DARKNET
und den Himmel im Blick, während ein hochgewachsener, kräftig aussehender Darknet-Agent ganz herankam und sein kugelsicheres Visier hochklappte. Er war Afroamerikaner. «Ist einer von Ihnen verletzt?»
Sebeck schüttelte den Kopf. «Nein.»
«Sind Sie Unnamed_1 und Chunkey Monkey?»
Price atmete tief aus. «Sind wir, Mann.»
«Ich bin Taylor. Ein Agent namens Rakh hat uns geschickt, damit wir Sie holen.»
Sebeck nickte.
Jon Ross
. Taylor manipulierte mit einer behandschuhten Hand irgendetwas im D-Raum, während andere Darknet-Agenten Sebeck und Price die Fesseln durchschnitten. Sie boten ihnen auch Trinkflaschen an.
Taylor rief einem der anderen zu: «Morris, die beiden brauchen Kleidung und Ausrüstung.»
«Wir sind schon dabei.»
Price rieb sich die Handgelenke. «Das war echt ganz schön knapp.»
«Loki Stormbringer hat ein Heer von Maschinen versammelt. Er wird angreifen. Und viele andere werden ihm folgen.»
«Angreifen? Was angreifen?»
«Wir sind hier, um Operation Exorcist zu stoppen. Unbemannte Fahrzeuge kämpfen die Straßen frei. Wir rücken durchs Gelände vor.»
«Sie wollen den Major und seine Leute?»
«Ja. Haben Sie ihn gesehen?»
Sebeck fühlte Zorn in sich aufsteigen. «Ja, und wenn Sie ihn sich holen, kommen wir mit.»
35 Infiltration
Nur in der texanischen Prärie konnte ein Dreihundert-Quadratmeter-Haus als Bungalow gelten. Natalie Philips’ Quartier war Teil einer Anlage von solchen «Bungalows», alle im Southwestern-Stil: lauter kleine Fort Alamos, weiß verputzt, mit Flachdach und Zierglockenturm. Es handelte sich um möblierte Zeitdomizile, vom Hauptgebäude durch eine gute Meile parkartigen Geländes mit Springbrunnen, Ziergärten und Pappelreihen getrennt. Hinter dem Bungalowkomplex erstreckte sich nichts als Prärie bis zum Horizont. Es war friedlich hier draußen. Regelrecht einsam.
Die Innenausstattung war erstklassig – Hartholzdielen, Adobe-Wände und von Hand zugehauene Balken. Hohe Decken, handgewebte Teppiche und teuer aussehende, indianisch inspirierte Kunst an den Wänden. Die Entertainment-Centers waren der helle Wahnsinn. Siebzig-Zoll-Plasmafernseher mit Surround-System und eine beeindruckende Musik- und Filmbibliothek, abrufbar von einem zentralen Server – aber kein Internetzugang. Keine Telefonverbindung nach draußen, nur interner Ruf. Der Bungalow besaß eine gut ausgestattete Bar, eine Kitchenette mit Mikrowelle und ein unverhältnismäßig großes Esszimmer, in dem mühelos ein Dutzend Personen Platz gefunden hätten. Es gab einen separaten Dienstboteneingang mit einer Rampe für Rollwagen, erreichbar über versteckte Dienstbotenwege zwischen Hecken und Zäunen hinter den Häusern – als wohnte in jedem der Häuser ein moderner König Ludwig, der den Anblick von Dienstboten nicht ertrug.
Philips saß allein am Esszimmertisch und musterte einen leistungsstarken Laptop, der mit dem umfangreichen Netzwerk der Ranch verbunden war. Ein Gerät, das man ihr gestellt hatte und das mit Sicherheit voller Spyware war.
Aldous Johnston hatte ein halbes Dutzend Weltklasse-Kryptoanalysten und -informatiker genannt, die angeblich an Operation Exorcist beteiligt waren – aber
gesehen
hatte sie noch keinen. Sie hatte die ganze Zeit nur hier gewartet. Obwohl man sie doch angeblich dringend brauchte, hatte bisher noch niemand etwas von ihr gewollt. Sie hatte Johnstons Sekretär bestimmt ein Dutzend Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass sie wissen wolle, wann sie denn nun eine externe Leitung haben könne, um mit Vizedirektor Fulbright im NSA -Hauptquartier telefonieren zu können, aber es war kein Rückruf gekommen. Sie saß einfach nur hier herum, mit Essen, Musik und einer riesigen Filmbibliothek, Stunde um Stunde.
Angesichts des drohenden Sturzes der repräsentativen Demokratie war ihr nicht gerade nach Relaxen und Fernsehen, aber sie hatte dennoch die Nachrichten eingeschaltet, um sich nach außen hin möglichst normal zu verhalten. Sie wusste ja aus eigener Erfahrung, dass man sich durch vorhersagbare Verhaltensmuster am ehesten die Datengötter vom Hals hielt, und sie wollte den Glauben nähren, dass man ihr trauen konnte.
Die Nachrichten waren durch die Bank schlecht – Unruhen im Mittleren Westen, der Dollar im Rekordtief gegenüber dem Euro und dem Yuan, die Aktienmärkte in aller Welt extrem sprunghaft. Chaos.
Und die Kernbotschaft des ganzen Nachrichtenbombardements war klar:
Eure Lage ist unsicher – ihr braucht
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