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DARKNET

DARKNET

Titel: DARKNET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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Wireless-Receiver auszuwechseln und so weiter. Und Loki würde sich sicher sein können, dass ihn keine Polizei belästigte, denn wie in allen Darknet-Communities würden hier auch die Polizisten Darknet-Mitglieder sein.
    Obwohl er nur einen Rufwert von einem halben Stern hatte, würde niemand seine Autorität in Frage stellen. Er war der Anführer einer Infrastrukturverteidigungsfraktion – ein harter Job, in dem er oft zum Schutz des gesamten Netzwerks lokale Darknet-Ressourcen requirieren musste. Jeder wusste, dass er sich häufig funktionellen Magnettomographietests zu unterziehen hatte, um dem Daemon zu beweisen, dass seine Aktionen legitim waren – der Verteidigung konstitutiver Daemon-Bestandteile dienten. Also kümmerte es Loki wenig, wie andere Darknet-Agenten über ihn dachten. Was zählte, war nur der Daemon.
    Ein weiterer Faktor, der andere Agenten bewog, sich Lokis Anweisungen zu fügen, war das Netzwerk-Level in seinem Callout. Loki war ein Level-56-Hexenmeister und damit der mächtigste Agent Nordamerikas, wenn nicht gar der Welt. Das war schwer zu sagen, weil Agenten über Level 50 ihre Macht maskieren konnten. Aber Lokis Macht sollte jeder erkennen.
    Während Loki sein riesiges Gespann die Hauptstraße des verschlafenen Städtchens entlangsteuerte, wunderte er sich darüber, was manche Leute als Leben akzeptierten. Das Zentrum bestand aus einem einzigen Laden, einer verwitterten Tankstelle und einem tristen Autoteile-Shop. Loki wusste, dass die großen Discounter dreißig Meilen weiter an der Interstate den meisten lokalen Geschäften den Garaus gemacht hatten. Der Autoteile-Shop hielt sich vermutlich nur deshalb, weil man mit einem kaputten Auto nicht bis zu den Discount-Märkten kam. Jetzt, wo der Benzinpreis bereits über sechs Dollar pro Gallone lag, würde mit dieser Dynamik wohl bald Schluss sein – wie auch mit der Einfuhr jeder Menge billiger Autoteile aus China.
    Außerhalb des alten Zentrums von Garnia schossen hingegen neue Kleinunternehmen aus dem Boden, und ein Gutteil dieses Lebens schien ironischerweise aus ebenjenen Frachtcontainern zu sprießen, die die lokale Wirtschaft kaputt gemacht hatten. Die verschiedenfarbigen Wellblechkästen waren überall in der Landschaft verstreut, und am Stadtrand angelangt, sah Loki Darknet-Agenten Bauholz, Aluträger und sonstiges Bau-Equipment daraus hervorholen. Und aus einigen kamen auch Schweißstrahlblitze – mobile Fabrikationsstätten, Loki hatte so etwas schon öfter gesehen. Zweifellos hatte die Führung dieser Fraktion ihre Ressourcen zusammengelegt, um aus dem Netzwerk ein komplettes Bau-Kit abzurufen. Sie würden es wieder in den Netzwerk-Pool zurückgeben müssen, wenn sie fertig waren, aber jetzt baute da draußen im Nichts eine Hundertschaft Daemon-Agenten Wohnhäuser, Gewerbebetriebe und Farmen als Zentrum eines neuen Holons. Offensichtlich versuchten sie, Amerika neu zu besiedeln – ein Neuanfang, der nicht mit 30 Prozent Zinsen und dreiviertelstündiger Pendelei befrachtet war.
    Loki beobachtete die Leute, während er sich langsam näherte. An einem solchen Ort zu leben entsprach ziemlich genau seiner Vorstellung von der Hölle. Er hoffte, dass es immer Feinde wie den Major geben würde, die es zur Strecke zu bringen galt, denn er fürchtete den Tag, da er die Jagd einstellen, sich niederlassen und tatsächlich Teil der Daemon-Infrastruktur werden müsste. Sie zu verteidigen war mehr nach seinem Geschmack.
    Wie erwartet, hatten die niedrigen bis mittleren Daemon-Agenten an seinem Weg für den mächtigsten Hexenmeister, den sie je zu Gesicht bekommen hatten, kein freundliches Winken übrig. Lokis Darknet-Reputation war ihm bereits vorausgeeilt. Der Hexenmeister mit dem Rufwert von einem halben Stern – was hieß, dass jeder, der je mit ihm zu tun gehabt hatte, ihm so gut wie alle positiven sozialen Eigenschaften absprach. Ein Hexenmeister, der ganz allein mit einem Gefolge von zwanzig Razorbacks reiste – wo es für den typischen mittleren Daemon-Agenten schon ein Riesenunterfangen war, sich auch nur einen einzigen Razorback für eine begrenzte Zeitspanne zu beschaffen. Und Lokis gigantomanisches Reisegefährt gefiel ihnen wohl auch nicht gerade. Egal. Sollten sie sich doch ihre Vier- und Fünfsterne-Rufwerte in den Arsch schieben. Loki machte die Drecksarbeit für das Netzwerk, und sie sollten froh sein, dass es Leute wie ihn gab. Loki lebte gern inmitten seiner Maschinen und Netzwerk-Bots. Er brauchte keine menschliche

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