht. Die Kraft, die ihn unter Wasser hielt war einfach zu stark.
Kellermann war immer noch voller Hoffnung, dass Lackner einen Namen nennen würde.
„Ich verstehe ja, dass Sie ihrer Arbeit nachgehen mü ssen. Aber lassen sie uns auch unserer nachgehen. Dieser Mann muss schnellstens zu einem Arzt. Ich verspreche Ihnen, dass wir Sie verständigen, wenn er reden kann.“ Der Sanitäter sprach gehetzt, während er und sein Kollege die Bahre in Höchstgeschwindigkeit den Flur entlangrollten.
Kellermann nickte. So wie Lackner aussah, konnte er froh sein, wenn er überhaupt noch ein Wort von ihm zu hören bekam. Vorausgesetzt er überlebte die Nacht übe rhaupt.
„Ritter“, kam ein Stöhnen von dort, wo einmal ein G esicht gewesen war. Jetzt befanden sich dort nur noch geschwollene Fleischberge und rot-blaue Beulen und Blutergüsse.
Gerade als Kellermann aufgeben wollte, stieß Johann Lackner den Namen aus.
„Ritter? Sie meinen das war Oliver Ritter“, fragte Kellermann sicherheitshalber noch einmal nach.
Er hatte den Namen schon verstanden, klar und deu tlich, doch er wollte es im ersten Moment nicht glauben.
Diesmal sagte Lackner kein Wort. Aber sein Kopf nic kte ganz leicht.
Das genügte Kellermann.
„Verdammt“, fluchte er. Seine Füße setzten sich in Bewegung, immer schneller. Er lief ins Freie, riss die Tür seines Wagens auf, setzte sich schwungvoll hinein und schlug die Tür zu. Der Motor erwachte zum Leben. Kellermann trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
Wären die Reifen trocken gewesen, hätten sie vermu tlich Feuer gefangen. So spritzte bloß der Gummi.
Das Heck schlitterte über
Weitere Kostenlose Bücher