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Dark Village - Das Böse vergisst nie

Dark Village - Das Böse vergisst nie

Titel: Dark Village - Das Böse vergisst nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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einen Moment an Trine hängen, dann schlug sie die Augen nieder und steckte sich eine neue Zigarette an.

4
    Und jetzt hatten sie sich geküsst. Vilde und Trine.
    Es kam ihnen vor, als hätte alles auf Pause gestanden und als wären sie beide die Einzigen gewesen, die sich bewegt hatten, die Einzigen, die weitergelebt hatten.
    Aber nun hatte jemand den Play -Knopf gedrückt und die Welt um sie herum war ruckartig wieder in Bewegung geraten. Geräusche heulten auf, so plötzlich und unerwartet, dass es in den Ohren wehtat.
    Drei andere Mädchen kamen zu ihnen an den Küchentisch. Irgendwer stellte einen Teller mit Käsehäppchen hin. Eine wollte sich eine Zigarette anzünden und erntete einen Anpfiff.
    „He, geh raus damit!“
    „Wir wollen essen!“
    Aus dem Wohnzimmer drang eine Stimme zu ihnen herüber: „Wow, habt ihr was zu futtern aufgetrieben?“
    Vilde und Trine saßen reglos da, fühlten die Wärme der anderen. An der Schulter, am Oberarm und am Schenkel.
    Oh nein, dachte Trine, oh nein!
    Die Raucherin protestierte.
    „Eine halbe Kippe. Ihr krepiert ja nicht gleich, nur weil ich eine halbe Kippe rauche!“
    „Wir möchten was essen, okay?“
    „Ihr wollt jetzt ernsthaft, dass ich rausgehe? Echt jetzt!?“
    Trine senkte den Kopf. Sie starrte auf die gelbe Tischdecke. Die war ihr vorher gar nicht aufgefallen. Plötzlich musste sie an Ostern denken, an das Ferienhaus mit der gelben Tischdecke, an die Hühner, die sie in der Grundschule gebastelt hatte, an Eierbecher und den Wetterbericht im Radio. So vertraut, so normal. Aber mit einem Mal war alles anders. Sie hatte Vilde geküsst.
    Nein! Was sollen wir denn jetzt machen? Scheiße! Was machen wir jetzt?
    Trine schaffte es nicht, wieder hochzugucken. Sie konnte nicht. Um keinen Preis der Welt. Wenn Vilde sie nun ansah!
    Im Wohnzimmer wurde die CD gewechselt und die Lautstärke hochgedreht.
    I have climbed highest mountains
    I have run through the fields
    Only to be with you
    Only to be with you
    Die anderen unterhielten sich, aber Vilde hörte nicht zu. Sie konnte an nichts anderes denken als an Trine, sie konnte nichts anderes fühlen als Trine.
    Sie saßen noch immer dicht nebeneinander – Schenkel an Schenkel, Arm an Arm, Schulter an Schulter –, auch wenn Trine eigentlich ein Stück zur Seite hätte rücken können. Es war ja niemand neben ihr. Sie hatte Unmengen an Platz. Und trotzdem blieb sie, wo sie war. Ganz eng.
    Das tat sie doch nicht ohne Grund. Bestimmt nicht! Plötzlich bekam Vilde Angst, so schreckliche Angst, dass sie am liebsten losgeweint hätte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Hatte sie alles kaputt gemacht? Was würde Trine jetzt tun? Was würde sie sagen?
    Vilde spürte, wie ihr Gesicht rund um die Augen und die Lippen zu zucken begann. Sie war kurz davor, die Kontrolle zu verlieren.
    Als ob sie mit einem Schlag völlig machtlos war und zugucken musste, wie die Katastrophe über sie hereinbrach. Wie sich ihr Gesicht auflöste und ihr Körper in sich zusammensank.
    Bitte, bitte. Du darfst mich nicht hassen. Trine … Bitte!
    Da fühlte sie etwas, ganz schwach am Schenkel. Trine!
    Vilde hielt ihre Hände im Schoß verschränkt. Sie hatten sich kraftlos und wie tot angefühlt. Aber jetzt konnte sie sie bewegen, ihren kleinen Finger gegen Trines Hand drücken.
    Und Trine zog ihre Hand nicht weg.
    Vilde schloss für einen Moment die Augen, meinte Trines Atem zu hören. Schnell und schwer.
    Jetzt, jetzt muss ich was tun, dachte Vilde. Ich muss! Jetzt, bevor der Augenblick vorbei war, bevor es peinlich wurde und die Gelegenheit verstrich.
    Sie griff nach Trines Hand. Und dann – endlich – verschlangen sie ihre Finger ineinander.
    Die Erleichterung war so überwältigend, dass Vilde für eine Sekunde schwarz vor Augen wurde. Sie war kurz davor, in Ohnmacht zu fallen oder vielleicht sogar zu sterben.
    I have run
    I have crawled
    I have scaled these city walls
    These city walls
    Only to be with you

5
    Sie gingen alle vier gemeinsam nach Hause.
    Eigentlich hätten sie für den Heimweg nicht länger als fünf Minuten gebraucht, aber Benedicte musste sich unterwegs noch ein paar Mal übergeben und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
    Vilde und Trine sagten nicht viel. Sie hielten Abstand voneinander. Nora wirkte müde und grüblerisch.
    „Arschloch“, lallte Benedicte nach einem weiteren Ausflug in den Straßengraben. „Rieeeesenrieeeeesen … Arschloch, dieser Nick.“
    „Ist er gar nicht“, sagte Nora

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