DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
kann, als ich ein zweites Mal auftauchen sehe, denn das muss bedeuten, dass ich nicht so weit bei Mortain in Ungnade gefallen bin, dass Er mir Seinen Willen nicht länger offenbart.
Ich wische meine Klinge an Gallmaus Umhang ab, dann stecke ich sie wieder in ihre Scheide und stehe auf. »Ist alles in Ordnung mit Euch?« Ich erkenne den dünnen, dunkelhaarigen Mann als Lazare, den grimmigsten der Köhler. Ich bezweifele, dass dieser Zwischenfall seine Laune auch nur im Mindesten verbessert hat.
»Ich hätte derjenige sein sollen, der die Schweine tötet«, zischt er.
»Ihr könnt derjenige sein, der sie beim nächsten Mal tötet«, versichere ich ihm, und dann frage ich die Frau, ob es ihr gut geht. Sie nickt zittrig. Ich drehe mich wieder zu Lazare um. »Geht und wascht Euch das Blut in dem Fluss ab, bevor irgendjemand es sieht. Wenn Ihr irgendeinem Nachtwächter über den Weg lauft, sagt einfach, dass Ihr zu viel Wein getrunken habt und in den Fluss gefallen seid.«
Er starrt mich lange an. Ungesagtes spricht aus seinen Augen. Zorn darüber, dass ihm aufgelauert wurde, Unbehagen, dass ihn eine schwache Frau gerettet hat, Frustration, dass nicht er derjenige war, der die Ehre seiner Frau verteidigt hat. Aber da ist auch Dankbarkeit, selbst wenn es eine widerstrebende ist. Er bedenkt mich mit einem angespannten Nicken und tut, was ich ihm aufgetragen habe. Während er sich säubert, frage ich die Frau: »Was ist passiert?«
»Wir kamen zu später Stunde von einer letzten Lieferung zurück, weil Erwan beim ersten Tageslicht aufbrechen wollte, als diese beiden uns angegriffen haben. Sie haben unser Geld genommen und wollten … wollten … und als Lazare versuchte, sie aufzuhalten, haben sie ihn verprügelt. Vielen Dank, gnädiges Fräulein. Danke, dass Ihr genau im richtigen Augenblick eingetroffen seid. Die Dunkle Mutter hat auf uns aufgepasst.«
»Oder Mortain«, sage ich. »Denn das ist der Gott, dem ich diene, und Er war es, der mich hierher zu diesen beiden geführt hat.«
Die Aufregung der Jagd legt sich langsam, und ich merke, dass ich müde bin. Sehr, sehr müde. Trotzdem nehme ich mir Zeit, mich neben die beiden Leichen zu knien und sie nach Münzen zu durchsuchen, die ich der Frau gebe. »Jetzt geht. Holt Lazare und kehrt zu den anderen zurück.«
Als ich sie verabschiedet habe, trete ich den langen Weg zurück zum Palast an, leer und hohl, wie ausgebrannt, jetzt, da mein Zorn verraucht ist.
Achtundzwanzig
A LS ICH DIE T ÜR meines Gemachs erreiche, kann ich spüren, dass dahinter jemand wartet. Panik durchzuckt mich. Ist es die Bestie, die mich trösten will? Wütend, dass ich mich überhaupt mit einem solchen Gedanken beschäftige, ziehe ich eine Klinge vom Handgelenk und öffne die Tür.
Es ist nur Ismae, die zusammengesunken in einem Sessel neben dem fast niedergebrannten Feuer sitzt, und ich kann nicht erkennen, ob es Erleichterung oder Enttäuschung ist, was ich empfinde. Bei dem leisen Knarren der Tür, die sich hinter mir schließt, regt Ismae sich, dann blinzelt sie. »Sybella!« Sie steht auf und kommt zwei Schritte auf mich zu. »Wo bist du gewesen?«
Ich kann ihr nicht erzählen, dass ich wegen eines gebrochenen Herzens Trübsal geblasen habe, nachdem ich so hart gearbeitet habe, um sie davon zu überzeugen, dass ich überhaupt kein Herz habe, also ziehe ich stattdessen eine Augenbraue hoch. »Bist du mir böse, weil ich es dir nicht früher erzählt habe?«
»Nein! Es überrascht mich, dass die Äbtissin dich gebeten hat, den Mund zu halten.« Die Liebe und das Mitgefühl, die ich auf Ismaes Gesicht sehe, sind beinahe zu viel für mich.
»Es war nicht die Äbtissin«, sage ich. Die Wahrheit bricht aus mir hervor wie Eiter aus einer Wunde. »Sie hat mir nie verboten, es dir zu erzählen. Ich habe nur … ich konnte mich nicht dazu überwinden, es zu tun. Vor allem, nachdem du d’Albret in Guérande kennengelernt hattest.«
Ismae überwindet die Entfernung zwischen uns, fasst mich an beiden Händen und drückt sie. Ich kann nicht erkennen, ob die Geste Trost oder Verärgerung ausdrücken soll. Vielleicht beides. »Wir haben alle unsere Geheimnisse. Und unsere Narben. Annith hat mir das an meinem ersten Morgen im Kloster klargemacht. Ich habe dir auch nicht alles über meine Vergangenheit verraten.«
»Ach nein?«
Ismae schüttelt den Kopf, und ich mustere sie, um festzustellen, ob dies nur eine List ist, um mich zu trösten.
»Ich weiß, dass du verheiratet warst und dass dein
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