DARKNET
nickte. «Ich wusste nicht, dass wir zwei Krieger in der Familie haben.»
Er wandte sich ihr zu. «Was machen wir jetzt?»
Sie lächelte. «Als Erstes hören wir auf, Mais anzubauen.»
«Und bauen was an?»
«Was die Leute brauchen.»
11 Gejagt
Southhaven war ein selbsternanntes «Sechs-Sterne-Golfresort» für Geschäftsleute. Die zweihundertachtzig sündhaft teuren Gästebungalows wurden für gewöhnlich von Pharmaunternehmen in Beschlag genommen, die Blutverdünner an Herz- und Gefäßchirurgen verkauften, für irgendwelche Investment-Veranstaltungen gebucht oder von politischen Fundraisern mit astronomischen Gehältern benutzt. In einer anderen Zeit hätte Southhaven eine Fürstenresidenz sein können, wo Männerangelegenheiten auf hohem Niveau diskutiert wurden, während die Gattinnen in den Gärten lustwandelten und die Kinder Reitstunden nahmen. Jetzt war es eine Mietresidenz für Manager, die doppelte Meilenpunkte brachte.
Mit einem Weltklasse-Golfplatz, vier Restaurants und einer Bar, wo man Zigarre rauchen durfte, war das Southhaven Golf Resort der ideale Ort, um in entspannter Atmosphäre Geschäfte einzufädeln. Es lag auf Ocean Island, einer der Barrier-Inseln vor der südlichen Antlantikküste von Georgia. Die durch Torkontrollen und Wachpersonal gesicherte Privatinsel beherbergte das Luxushotel, den Golfplatz und etwa hundert weitläufig verteilte Strandhäuser im mediterranen Stil – Dritt- oder Viertwohnsitze von Leuten, die irgendwo Kapitalerträge unterbringen wollten. Bewohnt waren immer nur die wenigsten.
Ein Haupt-Sellingpoint von Ocean Island war die Abgeschiedenheit. Es hatte im Westen und Norden eine Pufferzone von eineinhalb Meilen Marschland und nur eine einzige Dammstraße zum Festland hinüber. Im Osten und Süden gab es nur den Atlantik.
Kurzum, es war perfekt für die Zwecke des Majors. Über geheime Treffen in heruntergekommenen Safe-Houses oder Industrieanlagen war er schon lange hinaus. Er gehörte jetzt zum Establishment und genoss die damit verbundenen Privilegien.
Der Major saß auf der Armlehne eines Sofas im Emperor-Bungalow und sprach über eine verschlüsselte Leitung mit einem Broker in Hongkong. Er sah auf die Uhr. Dreiundzwanzig Uhr fünfzehn. «Ja. Es sollte über den Dark Pool laufen. Genau. Zweihunderttausend Anteile.»
Er blickte ins Speisezimmer und sah ein halbes Dutzend hochrangige Manager internationaler Sicherheits- und Militärfirmen um einen Tisch stehen, der mit Karten des Mittleren Westens, Fotos und Unterlagen übersät war. Jeder der Männer hatte einen anderen Akzent – südafrikanisch, osteuropäisch, australisch, amerikanisch, britisch, spanisch. Mehrere rauchten, während sie die Karten studierten. Alle debattierten über irgendetwas, und der Brite winkte den Major ebenfalls an den Tisch.
Der Major wusste, er würde nicht mehr allzu viele Gelegenheiten zum Umschichten seiner Investments haben. Und er wollte das bevorstehende Ereignis nicht verpassen.
Er nickte und sagte ins Handy: «Ja. Stoßen Sie die Sutherland –»
Plötzlich war in seinem Handy nur noch Knistern. Er sah auf das Display, und da stand «Verbindung unterbrochen». Er fluchte und wollte gerade noch einmal wählen, als er plötzlich merkte, dass er kein Netz hatte.
«Verdammt!»
Der Major blickte auf und sah, wie einer der Sicherheitsfirmenmanager sein Handy in den Gürtelclip schob.
Der Mann sagte achselzuckend zu den anderen: «Kein Empfang.» Dann zeigte er auf eine der Karten. «Ich rufe nachher nochmal an, aber wir brauchen schon einiges Vorabmaterial für Sicherheitsteams vor Ort.»
Doch den Major interessierte die Logistik der Aufstandsbekämpfungskampagne nicht mehr. Ihn interessierte jetzt nur noch sein eigenes Überleben.
Der Major erinnerte sich nur zu gut, dass auch dem Angriff auf Gebäude 29 eine Störung der Funkverbindung vorausgegangen war, und bei der FBI -Operation auf Sobols Anwesen hatte es ebenfalls Funkprobleme gegeben – verursacht in beiden Fällen durch Ultrabreitbandsignale. Ebenjene Technologie, die die computergesteuerten Fahrzeuge des Daemon für die Kommunikation mit dem Darknet nutzten. Es war ein extrem robustes Funksystem, das alles andere niederwalzte.
Der Major griff sich eine Fernbedienung vom Couchtisch und schaltete damit das Radio des Entertainment-Centers im Wohnzimmer ein. Nur Rauschen. Er führte einen Sendersuchlauf durch.
Der Südafrikaner sah ihn stirnrunzelnd an. «Major, wir brauchen hier Ihre Entscheidung.
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