Dark Village 02 - Dreht euch nicht um
unfähig wären, Spuren zu sichern. Sondern weil jemand dort war, der sie getö tet und hinterher alle Fingerabdrücke beseitigt hat.“
„Haben Sie bedacht“, sagte Wolff, „dass Sie sich einem enormen Druck aussetzen, wenn Sie an die Öffentlichkeit gehen und sagen, dass es ein Verbrechen war? Im Moment ist es ein ‚verdächtiger Todesfall’ und die überregionalen Zeitungen interessieren sich nur mäßig dafür. Aber im selben Moment, in dem Sie bekannt geben, dass es sich um ein Verbrechen handelt, wird sich die gesamte Presse auf Sie stürzen und auf der Stelle Ergebnisse fordern.“
„Na ja.“ Der Polizeimeister wand sich unbehaglich. „Da ist wohl was dran.“
„Vielleicht wäre es besser, gleich die Kripo einzuschalten“, sagte Wolff. „Dann können die das entscheiden.“
Er beobachtete Birger Olsen und ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Er konnte sehen, dass der Polizeimeister hin- und hergerissen war: Einerseits wollte er gerne den Ruhm und die Ehre einheimsen, die mit der Aufklärung dieses Falles ein hergingen. Andererseits hatte er eine Heidenangst, dass man ihm die Schuld geben würde, falls etwas schieflief. Außerdem konnte es richtig peinlich für ihn werden, wenn er die Kripo mit einer Sache behelligte, die sich später als banaler Unfall mit Todesfolge herausstellte.
„Tja, also“, murmelte Olsen und rieb sich das Kinn, „ich denke, wir warten noch ein bisschen.“
„Damit, die Kripo einzuschalten?“
„Ja, das auch. Aber vor allem damit, Details an die Presse rauszugeben. Vielleicht finden wir weitere Anhaltspunkte, die die Sachlage erhellen.“
„Ja“, lächelte Wolff. „Man weiß ja nie.“
Der Polizeimeister erhob sich und zog seinen Hosenbund hoch. „Das ist oft so bei Verbrechen“, sagte er finster. „Der Täter wird nervös und macht Fehler. Da können wir dann ansetzen.“
„Ich drücke Ihnen die Daumen“, sagte Wolff.
2
Die Große Beichte. Daran führte kein Weg vorbei.
Vilde ging mit Nora zu Burger King. Sie hatte keine Lust, zu Hause unter vier Augen mit ihr zu sprechen. Das war ihr zu eng, zu eingesperrt. Sie litt sowieso schon unter Klaustrophobie.
In dem Fast-Food-Restaurant war wenig los. Keine Schlange am Tresen. Sie gingen nach vorn und bestellten, dann holten sie Strohhalme, Salz und Ketchup. Ein Mann kam aus der Toilette, er war groß und sah gut aus. Er lief mit schnellen, energischen Schritten an ihnen vorbei.
„Na, ihr zwei!“
Sie kannten ihn, seit sie zurückdenken konnten. Er hieß Lucas. Vilde mochte ihn nicht. Er lächelte und winkte ihnen zu. Nora winkte zurück, Vilde grüßte ihn mit einem Kopfnicken. Zum Glück steuerte er auf den Ausgang zu.
Vilde und Trine nahmen ihre Tabletts entgegen und gingen in den ersten Stock, wo es immer ruhig war. Sie aßen schwei gend ihre Hamburger.
Dann sagte Vilde: „Was du gesehen hast, neulich …“
„Hm?“, machte Nora.
„Na ja … der Kuss.“
„Ah.“
„Da war nichts.“
„Der Kuss?“
„Nein. Da läuft nichts zwischen mir und Nick“, sagte Vilde.
„Hä?“ Nora runzelte die Stirn.
„Ich bin nicht mit Nick zusammen“, sagte Vilde. „Der Kuss war nur aus Jux.“
„Aus Jux? Wie meinst du das?“
„Ja, also, er wollte nicht.“
„Ihr habt euch doch geküsst.“
„Es ist kompliziert“, sagte Vilde.
Noras Blick schweifte ab. Sie zuckte die Schultern. „Du musst mir nichts erklären“, sagte sie lahm und schlürfte ihren Milchshake durch den Strohhalm.
„Doch“, erwiderte Vilde.
Nora sah auf ihren Hamburger.
„Ich weiß, dass IHR zusammen seid“, sagte Vilde.
„Ihr? Wer ihr?“
„Du und Nick.“
„Quatsch.“
„Mensch, Nora. Sei nicht so … blöd! Er hat erzählt, dass ihr zusammen seid!“
„Nick hat das erzählt?“
„Nein, der König von Spanien!“
„Aber …“ Nora nahm den Deckel vom Becher und rührte mit dem Strohhalm im Milchshake herum. „Du hast also mit Nick über mich geredet?“
„Ja. Und jetzt bin ich hier, weil er mich gebeten hat, dass ich dir alles von Anfang an erzählen soll.“
„Von Anfang an?“ Nora starrte sie verständnislos an.
„Gibt es hier ein Echo, oder was?“ Vilde lachte nervös. „Okay, keine Witze jetzt.“ Sie räusperte sich und nahm innerlich An lauf. „Die Sache ist die, dass … ich mit Trine zusammen bin.“
„Hä?“
„Also …“ Vilde merkte, dass sie gleich lachen musste, das alles war so absurd. Sie kicherte hinter vorgehaltener Hand wie eine frisch verknallte
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