DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
können beeinflusst werden, und sie heißen häufig das willkommen, was die Kirche nicht gutheißt. Und so frage ich Euch: Werdet Ihr Euch uns anschließen?«
Ihre Blicke treffen sich über dem Feuer – die Augen der Bestie blitzen herausfordernd und doch einladend, Erwans Augen sind zweifelnd und voller Fragen. Bevor einer von ihnen etwas sagt, ergreift Malina das Wort: »Wir wollen uns mit Bruder Eiche beraten.«
Ein Raunen der Zustimmung läuft durch die Reihen der Köhler, dann erhebt sich ein uralter Mann mit steifen Gelenken ächzend und nähert sich dem Feuer. Mit seinen knorrigen, zitternden Händen öffnet er einen Beutel an seiner Taille und zieht einen großen, unförmigen Klumpen heraus. Zuerst denke ich, es ist ein großer, dunkler Pilz, aber als der Mann näher ans Feuer tritt, kann ich sehen, dass es ein riesiger Gallapfel ist.
Der alte Mann legt ihn sorgfältig auf einen der Steine, die rund um das Feuer liegen, dann nimmt er eine kleine Axt, die von seiner Taille hängt. Er schließt die Augen und hält die Axt übers Feuer, dabei murmelt er etwas in einer alten Sprache, die ich nicht verstehe. Die restlichen Mitglieder der Sippe murmeln mit ihm. Als sie in ihrem Gemurmel innehalten, ergreift der alte Mann die Axt und lässt sie mit überraschender Kraft niedersausen, um den Gallapfel aufzubrechen. Weil ich ganz nah bin, kann ich eine kleine weiße Larve sich winden sehen. Nach einem Moment breitet die Larve die Flügel aus – ist also keine Larve mehr – und fliegt davon.
Der alte Mann schaut zu den wartenden Köhlern auf. »Die Dunkle Mutter sagt, dass wir kämpfen.«
Und so ist es beschlossen.
Wir reiten im Licht der Morgendämmerung los, begleitet von einem ganzen Trupp Köhler. Wie das Glück es will, müssen sie eine Ladung Kohle zu einem Schmied in Rennes bringen. Ich habe mich als eine ihrer Frauen verkleidet und die Bestie sitzt auf der Ladefläche eines der Karren und spielt den Einfaltspinsel. Yannic passt bestens ins Bild.
Nicht einmal d’Albret mit all seinem Argwohn und all seinem Misstrauen würde daran denken, hier nach uns zu suchen.
Dreiundzwanzig
T ROTZ ALL SEINER FRÜHEREN Beteuerungen, dass seine Knochen, wenn er in einem Wagen führe, zu Sand zermahlen würden, schläft die Bestie den ganzen Weg bis nach Rennes auf der Ladefläche eines der drei Karren der Köhler. Zweimal kommen d’Albrets Späher auf der Straße an uns vorbei, und beide Male haben sie kaum einen Blick für die Köhler übrig, geschweige denn, dass sie auf die Idee kommen, unter ihnen nach uns zu suchen. Und das Beste von allem, als wir in Sichtweite der Stadtmauern kommen, geht es de Waroch besser, ob wegen der Ruhe oder wegen der Kräuter, die Malina ihm verabreicht hat, kann ich nicht beurteilen.
Als wir uns dem Tor der Stadt nähern, rufen die Glocken der Kathedrale zum spätnachmittäglichen Gebet. Obwohl ich nicht alle Männer d’Albrets vom Sehen kenne, mustere ich die Wachen und jeden in der Menge vor den Stadttoren. Ich ignoriere die gebeugte Haltung des Bauern und den selbstbewussten Schritt des Stadtwächters; ich schaue an den Kleidern vorbei, die sie tragen, und betrachte eingehend ihre Gesichter, denn wenn ich mich verkleiden kann, können sie das ebenfalls tun. Ich kann nicht glauben, dass wir das Unmögliche geschafft haben. Wir sind nicht nur d’Albret entkommen, wir sind auch einer Gefangennahme entronnen, und es ist schwer, das nicht für einen Traum zu halten.
Die Bestie weigert sich rundheraus, mit einer Ladung Kohle in die Stadt geschafft zu werden, also machen wir lange genug Pause, um ihn auf ein Pferd zu heben. Ein Summen der Dringlichkeit füllt meinen Kopf wie ein Schwarm Mücken, und ich verspüre ein Jucken zwischen den Schulterblättern, das fast unerträglich ist. Vier Männer ächzen gewaltig, bis der große Trottel rittlings auf seinem Pferd sitzt. Bald, verspreche ich mir selbst. Bald wird er nicht länger unter meiner Verantwortung stehen, sondern unter der eines anderen – eines Menschen, der viel tüchtiger ist, als ich es bin. Der Gedanke muntert mich nicht so sehr auf, wie er es früher einmal getan hat.
Als unsere kleine Gruppe sich anschickt, sich den Toren zu nähern, versuche ich, nicht zu zappeln. Wir sind mit einer dicken, schwarzen Staubschicht von den Köhlern und ihrer Ware bedeckt, was unsere Verkleidung vervollkommnet, aber nichts kann die Größe oder die Haltung der Bestie maskieren. »Lasst ein wenig die Schultern sinken«, sage ich dem
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