Darkons Tod
davon gesagt?«
»Fronja liebt dich und wollte dich nicht damit belasten. Immerhin wird bald viel Blut vergossen werden. Du solltest sie ausgerechnet jetzt nicht im Stich lassen.«
»Wenn der Darkon tot ist, komme ich zurück. Dann wird genügend Zeit sein, mich ihrer anzunehmen.«
»Wenn du dann noch unter den Lebenden weilst«, zischte Glair. »Warum siehst du nicht ein, daß dein Vorhaben Wahnsinn ist? Du wirst an dein Kind denken und dabei einer scharfen Klinge oder einem Zauber zum Opfer fallen – nun, da du es weißt.«
»Du kannst mich nicht halten, Glair. Wer hat dir überhaupt davon gesagt? Fronja selbst wird es kaum gewesen sein.«
»Ejoba, die Kalenderin.«
Mythor zog sein Schwert halb aus der Scheide, nur um es sogleich wieder mit Wucht zurückzustoßen. Um seine Mundwinkel zuckte es verhalten.
»Wenn ich mit Boozam aufbreche, tue ich es für Fronja und unser Glück, und niemand wird mich daran hindern können.«
Der Zweizack zielte jetzt auf Gerreks Wanst. Drohend entblößte der Aborgino seine Reißzähne.
»Wagt nicht, uns zu hindern. Ich würde jeden von euch töten, ohne zu zögern, denn es geht um weit mehr, als ihr euch vorstellen könnt. Die Götter haben es so bestimmt.« Mythor folgend, verschwand er in den Schründen des Todessterns.
Sinnend blickte Glair ihnen nach.
»Warum nimmst du nicht deine Magie zu Hilfe, um sie zurückzuhalten?« fuhr Sadagar sie an.
Glair seufzte.
»Das ist etwas, was nur eine Frau fühlen kann. Mythor muß kämpfen, er würde sonst innerlich zerbrechen.«
*
Sie standen auf dem Dach der Welt…
Es war ein erhabenes Gefühl, dem Himmel und den Sternen so nahe zu sein wie nie zuvor. Tief unter ihnen erstreckte sich das düstere Wallen der Schattenzone bis hinab in die finstersten Grüfte der Unterwelt. Zugleich kam aber auch die Furcht auf lautlosen Sohlen. Mythor hatte das Gefühl, aus tausend verborgenen Augen angestarrt zu werden.
Die Sicht reichte nicht weit. Links von ihnen, höchstens fünfmal hundert Schritt entfernt, erhoben sich schroffe Felszacken. Zur Rechten, weiter draußen in der Ebene, lag eine der spiegelnden Flächen, die sie schon vom Todesstern aus wahrgenommen hatten.
»Du willst dorthin«, vermutete Boozam.
Jeden Moment waren sie bereit, einen ersten Angriff abzuwehren. Sie schritten rasch aus und blickten sich immer wieder um wie jemand, der die Verfolger nahe weiß.
Das Firmament über ihnen veränderte stetig seine Farbe. Eben noch von schmutzigem Grau, zogen plötzlich rote Schlieren auf, verteilten sich wie Farbe, die man in einem Eimer mit Wasser vermengt, und wechselten zu einem düsteren Violett. Manchmal war auch ein Sonnenuntergang auf See von solch faszinierender Schönheit, aber dieses Schauspiel, das sich den beiden einsamen Wanderern bot, war beklemmend und voll drohender Gefahr zugleich.
»Das sind Zonen dünner Luft und Giftgase«, erklärte Boozam. »Ihnen sollten wir uns möglichst fernhalten.«
Allmählich verfielen sie in einen gleichmäßigen Laufschritt. Indem sie ihr Gewicht immer nur auf eine Körperseite verlagerten, würde es lange dauern, bis sie ermüdeten. Ihrem Ziel schienen sie trotzdem nur langsam näherzukommen. Die ungewohnten Verhältnisse, die Wechselwirkungen von Licht und Schatten in dieser Höhe machten es schwer, Entfernungen abzuschätzen.
Als sich der Himmel über ihnen mit Schwärze überzog, blieb Mythor stehen. Zum erstenmal erfuhr er, daß man von der Schattenzone aus auch die Sterne sehen konnte. Ihr Anblick war weitaus schöner als von Gorgan oder Vanga. Wie ein strahlendes, milchiges Band spannten sie sich von Horizont zu Horizont.
Einer war unter ihnen, umgeben von einem Hof aus Licht, der leuchtete besonders hell, und sein Funkeln schien mehr als nur Verheißung zu sein. Er stand hoch im Zenit, aber Mythor sah sich unwillkürlich versucht, die Hand nach ihm auszustrecken.
»Schön und tödlich«, sagte Boozam. »Ihre Kälte kann uns umbringen.«
Sein Fell schützte den Schleusenwärter wenigstens für kurze Zeit vor dem schneidenden Wind, der unstet über die Ebene wehte. Durch Mythors Wams drang der Frost rascher hindurch. Sie waren gezwungen, in Bewegung zu bleiben, wollten sie nicht Gefahr laufen, mit steifen Fingern ihre Waffen nicht mehr führen zu können.
Es begann zu schneien. Erst waren es nur einzelne dicke Flocken, die wild durcheinanderwirbelten, doch innerhalb weniger Augenblicke brach ein Schneesturm los, wie man ihn selten erlebt. Mit urwüchsiger Gewalt
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