Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Village - Das Böse vergisst nie

Dark Village - Das Böse vergisst nie

Titel: Dark Village - Das Böse vergisst nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
Vom Netzwerk:
ein, dann lässt er wieder Was ser drüberlaufen und trocknet sie mit Papier aus dem Hand tuchspender ab. „Über die Todesursache kann ich noch nichts sagen“, fügt er hinzu. „Ich warte mit der Obduktion. Vielleicht will die Kripo die ja lieber von ihren eigenen Rechtsmedizinern machen lassen.“
    Der Polizeimeister zuckt mit den Schultern. „Vielleicht.“
    Er hat schon lange nichts mehr gegessen, und er weiß nicht, was ihn mehr ärgert: der Hunger oder die Tatsache, dass er so abgestumpft ist, dass er neben der Leiche eines jungen Mäd chens steht und dabei ans Essen denken muss.
    „Eigentlich“, sagt Wolff, „wissen wir nichts. Wir wissen nicht mal, ob es Mord ist.“
    „Sie hat sich wohl kaum selbst in die Folie eingewickelt.“
    „Es ist möglich, dass sie bei einem Unfall ums Leben kam und anschließend eingepackt und in den See geworfen wurde.“
    „Hm.“ Der Polizeimeister reibt sich die Augen. Sein Magen knurrt. Es war ein langer Tag, und er weiß, dass er noch längst nicht zu Ende ist.
    „Nur, dass wir schon eine andere Leiche haben“, sagt er. „Und dabei handelt es sich auf jeden Fall um Mord. Riesige Schnitt wunden und überall Blut.“
    „Sie glauben, dass es einen Zusammenhang gibt?“
    „Was ist das denn für eine Frage, natürlich. Seit hundert Jah ren ist in Dypdal kein Mord mehr passiert. Und dann fallen uns plötzlich zwei Leichen in den Schoß! Und beides Frauen. Na türlich gibt es da einen Zusammenhang. Ich fresse einen Besen, wenn es nicht so ist!“
    Doktor Wolff wartet kurz – der Polizeimeister ist nicht ge rade der unkomplizierteste Zeitgenosse –, dann wagt er sich vor. „Ja … aber die Umstände sind völlig unterschiedlich. Die eine wurde im Haus ermordet. Bekleidet. Die andere lag im See, nackt. Beim ersten Mal gab es eine Menge Blut, diesmal nicht.“
    „Zwei Tote, Wolff. Zwei Tote hier in Dypdal.“ Der Polizei meister hält sich den Bauch, der über seinen Gürtel hängt. „Also, ich brauche jetzt wirklich was zu essen. So geht es ein fach nicht. Wissen Sie, ob die Kantine geöffnet ist?“
    Doktor Wolff nickt. „Die ist durchgehend auf, von morgens bis abends um acht.“
    „Von acht bis acht.“ Der Polizeimeister pfeift. „Alle Wetter. Man sollte wirklich im Krankenhaus arbeiten.“
    „Ich kannte sie“, sagt Doktor Wolff. Er wirft einen Blick auf das Mädchen. „Ein bisschen wenigstens. Sie ging mit meiner Nichte in die Klasse.“
    Der Polizeimeister steht in der Tür und seufzt. „Das hier ist ein kleiner Ort. Hier kennt jeder jeden.“ Dann dreht er sich um. „Wir hören voneinander“, sagt er noch im Hinausgehen.
    Wolff ist froh, ihn los zu sein. Polizeimeister Birger Olsen macht auf ihn nicht den cleversten Eindruck.
    Er arbeitet weiter. Er ist gerne gründlich. Er schießt Fotos von der Toten. Erst die Standardaufnahmen, die offiziellen, die sei nem Bericht angefügt werden.
    Dann noch ein paar, gerade wie es ihm in den Kopf kommt. Für sein eigenes Archiv.

18 Tage vor dem Mord
    I have kissed honey lips
Felt the healing in her fingertips It burned like fire
This burning desire
    I Still Haven’t Found What I’m Looking For , U2

1
    Vilde und Trine küssten sich.
    Ihre Lippen und ihr warmer Atem berührten sich. Es fühlte sich schön und nah an, so unendlich weich und vorsichtig und ganz anders als alles, was sie bisher erlebt hatten.
    Der Freitagabend war schon weit fortgeschritten. Sie waren auf einer Party und hatten getrunken, während sie dicht neben einander auf der Küchenbank saßen.
    Erst hatten noch viele Leute um sie herumgestanden, aber dann waren sie plötzlich, ein bisschen überraschend, allein ge wesen. Schulter an Schulter, Schenkel an Schenkel. Es fühlte sich gut an. Irgendwie geschützt und still. Und privat.
    Vilde trug ein enges schwarzes T-Shirt. Sie hatte Gänsehaut an den Armen und ein Schauer durchlief ihren Körper.
    Trine räusperte sich.
    Es war wie aus dem Nichts gekommen. Seltsam und uner wartet. Als hätten sie ein Geschenk erhalten, eine Möglichkeit, die sie nicht bedacht hatten: Sekunden, die es nicht gab. Zeit, die nicht zählte.
    Sie drehten sich zueinander. Schauten sich an. Anders, als sie es sonst taten, aber nicht so anders, dass sie es nicht jederzeit hätten zurücknehmen können.
    Und als der Moment kippte, als alles entweder wieder normal oder ganz anders werden musste, hob Vilde langsam die Hand und berührte Trine vorsichtig mit den Fingerspitzen am Hals.
    Trine öffnete den Mund.
    Dann

Weitere Kostenlose Bücher