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Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)

Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)

Titel: Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Semesch , Christoph Wittmann
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Schüler.
    »Mr. Hershner? Sie wollten mich sprechen?«, fragte Sam in der Tür stehend mit piepsiger Stimme.
    »Samuel, komm rein«, sagte der Lehrer und lächelte. Ein gutes Zeichen.
    »Ich wollte mit dir über deinen Aufsatz sprechen.«
    Na toll, der Aufsatz, dachte Sam. Es war eine Arbeit über den Bürgerkrieg. Sam hatte sich kurzerhand dazu entschlossen, Gettysburg in ein übernatürliches Schlachtfeld zu verwandeln und baute statt Pferden Werwölfe ein und General Lee wurde der Fürst der Vampire. Die Nordstaaten gewannen die Schlacht nur mit Hilfe einer Armee Untoter. Sam ließ keines der klassischen Horrorelemente aus.
    »Du wirst verstehen, dass ich dir für diese Arbeit keine Eins geben kann«, erklärte Mr. Hershner und hielt Sam Arbeit demonstrativ die Arbeit hin.
    Sam nickte enttäuscht.
    »Ich weiß nicht einmal, ob ich sie überhaupt bewerten kann. Aber ich kann dir versichern, wäre das eine Ausschreibung für Horrorkurzgeschichten gewesen, hättest du zweifelsohne den ersten Platz gemacht.« Mr. Hershners Miene entspannte sich. Er lächelte tatsächlich sogar ein wenig mehr.
    »Meinen Sie?«, fragte Sam erstaunt.
    »Ja, Junge. Du hast Talent zum Schreiben. Hast du jemals daran gedacht einmal als Schriftsteller zu arbeiten?«
    Sollte das ein Witz sein? Sam dachte jede freie Minute ans Schreiben, insbesondere an Horrorgeschichten.
    »Weiß nicht«, antwortete Sam verlegen.
    »Jetzt mal im Ernst. Du schreibst gut und hast außergewöhnlich viel Fantasie, wie ich sie nur selten von Jungs in deinem Alter kennengelernt habe. Wenn du willst, überarbeiten wir die Geschichte und schicken sie an eine Zeitschrift. Ich dachte da an The Other Side oder so.«
    Sam konnte kaum glauben, dass sein Englischlehrer diese Art von Magazinen überhaupt kannte. Er dachte immer, dass Mr. Hershner seine Nase in Büchern von Mark Twain, John Cocteau oder Charles Dickens vergraben würde. Anscheinend aber lagen seine Interessen auch im Genre der Phantastik.
    Er mochte seinen Englischlehrer immer mehr.
    Schließlich willigte Sam ein und eine Woche später überarbeitete er gemeinsam mit Mr. Hershner seine Kurzgeschichte über seine Version der Schlacht von Gettysburg. Sein Lehrer erklärte ihm, auf was er beim Schreiben achten müsse, wie die Satzstellungen besser klangen und auf was er sonst noch achten musste.
    Die Geschichte erschien tatsächlich in einer Anthologie. Sie bekam zwar nicht den ersten Platz, aber immerhin erhielt Sam dafür ein Abo der Zeitschrift über ein ganzes Jahr. Sobald er ein Magazin ausgelesen hatte, gab Sam es an Mr. Hershner weiter, damit dieser es lesen konnte. Schließlich hatte sein Lehrer maßgeblichen Anteil an Sams erfolg, und er sollte nicht leer ausgehen. Dieses Ereignis war der Grundstein von Samuel Colemans schriftstellerischer Karriere. Gelegt von seinem Englischlehrer.
    Sam ließ seinen Blick auf das dritte Fenster im ersten Stock, Mr. Hershners Büro, verharren und fragte sich, ob er in diesem Moment an seinem Schreibtisch saß und auch zum Klassentreffen kommen würde. Sicher lebte er noch; er könnte allerhöchstens Sechzig sein Immerhin gehörte er damals zu der jüngeren Generation und weniger konservativen Lehrern von Flagstaff.
    Vor dem zweistöckigen Gebäude herrschte bereits reges Treiben. Aber es waren nicht die Schüler, die vor der Schule herumwuselten – die hatten Unterricht -, sondern einige Erwachsene, die Kartons und Transparente aus den geparkten Autos luden.
    Natürlich, das Klassentreffenkomitee, schoss es Sam durch den Kopf. Sie trafen bereits die ersten Vorbereitungen für den morgigen Abend. Sam prüfte ob er womöglich jemanden unter ihnen wiedererkannte, musste aber feststellen, dass das nicht der Fall war. Obwohl er sich sicher war, dass er einige von ihnen sehr wohl kannte. Nur hatten sie sich, genau wie er, im Laufe der Zeit verändert. Und waren jetzt Fremde.
    Einen Moment lang überlegte er, ob er vielleicht hingehen und ihnen seine Hilfe anbieten sollte, entschied sich aber dann doch dagegen. Es waren ohnehin zu viele Leute; sie gingen sich jetzt schon gegenseitig im Weg um. Außerdem wollte Sam sich noch ein wenig umsehen in der Stadt umsehen. Wer wusste schon, wann er das nächste Mal hier sein würde und die Gelegenheit dazu hätte.
    Sam spazierte an ihnen vorbei und ließ die Vorderseite der Schule hinter sich. Das Schulgebäude war - abgesehen von dem neuen Anstrich - unverändert und ihm fiel erst jetzt auf, dass die High- und Junior Highschool

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