Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
konnte es gut sein, dass man auf ihm eine Plombe verlor. Isaac hatte sich einmal sogar in die Zunge gebissen und wie ein abgeschlachtetes Schwein geblutet. Knapp eine halbe Meile musste man überwinden, dann hatte man den Pfad hinter sich und der Weg wurde wieder sanfter. Folgte man ihm weiter, kam man an eine Abzweigung. Links konnte man auf direktem Weg zum Lake Flagstaff, dem hiesigen See, gelangen. Wobei See es nicht ganz traf. Es handelte sich eher um eine Schottergrube. Rechts führte ein Weg in den kleinen Waldstreifen und geradewegs zu ihrem Versteck - Dead Oak. Diesen Weg nahmen die beiden nun. Unter dem Blätterdach hatte sich die Hitze der letzten Wochen trotz des Regengusses gehalten. Die Luft war schwül und schwer. Wasserdampf stieg in filigranen Nebeln vom Boden auf, zitterte und löste sich in Kniehöhe vollends auf. Vor den Fahrrädern teilte er sich wie eine Bugwelle und stob in tausend Wirbeln auseinander. Tropfen sammelten sich in den Blattspitzen, fielen lautlos aus den Wipfeln und zerplatzen spritzend am Waldboden. Hier und da waren Waldtiere zu sehen, die sich wieder aus ihren Bauten, Verstecken und Nestern trauten. Vögel begannen zu zwitschern.
Es herrschte eine seltsam zwiespältige Atmosphäre, es war gruselig und märchenhaft schön zugleich.
Eine alte Eiche, die die Freunde vor einigen Jahren zufällig entdeckt hatten, diente ihnen als Versteck. Sie waren der Meinung, dass eine Gruppe - oder eine Gang, wie sie sich gerne selbst sahen (das klang so richtig schön waghalsig) - einen Unterschlupf bräuchte. Und diese alte Eiche war nahezu perfekt dafür.
Man musste schon genau wissen, wo Dead Oak lag, um es zu entdecken. Was eigentlich nur möglich war, wenn man wirklich danach suchte. Trottete man als Wanderer ahnungslos darunter vorbei, bemerkte man das Baumhaus nicht, dass die Kinder im Laufe der letzten drei Jahre gebaut hatten. Die Plattform lag in etwa sechs Metern Höhe, die Äste waren so gewachsen, dass sie perfekten Sprossen glichen.
Sam kletterte normalerweise in keine Schwindel erregenden Höhen, aber bei Dead Oak war das etwas anderes. Er hatte mitgeholfen, es zu bauen, hatte selbst für größtmögliche Sicherheit gesorgt und darauf geachtet, dass ja keine Sprosse zufällig brach oder sich eine Querverstrebung lockerte.
Trotzdem übermannte ihn die ersten paar Male, die er die Eiche raufgeklettert war, in halber Höhe die Angst und er konnte weder nach oben noch nach unten weiter. Seine Finger krallten sich krampfhaft ins Holz und wollten einfach nicht lockerlassen.
Also fuhr Sam des Öfteren alleine raus in den Wald um seine Höhenangst zu überwinden. Nach etlichen Versuchen gelang es ihm schließlich. Obwohl immer noch eine leichte Unsicherheit im Spiel war, hatte er seine Höhenphobie einigermaßen gut im Griff.
Jake und Sam steckten die meiste Zeit in den Bau von Dead Oak, aber auch die anderen halfen fleißig mit. Die Arbeiten blieben natürlich nicht gänzlich ohne Zwischenfälle. Isaac hatte sich beim Versuch ein Brett anzunageln, versehentlich den Nagel in die Handfläche geschlagen. Er schrie wie am Spieß. Das war zwei Tage nachdem er sich am Shattered Path beinahe die Zunge abgebissen hatte. 1986 war nicht gerade das Jahr des Isaac Bennett. Es endete mit einem gebrochenen Bein, als er kurz nach Weihnachten auf dem Glatteis ausrutschte und hinfiel.
Joshua war allergisch gegen den Staub, der sich beim Holzschneiden bildete und Madison – na ja, sie war ein Mädchen und konnte die schweren Bretter nicht schleppen. Also waren nur Sam und Jake geblieben, und sie erledigten den Löwenanteil der Arbeiten.
Sam und Madison versteckten wie immer ihre Fahrräder in einem Dickicht etwas abseits von Dead Oak. Schließlich sollte ja niemand wissen, dass sie in der Nähe waren. Speziell Barnes und seine Freunde. Doch bis jetzt hatten sie Dead Oak nicht entdeckt. Zum Glück, sonst hätten sie das Versteck längst abgefackelt. Aus purer Freude am Zerstören, und natürlich um Sam und Co. eins auszuwischen.
Wie immer war Madison die erste, die hochkletterte. Sam blieb dicht hinter ihr und betrachtet ihren Hintern. Ihm war bisher nicht bewusst, dass sie auch von hinten und unten gut aussah. Egal von welchem Blickwinkel man sie auch betrachtete, Madison war das schönste Mädchen der Welt. Außerdem hatte er nun einen Punkt auf den er sich beim Hochklettern konzentrieren konnte.
Das Baumhaus beinhaltete alte Matratzen samt Decken und Polstern, die sie hauptsächlich aus dem
Weitere Kostenlose Bücher