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Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Titel: Dark Village 02 - Dreht euch nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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riss ihn hinab in etwas Bodenloses, Pa nisches – er fiel durch die Zeit zurück, durch Wochen, Monate, Jahre. Damals hatte er auch im Dunkeln gestanden. Es hatte genauso muffig und klamm gerochen. Er hatte es auf der Haut gespürt, eine dünne Schicht ekliger, kriechender Wirklichkeit.
    Katie.
    Da war eine Uhr gewesen, ein schwaches Ticken, das immer lauter zu werden schien und bald im Sekundentakt in seinen Kopf stach. Er hob die Hände und presste sie auf die Ohren, aber der Schmerz verschwand nicht. Er öffnete den Mund, aber dann fiel ihm ein, dass er nicht schreien konnte, weil niemand jemals erfahren durfte, was passiert war.
    Oh Katie!
    Es tickte und stach, er wollte nicht dort sein, er wollte weg, er wollte vergessen, er wollte von diesen Dingen nichts wissen. Schützend schlang er die Arme um den Kopf, wich in eine Ecke zurück und dachte, wenn er lange genug so dastand, ganz still, würde er vielleicht verschwinden.
    Sie stoppte. Die mächtige Lawine in ihm, der Fall. Urplötzlich war er zurück in der Gegenwart, der Revolver in seinen Hän den zitterte.
    Er atmete heftig und schnell und irgendwo in seinem Kopf hörte er sich betteln und flehen: Ich war nur ein kleiner Junge, Katie. Bitte. Vergib mir. Ich habe getan, was ich tun musste!
    Im Bett erwachte Werner mit einem Ruck.

3
    Und jetzt? Was sollte sie jetzt schreiben? Was fühlte sie tief in sich drin? Das ließ sich nicht mehr so einfach sagen. Vilde war wie betäubt. Es kribbelte irgendwie in ihr, im Herzen, in den Gedanken, in der Seele. Das war nervig, das störte sie, aber sie konnte nicht auftauchen und sich von dem schweren, dicken Nebel losreißen, der sich in ihr ausbreitete.
    Es war, als würde sie schlafwandeln, im Schlaf denken, als fühlte und fantasierte und träumte sie in einem Labyrinth aus undurchsichtigen Gummiwänden, die sich um sie herum auf türmten. Sie gaben nach, wenn sie dagegenschlug, aber dann schnellten sie in ihre alte Form zurück.
    Ich bin nicht mehr ich , schrieb sie. So etwas wäre meinem alten Ich nicht passiert. Nicht der, die ich einmal war. Also bin ich nicht mehr ich. Sie legte den Stift weg.
    Besser konnte sie das, was in ihr war, nicht beschreiben. Und vielleicht war gerade das der beste Schutz in den schrecklichen Tagen, die nun folgen sollten. Vielleicht konnte der Abstand, den sie zu sich selbst fühlte, diese traumartige Distanz, ihr hel fen, den Schock zu überstehen, der sie bald treffen würde, den Schock und das Blut und die Angst.
    Ich bin nicht ich.

4
    „Ist da … Ist da jemand?“
    Werner stützte sich auf den Unterarm und tastete nach dem Schalter der kleinen Lampe auf dem Nachttisch. Seine Stimme klang dünn und ängstlich, wie die eines Kindes, das fragt: Sind da Monster in meinem Schrank, Mama?
    Nick rührte sich nicht. Er stand mit dem Rücken an der Wand, den Revolver am ausgestreckten Arm vor sich.
    Werner stieß gegen die Lampe und sie fiel auf den Fußboden. „Verdammt.“
    Schnell versteckte Nick den Revolver hinter dem Rücken.
    Werner beugte sich aus dem Bett und tastete nach der Lampe. Schließlich fand er sie und knipste sie an.
    Das Zimmer wurde in ein schmutzig gelbes Licht getaucht, das die Wände hinaufzukriechen schien.
    Nick trat einen Schritt vor, immer noch mit dem Revolver hinter dem Rücken. Er war bereit, ihn jederzeit hervorzuziehen.
    Für dich, Katie, für dich …
    Werner zuckte zusammen. „Was in aller Welt …?“ Er starrte Nick an. Überraschung und Wut spiegelten sich in seinem Ge sicht und er rief: „Raus!“ „Nein“, erwiderte Nick. „Wir beide werden uns jetzt unterhalten.“
    Seine Stimme war leise und fest, sein Kopf kühl, seine Gedan ken systematisch. So war es schon immer gewesen. Er funktio nierte gut in extremen Situationen.
    „Wir bringen das jetzt zu Ende“, sagte er. „Werner, Werner. Das hättest du nicht tun sollen, Werner.“
    „Wovon redest du? Du verschwindest auf der Stelle! Es reicht, verdammt!“
    „Ich habe sie gesehen“, sagte Nick.
    Er hielt den Revolver immer noch hinter dem Rücken ver borgen, jetzt krümmte er den Finger um den Abzug. Er griff nach einem Kissen, das auf einem Stuhl neben der Tür lag. Das würde den Schuss dämpfen.
    „Die Zeichnungen. Ich habe sie gesehen, Werner. Ich weiß Bescheid.“
    Zwei Strichmännchen, eins, das stand, und eins, das lag. Die stehende Figur war ein Mann, groß und bedrohlich. Sein Gesicht war leer, abgesehen von zwei Punktaugen und einem Mund mit herabgezogenen Mundwinkeln. Ein

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