Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
mir einen Schauer über den Rücken jagt. Weiße Zähne, nicht länger bedeckt, blitzen. In den Zwischenräumen erkenne ich Reste seiner letzten Mahlzeit. Blutige Klumpen.
Mein Blick verlässt das grausige Antlitz und wandert tiefer, zum Rumpf des Mannes. O Gott! Sein linker Arm ist oberhalb des Ellbogens abgetrennt! Der Stumpf müsste eigentlich bl uten, rote Ströme sollten sich daraus ergießen, was aber nicht geschieht. Tatsächlich sieht das Blut rund um die Wundränder trocken aus. Woher die Verletzung auch stammt, auf gar keinen Fall kann ich sie verursacht haben. Sie ist bestimmt mindestens eine Stunde alt.
Der Mann müsste tot sein!
Mein Mageninhalt möchte den Schlund hinaufrasen. Nicht, weil mich der Anblick ekelt, sondern, weil pure Furcht plötzlich meine Eingeweide umklammert und zusammendrückt.
Der eiserne Griff des Entsetzens lässt mich meine eigene Verletzung und die Schmerzen, die mit ihr einhergehen, ve rgessen. Ich rapple mich auf.
Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellt, denn im nächsten Moment schnellt der Mann auch schon auf mich zu. Es gelingt mir, seinem Ansturm auszuweichen und auf den Beinen zu bleiben. Jedoch bekommt er meinen Arm zu fassen. Den Bruchteil einer Seku nde später hat er auch schon seine Zähne in meinem Fleisch vergraben. Er reißt und zerrt daran, bis sich ein Stück löst. Ich schreie.
Es geling mir, nach ihm zu schlagen. Ich erwische ihn am Hinterkopf, und er taumelt vorwärts, stolpert und stürzt. Als er mit dem Gesicht zuerst aufschlägt, ertönt ein dumpfes Kn acken.
Als sein Kopf sich vom Boden hebt und zu mir herum ruckt, hängt sein rechtes Auge schief in der Höhle, weil das gebr ochene Jochbein es nicht mehr stützt. Allerdings zeigt der Mann sich gänzlich unbeeindruckt. Er fixiert mich mit seinen toten Augen und fletscht die Zähne, die nun mit meinem Blut verschmiert sind.
Mit abgehackten Bewegungen kämpft er sich auf die Beine.
Was zum Teufel ist dieser Kerl?
Egal!
Bloß weg hier. Fragen kann ich hinterher stellen.
Mit humpelnden, unsicheren Schritten flüchte ich Richtung Straße. Ich folge ihr, bis die ersten Lichter der Ortschaft vor mir auftauchen. Es stimmt schon: Angst verleiht Fl ügel.
Ich denke: Geschafft!, doch meine Erleichterung wird gleich darauf zunichte gemacht, als zahlreiche Schreie durch die Nacht hallen.
Ich schleppe mich näher. Plötzlich heult die Sirene am Feuerwehrposten los. Schüsse knallen.
Was zur Hölle ist da vorne los?
Was ist das für ein Gebrüll?
Endlich zeichnen sich die Gestalten von Menschen ab. Ich rufe um Hilfe, doch niemand reagiert auf mich. Ich gehe we iter. Erstarre. Mit Entsetzen beobachte ich die Szene, die sich vor mir abspielt.
Eine Gruppe von drei Leuten wankt auf zwei Polizisten zu. Dass diese ein ganzes M agazin aus ihren gezückten Pistolen auf sie abfeuern, scheint sie nicht sonderlich zu kümmern. Unbeirrt steuern sie weiter auf die Polizisten zu, fallen über sie her, beißen sie, … fressen sie.
O Gott! Das muss ein Alptraum sein. Ja, natürlich. Eigen tlich liege ich zuhause in meinem kuscheligen Bett, und gleich wache ich auch. Dann atme ich tief durch, trinke ein Glas Wasser und lege mich wieder nieder. Und dieses Mal träume ich von Karin.
Schon spüre ich, wie ich mich langsam aus dieser Trau mlandschaft entferne und in die Realität zurückkehre. Ich schließe die Augen. Wenn ich sie wieder öffne, ist alles vorüber.
Ich hoffe, ich finde Marc noch rechtzeitig, bevor hier die Hölle vollständig losbricht.
Es begann letzte Nacht, während Marc und ich unser er stes Rendezvous hatten. Endlich hatte er Mut gefasst und mich gefragt. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Alles verlief so, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Abend war einfach nur perfekt. Alles war perfekt.
Und dann plötzlich nicht mehr. Als ich am Morgen au fwachte und das Radio anmachte, habe ich es erfahren: die Welt geht vor die Hunde.
Die Medien berichten über nichts anderes.
Jetzt sitze ich in meinem Auto und trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Aus den Lautsprecherboxen ertönt die nervöse Stimme der Nachrichtensprecherin.
»…das Jüngste Gericht…«
So nennen sie es also inzwischen.
Man sagt, der Ursprung liegt irgendwo im nahen Osten.
Manche sagen es war eine schmutzige Bombe. Andere, ein Chemieunfall. Wieder andere… Niemand scheint es genau zu wissen. Fest steht, es breitet sich rasend schnell aus. In den letzten Stunden soll überall auf der Welt der Notstand
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