Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
ewissheit.
„Keine Sorge, Kevin ist an einem besseren Ort. Du wirst bald bei ihm sein.“ Olivers Stimme hatte sich verä ndert. Wie ein Zischen klang sie nun, hasserfüllt und so … entschlossen.
Er war nur mehr etwa drei Meter von ihr entfernt.
Melanies Beine setzten sich unwillkürlich und instinktiv in Bewegung. Sie rannte ins Badezimmer. Aus dem Augenwinkel konnte sie gerade noch erkennen, wie Oliver einen Satz nach vorn machte. Ein Raubtier auf Beutefang. Seine Finger griffen ins Leere, als er sie nur um Zentimeter verfehlte.
Sie warf die Tür ins Schloss, Oliver prallte dagegen. Mit einem Ruck drehte sie den Schlüssel herum. Das Schloss klickte. Der Riegel sperrte. Doch würde er auch halten?
„Lass mich rein, wir sind doch eine Familie, Schlampe!“ Oliver heulte wie ein Wolf, wehmütig und doch aggressiv.
Mit aller Macht stemmte sich Melanie gegen die Tür. Ihre Knie fühlten sich an wie Pudding, zitterten, sodass sie Mühe hatte sich auf den Beinen zu halten. Am Liebsten hätte sie sich mit an die Brust gezogenen Knien in eine Ecke gekauert.
Tränen füllten ihre Augen. Tränen der Angst, der Panik.
Zusammen mit einem Donnerschlag krachte Oliver noch einmal gegen die Tür, die dem Ansturm erstaunl icherweise standhielt.
Und dann war es plötzlich still.
Binnen Sekunden zog das Gewitter weiter, das Grollen ertönte nur noch aus weiter Ferne. Alles was blieb war der Regen, der immer noch wie eine Maschinengewehrsalve gegen das Fenster prasselte.
Melanie lauschte. Vielleicht eine Minute lang, doch in der kalten Umklammerung von Angst und Panik schien die Zeit anders zu laufen. Oder still zu stehen.
Ihr Druck gegen die Tür ließ nach, ihre Muskeln entspannten sich. Sie konnte nicht mehr. Der Geruch von verbrauchtem Adrenalin, Angstschweiß, hing im Bad. Der Jasminduft des Badeöls hatte sich vollständig verflüchtigt. Er war ein Opfer der Todesangst geworden.
Melanie glitt, den Rücken an der Wand, zu Boden, zog die Beine an und wimmerte.
Das Schloss barst mit einem Knall und die Tür schwang auf.
Es geschah so plötzlich, dass Melanie sich den Hinte rkopf an der Wand schlug und Sterne tanzen sah. Ihre Sicht verschwamm.
Oliver stand im Türrahmen, bedrohlich und übernatü rlich groß.
Sein Blick war wild, verrückt. Das Haar zersaust, seine Kleidung nass, sein Gesicht völlig fremd.
Und doch war es Melanies Mann, der da vor ihr stand.
Melanies Kopf pochte. Sie kämpfte gegen die Oh nmacht an.
Oliver kam auf sie zu, nahm den Duschschlauch von der Wand.
Melanie wollte sich wehren, wollte weglaufen. Doch der Informationsfluss von ihrem Gehirn zu ihrer Muskulatur schien nicht richtig zu funktionieren. Wie bei einem betrunkenen Hund wirbelten ihre Extremitäten sinnlos in alle Richtungen.
Mit schreckengeweiteten Augen musste sie mit ansehen, wie Oliver ihr den Schlauch um den Hals legte. Eine tödl iche Perlenkette. Die Kanten, der den Gummischlauch umgebenden flexiblen Ringe, schnitten in die zarte Haut. Ein Brennen raste die Nerven entlang. Absurderweise dachte sie darüber nach, wie sie morgen die roten Striemen am Hals verbergen konnte. Häusliche Gewalt sprach sich schnell in kleinen Gemeinden herum. Sonnenbrille und Halstuch.
Ich muss verrückt sein! Oliver versucht mich umz ubringen, und ich denke über das Getratsche der Leute nach. Irrsinnig! Für mich gibt es kein Morgen.
Kellermann bretterte regelrecht über die nasse Fah rbahn. Abrupt sprang er auf das Bremspedal. Der Wagen scherte aus und glitt über den Wasserfilm wie eine Eiskunstläuferin über das Eis. Kellermann riss das Lenkrad herum. Zu spät. Das Heck krachte gegen den weißen Lattenzaun der Ritters und mähte ihn nieder. Langsam verlor das Auto an Fahrt und kam schließlich zum Stehen. Kellermann stieg aus. Der Zaun war hinüber. Er zuckte die Achseln. Und wenn schon! Den kann man wieder aufbauen.
An der Vordertür angekommen, hämmerte er dagegen. Niemand öffnete ihm.
Ein Rütteln an der Türklinke brachte auch keinen Erfolg. Es war abgeschlossen.
Die Terrassentür.
Vielleicht hatte er dort mehr Glück. Einen Versuch war es allemal wert.
Er lief nach hinten. Im nassen Gras wäre er beinahe ausgerutscht.
Als er eine Gestalt mitten im Garten knien sah, drosselte er seine Geschwindigkeit. Er blieb stehen. Und zog seine Waffe.
Regen vermischte sich mit dem Schweiß auf seiner Stirn.
„Keine Bewegung!“, schrie er.
Kellermann konnte sich nicht erinnern, wann er das das letzte Mal seine Waffe benutzt hatte.
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