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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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Vater dich geschlagen hat.«
    Sie zuckt leicht zusammen. »Beides ist wahr, aber hinter meiner Geschichte steckt noch mehr. Ich habe dir nie von dem Gift erzählt, das meine Mutter von der Kräuterhexe bekommen hat, um mich aus ihrem Schoß zu vertreiben. Noch habe ich von der langen, hässlichen Narbe auf meinem Rücken erzählt, wo das Gift mein Fleisch verätzt hat. Ich habe nie von meiner Schwester gesprochen, die mich gefürchtet hat, oder von den Dorfjungen, die mich verhöhnt und mir grausame Namen gegeben haben. Wie du war ich so froh, entkommen zu sein, dass ich nicht den Wunsch hatte, von alldem zu sprechen und mein neues Leben im Kloster mit diesen Erinnerungen zu besudeln.«
    Und so hat sie mir einfach Absolution gewährt, hat erklärt, dass meine Verbrechen gegen unsere Freundschaft überhaupt keine Verbrechen seien. Ich finde keine Worte, die sie wissen lassen könnten, wie viel mir dies bedeutet. Stattdessen lächele ich. »Welche Art von Schmähungen haben sie dir an den Kopf geworfen?«
    Ismae rümpft die Nase und lässt meine Hände los. »Keine, die ich gern wiederholen möchte.«
    »Also dann«, wechsele ich das Thema, »warum wartest du hier auf mich?«
    »Ich hatte Angst um dich.«
    »Angst? Was hast du befürchtet?«
    Sie zuckt verlegen die Achseln. »Dass die Äbtissin dich wieder irgendwohin geschickt hat. Dass du weggelaufen bist. Die Möglichkeiten schienen endlos, während ich die ganze Nacht hier gesessen habe.«
    Etwas in meinem Herzen wird weicher. »Du hast die ganze Nacht auf mich gewartet?«
    »Sobald ich hier war, schien es sinnlos, wieder zu gehen, bis ich wusste, was aus dir geworden ist.« Sie dreht sich um und ergreift einen Schürhaken, um die Glut im Kamin anzufachen. »Wo bist du gewesen?«
    »Ich musste raus aus dem Palast, weg von der Äbtissin und all ihren Manipulationen.«
    »Es ist nicht gerade hilfreich, dass du erschöpft bist. Hier. Komm ins Bett. Du brauchst Schlaf. Wie ich dich kenne, hast du in den letzten sechs Tagen nicht mehr als sechs Stunden geschlafen.«
    Dass sie mit ihrer Vermutung der Realität so nahe gekommen ist, entlockt mir ein Lächeln. »Trotzdem, ich werde nicht schlafen können. Nicht hier, nicht jetzt.«
    »Doch, das wirst du. Das ist ein weiterer Grund, warum ich in dein Zimmer gekommen bin. Um dir einen Schlaftrunk zu bringen.«
    Tränen kitzeln meine Augen – merde, aber ich werde zu einer weichen, weinerlichen Kreatur! Damit sie es nicht sehen kann, drehe ich ihr den Rücken zu und bedeute ihr, dass sie mir helfen soll, mein Korsett aufzubinden. »Aber was ist mit der Herzogin? Musst du ihr nicht aufwarten?«
    »Erst in einigen Stunden.«
    Etwas von der Anspannung fällt von mir ab, und ich erlaube Ismae, mir zu helfen, mich auszukleiden, als sei ich ein kleines Kind, anschließend legt sie mich ins Bett und zieht die Decken hoch. Ich warte, während sie den Schlaftrunk in einen Kelch schüttet, dann trinke ich ihn. Unsere Blicke treffen sich. Ich weiß nicht einmal, wie ich ihr auch nur ansatzweise danken kann. Und weil es Ismae ist, lächelt sie einfach und sagt: »Gern geschehen.«
    Ich lächele zurück, dann mustere ich sie, während sie meine Sachen wegräumt. Sobald wir beginnen, Aufträge für das Kloster zu erledigen, ist es uns verboten, mit anderen darüber zu reden. Aber Ismae ist dem Kloster nicht länger so verpflichtet, wie sie es einst war, und ich hungere danach, von ihren Erfahrungen zu hören, damit ich feststellen kann, ob sie die gleichen Zweifel und Fragen hat wie ich. Ich beginne an einem losen Faden an der Bettdecke zu nesteln. »Weißt du eigentlich«, sage ich beiläufig, »ob die Wirkung der Tränen Mortains mit der Zeit nachlässt?«
    Sie hört auf, das Gewand glatt zu streichen, das sie in der Hand hat. »Ich weiß es nicht. Bei mir hat die Wirkung nicht nachgelassen.«
    »Siehst du immer noch Sein Mal?«
    »Ich konnte das Mal sehen, seit ich ein Kind war. Ich wusste nur nicht, was es war.«
    »Warum haben sie dir dann überhaupt die Tränen gegeben?«
    »Sie haben meine anderen Sinne geschärft. Ich konnte plötzlich – dies wird verrückt klingen – die Lebensfunken der Menschen spüren. Ich bin mir ihrer lebenden, atmenden Körper bewusst, selbst wenn ich sie nicht sehen kann.«
    »Das ist eine Gabe, die ich habe, seit ich ein Kind war«, erwidere ich. Und mehr als einmal hat es mich gerettet. Ich begreife, wie nutzlos Ismaes Gabe, Male zu sehen, in meiner Situation gewesen wäre; ich hatte es nicht nötig,

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